Dr. Jonitz, Vorstand der Bundesärztekammer: Herr
Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin gelernter Chirurg.
Damit habe ich kein P-Fach. Ich wollte mich zu diesem Thema eigentlich gar
nicht äußern. Ich habe auch deswegen die Chirurgie gewählt, weil ich zwei Dinge
vermeiden wollte: Statistik - sie ist aufwendig, kein Mensch versteht sie - und
Psychologie, die noch aufwendiger ist und die auch niemand versteht. Gleichwohl
gilt - das werden Sie auch kennen -: Man lernt im Leben dazu. An der Statistik
kommt man nicht vorbei, wenn man wissen will, was in der Medizin wirkt und was
nicht wirkt. Das betrifft auch die Chirurgie. Auch die Chirurgen zählen ihre
Fälle. In der Psychologie kommt man spätestens dann an der Statistik nicht
vorbei, wenn man sich fragt, warum sich manche Kollegen - gelegentlich kann man
sich selber mit einbeziehen - so komisch benehmen, wie sie sich benehmen.
Das Thema der Behandlung von Menschen mit psychischen und
psychosomatischen Erkrankungen geht jeden von uns an, auch die Chirurgen; die
Pathologen, die im Sektionssaal stehen, vielleicht etwas weniger. Auch die
türkische Patientin, die morgens um 3 Uhr mit heftigen Bauchschmerzen in die
Rettungsstelle kommt und dort vom Dienst habenden Krankenhausarzt untersucht
wird, hat möglicherweise eine psychosomatische Störung und keinen akuten Blinddarm,
der selbstverständlich ausgeschlossen wird.
Ich möchte Sie auf ein gemeinsames Projekt von
Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung aufmerksam machen.
Herr Munte hat in seinem Antrag II-4 die Depression angesprochen. Das Ärztliche
Zentrum für Qualität in der Medizin arbeitet derzeit an einem nationalen
Programm für Versorgungsleitlinien. Dort entsteht derzeit eine nationale
Versorgungsleitlinie "Depression". An dieser Leitlinie arbeiten alle
Fachgruppen in trauter Harmonie und Eintracht mit, ausdrücklich auch die
Allgemeinmedizin. Es funktioniert.
Ich bitte Sie, wenn Sie Zeit haben, einmal unter
www.versorgungsleitlinien.de ins Internet zu schauen. Dort können Sie die
Versorgungsleitlinie "Depression" finden. Sie können durch Kommentare aktiv an
der Gestaltung dieser Leitlinie mitarbeiten. Diese aktive Einbindung von
praktisch tätigen Ärzten, egal welcher Fachrichtung und welcher Couleur und
welchen Lebensalters, ist sehr segensreich. Machen Sie davon bitte Gebrauch.
Diese Leitlinie wird uns Ärzten helfen, eine bessere Medizin zu betreiben.
Vielen Dank.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen
Dank, Herr Jonitz. - Jetzt bitte Frau Dr. Rothe-Kirchberger aus
Baden-Württemberg.
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