Dr. Roth-Sackenheim, Rheinland-Pfalz: Lieber Herr
Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Vorrednerin hat schon fast alles
gesagt, was ich sagen wollte. Ich bin seit 20 Jahren im Fach
Psychiatrie/Psychotherapie tätig. Als ich in einer großen psychiatrischen
Versorgerklinik in der Ausbildung war, taten sich mein Umfeld und meine Familie
schwer, zu sagen: Sie ist jetzt Ärztin und arbeitet in einer psychiatrischen
Klinik. Auch später, als ich Fachärztin war, haben viele auch in meiner Familie
nicht gesagt: "Sie ist Psychiaterin", sondern man hat erklärt: "Sie ist
Neurologin". Das bin ich zwar auch, aber das ist nur die halbe Wahrheit.
Ich möchte alles unterstreichen, was meine Vorrednerin gesagt
hat. Mein besonderes Anliegen ist, Sie als Kolleginnen und Kollegen in Ihrer
alltäglichen Arbeit zu erreichen. Es geht mir oft so, dass ich von Hausärzten
und anderen Fachkollegen eine Überweisung "zum Psychologen" bekomme. Statt
"Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie" steht dort "Facharzt für
Psychologie". Ich denke, es ist ein Anliegen auch des heutigen
Tagesordnungspunkts, dafür zu sorgen, dass in der Ärzteschaft das Bewusstsein
dafür wächst, was die Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie und die
Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und die Fachärzte mit
der Zusatzbezeichnung Psychotherapie für die Versorgung der Menschen mit
psychischen Störungen leisten.
Die Hausärzte sagen mir ganz oft: Ich habe es viel einfacher,
wenn ich zu meinem Patienten sage, er solle zum Psychologen gehen, dort bekäme
er ein Gespräch, dann werde alles wieder gut. Ich appelliere an Sie, vielleicht
Ihre Haltung zu überdenken, mit der Sie die Patienten zu unserer Fachgruppe
schicken. Wenn der Patient sagt: "Ich bin doch nicht bekloppt, warum schicken
Sie mich zum Psychiater?", dann sollten Sie antworten: Das ist heute alles gar
nicht mehr so. Die Psychiatrie hat einen gewaltigen wissenschaftlichen
Fortschritt gemacht, die können Ihre psychische Erkrankung sehr gut
diagnostizieren, sie können Ihnen genauer sagen, um was es sich handelt und was
Sie vielleicht benötigen. Es ist nicht mehr so, dass man für eine psychische
Erkrankung immer selbst verantwortlich ist.
Wenn Sie diese Haltung verinnerlichen und das an Ihre
Patienten weitergeben, dann ist schon sehr viel getan.
Es bringt nichts, wenn Sie sagen: In der organischen Medizin
haben wir nichts gefunden, es ist dann doch wohl psychisch. Damit
transportieren Sie nonverbal: Sie bilden sich das ein, das ist nicht ernst zu
nehmen. Vielleicht können Sie sagen: Wir konnten mit den Mitteln der
Diagnostik, der Radiologie, der Endoskopie usw. nichts feststellen, aber es
gibt ja Dinge in der Medizin, die wir mit solchen Methoden nicht erklären
können, deswegen müssen wir ganzheitlich an dieses Problem herangehen.
Vielleicht können Sie diese Anregungen mit nach Hause nehmen,
um auch so die Entstigmatisierung zu unterstützen.
Vielen Dank.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank,
Frau Roth-Sackenheim. - Als nächste Rednerin bitte Frau Kollegin Bunte aus Westfalen-Lippe.
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