Dr. Kaplan, Bayern: Sehr geehrter Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die
chronische Unterfinanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung und die damit
verbundene Rationierung von Gesundheitsleistungen und letztendlich auch die
Ausbeutung unserer jungen Kolleginnen und Kollegen sind Probleme, die wir jeden
Tag thematisieren und für die wir die Politiker sensibilisieren müssen. Sie
merken ja: Anscheinend kam es bei der Politik noch nicht an. Herr Struck und
auch Frau Ulla Schmidt scheinen das immer noch nicht kapiert zu haben.
Das andere Problem, das wir haben, sind die zunehmende
Fremdbestimmung und die Deprofessionalisierung unseres Berufs. Die
Fremdbestimmung - Herr Köhler hat es gestern bei der Vertreterversammlung der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung gesagt - beeinflusst zum einen negativ das
Arzt-Patient-Verhältnis. Ein Beispiel dafür ist das Arzneimittelverordnungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz.
Die Fremdbestimmung beeinträchtigt zum anderen auch das Verhältnis unserer
Ärztinnen und Ärzte zu ihren Körperschaften. Da steht momentan natürlich die KV
im Brennpunkt. Das gilt aber auch für die Ärztekammern. Ich nenne nur ein
Schlagwort: Fortbildungsverpflichtung.
Die Deprofessionalisierung unseres Berufs, die zum Teil offen,
zum Teil aber auch ganz verdeckt von Politikern, von Kostenträgern, aber auch
von der Industrie - hier nenne ich besonders die Pharmaindustrie - betrieben
wird, führt zu einer Neudefinition der Rolle des Arztes. Er wird nämlich vom
Gestalter zum Mitgestalter, er wird vom Verantwortlichen zum
Mitverantwortlichen herabgestuft.
Er wird auch eines Teils seiner ärztlichen Kompetenz beraubt,
die auf nicht ärztliche Heilberufe übertragen werden soll. Versorgungsengpässe
können nicht einfach durch das Einziehen einer neuen nicht ärztlichen
Versorgungsebene abgebaut werden. Im Sinne einer qualitativ hochwertigen
Patientenversorgung kann es nun einmal nicht sein, dass ärztliche Kompetenz an
Nichtärzte übertragen wird, beispielsweise die Narkoseüberwachung auf den
Anästhesiepfleger oder die Anästhesieschwester, im hausärztlichen Bereich die
Betreuung chronisch Kranker an den Pflegespezialisten.
Synergieeffekte zwischen den Heilberufen sind natürlich zu
nutzen. Delegierbare Leistungen - ich spreche nicht von der Kompetenz - können
von besonders qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erbracht werden.
Das Erzeugen einer interprofessionellen Konkurrenz ist jedoch kontraproduktiv.
Deprofessionalisierung und Fremdbestimmung sind mit ein Grund
für den Unmut und die Unzufriedenheit in der Ärzteschaft. Sie sind aber auch
der Grund, warum junge Ärztinnen und Ärzte in Deutschland nicht mehr ihren
Beruf ausüben wollen. Dem müssen wir entgegentreten. Deswegen bitte ich Sie,
meinen Antrag, der noch umgedruckt wird, zu befürworten.
Ich danke Ihnen.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Danke schön,
Herr Kaplan. - Der nächste Redner ist Herr Kollege Radebold aus Niedersachsen.
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