TOP II: Behandlung von Menschen mit psychischen und psychosomatischen Erkrankungen: Gegen Stigmatisierung - Für Stärkung der ärztlichen Psychotherapie

2. Tag: Mittwoch, 24. Mai 2006 Vormittagssitzung

Haus, Nordrhein: Herr Präsident! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Herr Munte, Sie haben, glaube ich, Herrn Schüller nicht zugehört. Wir verstehen ja, dass Sie mehr Geld für unsere arme Gruppe - auch ich bin Neurologin und Psychiaterin - ergattern wollen. Nichts wäre schöner als das. Aber doch bitte nicht zu diesem Preis! Wir können doch nicht sagen, dass die Behandlung psychischer Erkrankungen außerhalb des Budgets bezahlt werden muss. Psychische Erkrankungen sind Erkrankungen wie alle anderen auch. Vielleicht meinen Sie, dass im Zuge des Psychotherapeutengesetzes das Geld von den Kassen für die bis dahin gezahlte Psychotherapie nicht in ausreichendem Umfang in die Gesamthonorierung eingeflossen ist. Das ist sicherlich richtig. Das ist versäumt worden. Wir haben uns damals von den Kassen abspeisen lassen. Nun fehlt das Geld vorne und hinten.

Wenn die Psychotherapie immer weiter ausgedehnt wird, ohne dass neues Geld hinzukommt, dann muss das geändert werden; da haben Sie Recht. Das kann nicht aus den begrenzten Fachgruppentöpfen bezahlt werden.

Das hat aber nichts mit der Versorgung psychisch Kranker im gesetzlichen Versicherungssystem zu tun. Wir können sie doch nicht außen vor lassen. Das würde, wie Herr Schüller gesagt hat, genau dem widersprechen, was wir heute hier erreichen wollen.

Ich möchte das, was Frau Roth-Sackenheim gesagt hat, unterstützen. Viele der bestehenden Probleme rühren auch daher, wie wir uns gegenseitig verstehen. Herr Massing, Ihre Darstellung zeigt mir, dass Sie noch nicht genug Ahnung haben, wie die Karriere psychisch Kranker verläuft. Natürlich kommen die meisten am Anfang zu Hausärzten. Aber von den Hausärzten werden sie dann wegen der somatischen Störungen beispielsweise an Neurologen überwiesen.

Das heißt, diese Zwischenstufe des niedergelassenen Facharztes beispielsweise für Neurologie und Psychiatrie haben Sie eben ganz ausgelassen. Da kam gleich die Klinik. Es gibt uns noch und ich hoffe, es wird uns auch weiterhin geben. Ich glaube, dass es eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen Hausärzten und den entsprechenden psychisch-neurologischen Fachärzten gibt. Die Klinik ist eine notwendige Maßnahme, wenn die ambulante Behandlung nicht mehr möglich ist.

In diesen Hierarchien vor der klinischen Aufnahme sollten wir uns alle, denke ich, ein bisschen besser auskennen. Wir sollten den Patienten, der eine psychische Erkrankung hat, nicht aus lauter Verzweiflung an den Neurologen verweisen. Man sagt ja nicht gern, dass jemand psychisch krank ist.

Ich glaube, wenn vor allem die Hausärzte ihre Einstellung gegenüber diesen Erkrankungen ein bisschen überdenken, könnten wir konstruktiver an die Entstigmatisierung dieser Erkrankungen herangehen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen Dank, Frau Haus. - Als nächster Redner bitte Herr Dr. Köhne aus Nordrhein.

© 2006, Bundesärztekammer.