TOP II: Behandlung von Menschen mit psychischen und psychosomatischen Erkrankungen: Gegen Stigmatisierung - Für Stärkung der ärztlichen Psychotherapie

2. Tag: Mittwoch, 24. Mai 2006 Vormittagssitzung

Prof. Dr. Braun, Berlin: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen über die Zunahme von Depressionen und Angstsyndromen. Die Depressionen sollen im Jahre 2020 die zweithäufigste Diagnose sein. Wir sprechen aber nicht über die Ursachen. Ich denke, die Arbeitslosigkeit führt in großem Umfang dazu, dass Menschen psychisch krank werden. Es soll auch Ärzte geben, die an diesem System psychisch krank geworden sind.

Es gibt, wie es schon Balint gesagt hat, ein Beziehungsnetz zwischen Arzt, Patient und Krankheit. Ich habe mich Anfang der 90er-Jahre, als die Arbeitslosenquote in Berlin-Köpenick auf 20 Prozent rutschte, selbst qualifizieren müssen. Ich habe autogenes Training gelernt. Ich habe Gruppen in dieser Richtung initiiert, um dem Problem besser standhalten zu können.

Ich finde es ganz wichtig, dass wir als Hausärzte darauf angesprochen werden, die Kooperation mit den Psychologen und den Psychotherapeuten im verstärkten Maße zu suchen. Das ist aber nicht immer ganz einfach, meine Damen und Herren. Wenn ich einen Patienten zur Psychotherapie überweisen möchte, braucht das manchmal drei bis vier Monate. Wir haben inzwischen in Berlin ein Behandlungsnetz als eine Art Pilotprojekt ins Leben gerufen, über das ich Ihnen kurz berichten möchte. Patienten mit psychogenem Rückenschmerz, die bekanntlich manchmal sechs bis sieben Jahre benötigen, um den richtigen Behandler zu finden, versuchen wir bei ihrer Odyssee schneller zu helfen, indem wir zehn Allgemeinmediziner aus Berlin und zehn Psychosomatiker kooperieren lassen. Per Überweisung mit einem R auf dem Überweisungsschein bekommt dieser Patient innerhalb von ein bis zwei Wochen einen Behandlungstermin bei einem Psychosomatiker.

Ich denke, wir sollten in unseren Bereichen solche Behandlungsmöglichkeiten in Erwägung ziehen und viel öfter aufeinander zugehen.

Vielen Dank.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank, Frau Professor Braun. - Jetzt bitte Herr Dr. Handrock aus Berlin.

© 2006, Bundesärztekammer.