TOP II: Behandlung von Menschen mit psychischen und psychosomatischen Erkrankungen: Gegen Stigmatisierung - Für Stärkung der ärztlichen Psychotherapie

2. Tag: Mittwoch, 24. Mai 2006 Nachmittagssitzung

Dr. Ebert-Englert, Niedersachsen: Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Damen und Herren! Ich spreche zu meinem Antrag II-5. Vorweg möchte ich einige allgemeine Bemerkungen machen. Wie wir schon von Herrn Hohagen gehört haben, ist die psychische Erkrankung mehrdimensional. Da müssen wir das ärztliche Handeln stärken, denn die bio-psycho-sozialen Probleme werden größer. Ich möchte mein Augenmerk auf die Komponente "bio" richten.

Wir leben im Zeitalter des Gehirns. Psychische Erkrankungen sind Gehirnkrankheiten. 1920 wurden die "Kriegszitterer", die nachweislich eine posttraumatische Belastungsstörung hatten, als nicht stark genug für den Krieg dargestellt. Sie bekamen keine Entschädigung. Die Frauen, die posttraumatisiert waren, wurden als hysterisch hingestellt.

Seit 1970 ist die Forschung fortgeschritten, erst nur auf psychischem Gebiet. Heute wissen wir, dass eine Minderdurchblutung im Hippocampus, die man nachweisen kann, nach einer psychotherapeutischen Therapie nicht mehr vorhanden ist. Das heißt, dass wir weiter verstärkt Forschung auf diesem Gebiet betreiben und es ärztlich besetzen müssen, denn es ist somatisch und biologisch.

Jetzt zu dem Positionspapier. Die Psychologischen Psychotherapeuten, die Kinderpsychotherapeuten fordern in diesem Positionspapier eine getrennte Bedarfsplanung. Sie erklären, dass sie dafür auch Geld haben wollen. Um das Problem der Unterversorgung in strukturschwachen Gebieten lösen zu können, reicht jedoch eine getrennte Bedarfsplanung allein nicht aus. Weitere Maßnahmen aus dem Vergütungsbereich müssen hinzutreten. Ähnlich wie im hausärztlichen Bereich sollte es im Bereich der psychotherapeutischen Versorgung zu spezifischen Ansiedlungsprogrammen und zusätzlichen ökonomischen Anreizen kommen. Das gilt, wohlgemerkt, für Psychologen. Das ist eine bedarfsinduzierte Angebotserweiterung zulasten des Facharzttopfes. Das geht meiner Ansicht nach nicht.

Deshalb bitte ich Sie, dem Antrag II-5 zuzustimmen.

Noch ein Wort zum Stigma. Vor zwei Tagen gab es eine Diskussion über die "P-Fächer". Einige Kolleginnen und Kollegen richteten die Augen gen Himmel und sagten: Ach, P-Fächer! Auch das ist eine Stigmatisierung. Ich möchte, dass Sie darüber nachdenken.

(Beifall)

Vizepräsidentin Dr. Goesmann: Vielen Dank, liebe Christine Ebert-Englert. - Es geht weiter mit Herrn Dr. Kühn aus Baden-Württemberg.

© 2006, Bundesärztekammer.