Prof. Dr. Dr. h. c. Scriba, Referent: Verehrter
Herr Präsident! Hohes Präsidium! Verehrte Delegierte! Meine Damen und Herren!
Zuerst muss ich einer Legendenbildung vorbeugen: Ich habe nicht verschlafen,
sondern ich war im Dom - übrigens nicht als Einziger aus diesem Kreise hier,
sondern es war noch eine Kollegin anwesend. Wir beide haben stellvertretend für
Sie gebetet. Sie konnten es ja dort leider nicht tun.
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Aber das hat
geholfen! Wir haben wirklich gute Beschlüsse gefasst.
(Heiterkeit - Beifall)
Prof. Dr. Dr. h. c. Scriba, Referent: Ich freue
mich, dass ich diesen Bericht erstmals abgeben kann. Ich werde zunächst über
Ziele und Aufgaben sprechen, dann über den wissenschaftlichen Anspruch, über
die Anforderungen, die Beschlüsse des Deutschen Ärztetags sowie über das
Rahmenkonzept. Zum Schluss werde ich ein Fazit ziehen.
Es gibt eine Menge Definitionen der Versorgungsforschung. Zwei
Definitionen, die mir persönlich besonders gut gefallen, lauten:
Versorgungsforschung ist . die wissenschaftliche Untersuchung
der Versorgung von Einzelnen und der Bevölkerung mit gesundheitsrelevanten
Produkten und Dienstleistungen unter Alltagsbedingungen.
Versorgungsforschung ist . die wissenschaftliche Evaluation
der Ergebnisse aller Handelnden im Gesundheitswesen einschließlich der Kranken
und wohl auch der Gesunden, wenn Prävention und Gesundheitsförderung einbezogen
werden.
Damit komme ich zu den Zielen der Versorgungsforschung. Es
geht bei unserem Projekt, von dem ich heute berichte, um eine Allianz zwischen
wissenschaftlichen Fachgesellschaften und Ärztekammern. Als Ziele möchte ich nennen:
erstens die Sichtbarmachung der Bemühungen um Qualität und der erreichten
Qualität, zweitens die Verbesserung der Versorgung, wo möglich, durch
Eigeninitiative. Der zunehmenden Tendenz zu Fremdbestimmung muss durch
Demonstration der eigenen wissenschaftlichen Kompetenz in den Ärztekammern
entgegengewirkt werden.
Zu den Aufgaben der Versorgungsforschung: Es geht darum, die
Situation der Kranken- und Gesundheitsversorgung zu beschreiben, zu erklären,
zu bewerten, zu gestalten - und zwar auf der Mikro-, der Meso- und der
Makroebene - und das, was empfohlen wurde, im Sinne der Wirksamkeitsprüfung zu
begleiten.
Welches ist der wissenschaftliche Anspruch einer
Versorgungsforschung im Auftrag der Bundesärztekammer und für die
Bundesärztekammer? Ich möchte hier etwas ausholen und zunächst daran erinnern,
dass Grundlagenforschung der typisch menschlichen Neugier entspricht, zu
ergründen, was denn eigentlich die Welt im Innersten zusammenhält. Das ist eine
Art von Forschung, die primär nicht nach dem Nutzen fragt. Der Nutzen ist im
Falle der Grundlagenforschung, was mitgenommen wird, wenn es sich ergibt, was
aber nicht als Ziel infrage kommt.
Die klinische Forschung hat im Gegensatz dazu die Absicht, die
Grundlagen für die diagnostische und die therapeutische Versorgung von
Patienten zu verbessern.
Abgesetzt davon stellt die Versorgungsforschung den Versuch
dar, zu klären, was von dem theoretisch möglichen Nutzen für den einzelnen
Patienten möglich ist, wie viel Prozent bei dem Einzelnen tatsächlich ankommt
und wie dieses Ergebnis verbessert werden könnte.
Es ist klar, dass eine Versorgungsforschung, die von der
Bundesärztekammer gefordert und gefördert wird, in Gefahr ist, in den Verdacht
zu geraten, sie könne nicht ganz neutral sein. Die brutalen Kritiker sagen dann
gleich: Das ist ja alles gestochen. Dagegen muss man sich wehren und wappnen.
Das tun wir, indem wir zwei Aspekte ganz besonders betonen, nämlich die Aspekte
der Qualität und die Aspekte der Solidität. Mit dem Begriff Qualität meine ich,
dass wir in transparenter Weise darstellen, wie der Prozess der Themenfindung,
der Auswahl der Projekte, der Durchführung der Projekte, der Beurteilung der Qualität
der Projekte, der Interpretation der Ergebnisse und der Weitergabe aussieht.
Zum Zweiten holen wir eine möglichst große Zahl anerkannter
kompetenter Wissenschaftler, die in der Szene zuhause sind und die einen guten
Namen haben, in unser Boot. Mit der Unterstützung wickeln wir das ganze Projekt
ab.
Ganz nebenbei gesagt: Die Versorgungsforschung ist bisher
akademisch unterbewertet. In den Fakultäten wird ja im Allgemeinen auf der
Basis von Drittmitteleinwerbung und Qualitätspunkten nach irgendeinem
Bewertungssystem beurteilt. Da findet der wissenschaftliche Versuch, mehr
Nutzen für den Patienten zu erzielen, bisher zu wenig Anerkennung. Wir hoffen,
dass das Projekt der Bundesärztekammer auch in diesem Punkt hilfreich sein
wird.
Nun komme ich zum Inhalt. Ich beginne mit den vorliegenden
Beschlüssen Deutscher Ärztetage. Auf dem außerordentlichen Deutschen Ärztetag
2003 wurde beschlossen:
Die Ärzteschaft ist bereit, sich am Aufbau einer Versorgungsforschung
zu beteiligen.
Auf dem 107. Deutschen Ärztetag 2004 wurde beschlossen:
Der DÄT bekräftigt den Willen der Ärzteschaft, sich am
Aufbau einer wissenschaftlichen Versorgungsforschung in Deutschland zu
beteiligen.
2005 haben Sie beschlossen, dass es notwendig ist, die
Erfahrungen der Ärzteschaft hinreichend zu berücksichtigen, und dass eine rein
ökonomisierende Betrachtungsweise dem ärztlichen Berufsethos zuwider läuft. Sie
haben den Willen der Ärzteschaft bekräftigt, sich an dieser Entwicklung mit
seriösen wissenschaftlichen Methoden zu beteiligen. Es heißt in dem Beschluss:
Das Rahmenkonzept zur Förderung der Versorgungsforschung
. stellt eine notwendige und realistische Grundlage . dar, die darauf zielt,
unter sich verändernden Rahmenbedingungen konkrete Lösungen für eine gute
Patientenversorgung und somit auch für eine adäquate ärztliche Berufsausübung
aufzuzeigen.
Ferner wurde auf dem 108. Deutschen Ärztetag 2005 beschlossen:
Durch die Bündelung unabhängigen wissenschaftlichen
Sachverstandes - wobei in der Koordinierungsgruppe Klinik- und Vertragsärzte
paritätisch repräsentiert sein müssen - in einem Netzwerk soll die Kompetenz
und das Wissen der in Praxis und Wissenschaft tätigen Ärztinnen und Ärzte für
eine patientenbezogene Weiterentwicklung des Versorgungsgeschehens zur Verfügung
gestellt werden.
Damit komme ich zu dem bereits angesprochenen Rahmenkonzept,
das wir Ihnen vor einem Jahr vorgestellt haben. Ich möchte Ihnen erklären, wie
wir es umgesetzt haben. Die Eckpunkte sind: sechs Jahre Gesamtlaufzeit,
maximale Förderungssumme 750 000 Euro pro Jahr, ein jährlicher
Zwischenbericht auf dem Ärztetag, Begleitung der Einzelprojekte durch
"Projektpaten" und Eingrenzung des Fördergegenstands auf drei Themenfelder.
Das Steuerungsgremium ist die Ständige Koordinationsgruppe
Versorgungsforschung (SKV). Es ist, wie bereits erwähnt, paritätisch mit
Vertragsärzten und Klinikärzten besetzt. Die AWMF ist mit mehreren Mitgliedern
vertreten. Gäste sind die KBV, das ÄZQ, die AKdÄ und das BMBF.
In der ersten Sitzung im August 2005 wurden Entscheidungen
getroffen zum Ausschreibungstext - diesen kann man nachlesen -, zum
zweistufigen Auswahlverfahren und zur Projektbegleitung. Der Vorstand der
Bundesärztekammer ist sowohl bei den Vertragsärzten als auch bei den
Klinikärzten in der SKV erheblich vertreten. Die wissenschaftlichen
Sachverständigen, die nicht klinisch/praktisch tätig sind, bilden das
methodische Rückgrat, das methodische Gewissen des Projekts. Die Gäste sind
keineswegs stumme Zeugen, sondern zeichnen sich durch aktive Mitarbeit auch an
der wissenschaftlichen Entwicklung des Projekts aus.
Ich erinnere daran, dass wir drei Projektarten beschlossen
haben: Einzelprojekte mit Modellcharakter - maximale Förderdauer drei Jahre,
maximale Fördersumme 200 000 Euro -, Querschnittsprojekte - maximale
Förderdauer zwei Jahre, maximale Fördersumme 50 000 Euro - und
Kurzgutachten und Expertisen - maximale Förderdauer ein Jahr, maximale
Fördersumme 10 000 Euro. Ein Beispiel für ein solches Kurzgutachten ist
die Machbarkeitsstudie zu den Folgen der Privatisierung des
Universitätsklinikums Gießen/Marburg. Sie erinnern sich: Das war ein Antrag auf
dem Deutschen Ärztetag. Leider wurden im Rahmen der Ausschreibungen keine
Anträge zur Evaluation der Folgen der Privatisierung des Universitätsklinikums
Gießen/Marburg eingereicht. Grundsätzlich kann man sagen, dass es methodische
Schwierigkeiten gibt, die gleichzeitigen Effekte der Einführung der DRGs, der
Fusionierung der beiden Standorte und der Privatisierung voneinander zu
trennen. Deswegen haben wir beschlossen, zunächst einmal eine
Machbarkeitsstudie als Typ-III-Projekt in Auftrag zu geben. Sie läuft
inzwischen. Wir hoffen, dass wir auf diese Weise Informationen erhalten, ob
diese Art von Studie durchgeführt werden kann. Wenn ja, dann müssen wir uns
über die Umsetzung klar werden.
Ich komme jetzt zu den Typ-I-Projekten. Es wurden drei
Themenfelder beschlossen und auf dem vorjährigen Ärztetag vorgetragen. Der
Fördergegenstand wurde eingegrenzt: erstens die Implementierung von Leitlinien
in den ärztlichen Alltag, zweitens die Folgen der Ökonomisierung der
stationären und ambulanten ärztlichen Leistung auf die Patientenversorgung und
die Freiheit der ärztlichen Tätigkeit, drittens der Einfluss der maßgeblichen
arztseitigen Faktoren - beispielsweise Berufszufriedenheit, nicht monetäre
neben monetären Leistungsanreizen - auf die Versorgung, zusammengefasst unter
dem Begriff "Physician Factor".
In der Ausschreibung vom September 2005 sind die spezifischen
Anliegen des 108. Deutschen Ärztetages berücksichtigt worden, insbesondere die
Hervorhebung der Intentionen des Leitantrags zu Krankheit und Armut und die
Folgen der Privatisierung. Leider haben wir dazu nicht viel an Material
erhalten.
Nach welchen Kriterien wurden die Typ-I-Projekte ausgewählt?
Ich nenne zunächst die Frage: Was bedeutet das Ganze für das
Versorgungsgeschehen überhaupt? Ferner: Sind Patientenorientierung und
ärztliche Perspektiven gewährleistet? Natürlich spielt die Frage, ob es sich um
einen originellen Beitrag handelt, eine Rolle. Der wissenschaftliche Ansatz ist
wichtig, ebenso die Frage, ob die Ergebnisse in einen größeren Rahmen
transferiert werden können. Wichtig sind auch die Vorleistungen der
Antragsteller sowie Interdisziplinarität und Kooperation.
Ich komme damit zu der Frage: Was haben wir für die Auswahl
der Projekte getan? Ich erinnere daran, dass es sich um ein zweistufiges
Auswahlverfahren handelt. Zunächst wurden Skizzen angefordert, die im September
2005 ausgeschrieben wurden. Wir haben sage und schreibe 171 Projektskizzen
erhalten. Das war erheblich mehr, als irgendjemand zu träumen gewagt hatte.
Diese 171 Projektskizzen wurden jeweils von vier Gutachtern schriftlich
bewertet. In einer zweitägigen Sitzung der SKV wurden nach sehr gründlicher
Diskussion aller Projektskizzen insgesamt 36 Antragsteller ausgewählt. Sechs
Antragsteller erhielten die Auflage, ihren Projektantrag mit einem der anderen
Antragsteller zu verbinden. Insgesamt wurden 33 ausführliche Anträge
angefordert.
In der zweiten Phase erfolgte die Auswahl der Projektanträge.
Die ausführlichen Anträge mussten bis zum 19. Januar 2006 bei uns sein. Die 33
ausführlichen Projektanträge wurden jeweils von sechs Gutachtern schriftlich
bewertet. Die Auswahl erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Vorstand des
Wissenschaftlichen Beirats und dem Vorstand der Bundesärztekammer. In einer
zweitägigen Sitzung der SKV wurden insgesamt 19 Projekte zur Förderung
vorgeschlagen. Seit April 2006 werden mit insgesamt 19 potenziellen
Projektnehmern Verhandlungen geführt und Förderverträge geschlossen.
Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass alle diese
Schritte in enger Zuarbeit zum Vorstand der Bundesärztekammer durchgeführt
wurden. Das betrifft sowohl die Besetzung der SKV als auch den Zeitplan, die
Ausschreibung, die Auswahlentscheidung "Projektskizzen" und die
Auswahlentscheidung "Förderanträge".
Von den 171 Projektskizzen stammte knapp die Hälfte aus dem
Themenfeld: Implementierung von Leitlinien. 30 Prozent stammten aus dem
Themenfeld: Einfluss der Ökonomisierung, 21 Prozent stammten aus dem Themenfeld:
Physician Factor.
Nach der Zusammenführung zu Projektanträgen hat sich das
Gewicht etwas verschoben. Knapp 40 Prozent bezogen sich auf die Implementierung
von Leitlinien und jeweils rund 30 Prozent auf den Einfluss der Ökonomisierung
und den Physician Factor.
Von den Projekten, die tatsächlich gefördert werden, stammt
knapp die Hälfte aus dem Themenfeld: Implementierung von Leitlinien. Jeweils
gut ein Viertel stammten aus den Themenfeldern: Einfluss der Ökonomisierung
und: Physician Factor.
Ich finde Folgendes höchst interessant und sehr erfreulich.
Knapp die Hälfte der zur Förderung empfohlenen 19 Projekte haben einen Bezug
zum ambulanten Sektor. Nur 11 Prozent - zwei Projekte - hatten ein Thema mit
Bezug zum stationären Sektor. 42 Prozent hatten ein Thema mit Bezug sowohl zum
ambulanten als auch zum stationären Sektor. Ich persönlich halte es für das
erfreulich-ste Ergebnis, dass sowohl unter denen, die Skizzen eingereicht
haben, als auch unter denen, die gefördert werden, eine ganze Menge sind - es
ist sogar die Mehrzahl -, die bisher in der Szene nicht aufgetaucht sind. Das
BMFT sagt uns: Die kennen wir ja gar nicht. Das bedeutet im Klartext: Wir haben
ein Potenzial von zukünftigen und jetzt aktiven Forschern erschlossen, die sich
bisher nicht getraut haben oder sich durch Förderinstrumente nicht angesprochen
gefühlt haben, die aber zukünftig ihre Fähigkeiten, Daten auszuwerten und zu
beurteilen, mit einbringen werden. Das halte ich für einen ganz großen Erfolg
dieser Aktivität des Deutschen Ärztetages bzw. des Vorstands der Bundesärztekammer.
Kurz zur Finanzplanung. Das Gesamtbudget beträgt für drei
Jahre 2,25 Millionen Euro. 1,6 Millionen Euro entfallen auf Typ-I-Projekte,
300 000 Euro auf Typ-II- und Typ-III-Projekte. Hinzu kommen die üblichen
technischen Kosten.
Kurz einige Inhalte der Projektanträge hinsichtlich der
Leitlinienimplementierung: Prävention von MRSA, chronisches Vorhofflimmern,
interdisziplinäre Tumortherapie beim kolorektalen Karzinom, Nationale
Versorgungsleitlinie Asthma, ambulant erworbene Pneumonie - das ist das
Kompetenznetz CAPNETZ - usw.
Die Inhalte der Projektanträge hinsichtlich der Ökonomisierung
waren im Wesentlichen: Anforderungen zur Aufrechterhaltung der
Gesundheitsversorgung im Flächenland, die Versorgung von Kindern und
Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes, Neonatalerhebung, die Wahrnehmung und
Bewertung von Leistungsbegrenzungen - sprich: Rationierungen - und
Leistungsangeboten sowie die Einschluss- und Prozessqualität im DMP Diabetes
Typ 2.
Die wesentlichen Inhalte der Projektanträge hinsichtlich des
Physician Factors sind: Analyse der Anreize für die Niederlassung,
Längsschnittuntersuchung zur Karriere- und Lebensplanung von Medizinstudenten
usw.
Wenn Sie es wünschen, kann ich die einzelnen Punkte noch näher
erläutern.
Man muss sich natürlich fragen: Werden die Ziele der Förderung
der Versorgungsforschung durch die Bundesärztekammer erreicht? Ich denke,
hinsichtlich der Impulssetzung zur Förderung der Versorgungsforschung unter
Berücksichtigung der spezifischen ärztlichen Perspektive kann man diese Frage
bejahen. Dasselbe gilt für die Förderung von Einzelprojekten mit
Modellcharakter. Arbeiten müssen wir noch an der Bildung eines Netzwerks und an
einer erkennbaren Zeichensetzung. Das muss erst noch entstehen.
Zur langfristigen Finanzierung durch andere Drittmittelgeber -
Krankenkassen, Bundesmittel, DFG, Stiftungen - möchte ich bemerken: Ich habe
Ihnen vor einem Jahr gesagt, dass ich hoffe, dass eine Lawine der Finanzierung
durch andere in Gang gesetzt wird. Es finden in dieser Hinsicht eine ganze
Menge Gespräche statt. Ich kann mit gutem Gewissen berichten, dass man an
verschiedenen Orten aufgewacht ist und dass das Thema Förderung der Versorgungsforschung
in anderen Förderebenen sehr wohl angekommen ist und dort durchaus positiv und
mit der festen Absicht, etwas umzusetzen, diskutiert wird.
An der Stärkung ärztlicher Positionen in der gemeinsamen
Selbstverwaltung muss noch gearbeitet werden. Ein Beitrag, an den ich erinnern
muss, ist das Symposium in Mainz im Frühjahr dieses Jahres, das gemeinsam von
der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz und der Bundesärztekammer
veranstaltet wurde. Es war organisiert von Herrn Fuchs und einigen anderen.
Dort wurde mit bis dahin von mir kaum gekannter Offenheit zwischen den
verschiedenen Trägern der politischen Entscheidung und auch Beratern der
politischen Entscheider diskutiert und manches an wachsendem Verständnis
deutlich.
Ein weiteres Ziel ist die Darstellung der Kompetenz der
Ärzteschaft durch belastbare Daten und für Optimierungen. Ziel ist es ferner,
Möglichkeiten einer kurzfristigen Reaktion auf Fehldarstellungen zur
Versorgungssituation reagieren zu können. Das Kurzfristigste, das wir
durchführen können, sind die Typ-III-Projekte, durch die in kurzer Zeit eine
Skizze, eine Stellungnahme vorbereitet werden kann. Das kann aber immer nur in
Zusammenarbeit mit der Exekutive geschehen.
Schließlich möchte ich als Ziel den gegebenenfalls
erforderlichen Nachweis von durch Gesetzgebung und Gemeinsamen Bundesausschuss
induzierten Fehlentwicklungen in der Patientenversorgung nennen.
Ich habe vorhin ausgeführt, dass das Gestalten und die
Erarbeitung von Vorschlägen, wie man es besser machen kann, eindeutig die
Bereiche sind, die man wissenschaftliche Beratung der Politik nennen kann. Wir
werden darauf achten müssen, wie sich das umsetzt und was das im Ergebnis
tatsächlich bringt. Auf dem bereits erwähnten Symposium in Mainz wurde deutlich
gemacht, dass die Ergebnisse der Förderinitiative auch im Sinne einer
Politikberatung Wirkung entfalten müssen.
Schließlich kommt es darauf an, mit Qualität und
Unabhängigkeit der von der Bundesärztekammer geförderten Versorgungsforschung
dabei zu helfen, möglicherweise weniger unabhängige wissenschaftliche Beratung
in ihre Schranken zu weisen.
Damit komme ich zu meinem Schlusswort. Die "Aussteiger" unter
den Ärzten klagen berechtigterweise unter anderem über einen Vertrauensschwund
gegenüber den Ärzten. Auch die Versorgungsforscher verdienen ein gewisses Maß
an Vertrauen unter anderem auch im Kreise der Ärzte. Ich würde es begrüßen,
wenn eine zustimmende Kenntnisnahme zur Umsetzung des Programms Versorgungsforschung,
vor allem auch außerhalb dieses Raumes, auf möglichst breiter Basis bekundet
würde. Das käme der Gesamtwirkung der Anstrengung der Ärzte, ihre
wissenschaftliche Kompetenz im Bereich der Versorgungsforschung zu
demonstrieren, zugute.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Herzlichen
Dank, Herr Professor Scriba, für die Darstellung des jetzt erreichten Zustands
beim Projekt Versorgungsforschung. Ich glaube, wir werden das, genauso wie Sie
es sich gewünscht haben, positiv finden. Wir haben auch eine Antrag von Herrn
Kaplan vorliegen, der das ein bisschen ergänzt. Wir werden die Aussprache nach
der Mittagspause um 14 Uhr beginnen.
Ich habe mich vielleicht missverständlich ausgedrückt: Die
beiden gesetzten Punkte zum Tätigkeitsbericht, nämlich die Förderinitiative
Versorgungsforschung und die individuellen
Gesundheitsleistungen, sollten eigentlich noch nicht unter dem Prinzip
Gegenrede und Rede dafür abgehandelt werden, sondern nur die Einzelanträge
danach. Die beiden erwähnten Themen sollen noch so behandelt werden, wie das
bei den anderen Tagesordnungspunkten auch geschehen ist. So wollte ich das
verstanden wissen.
Herr Friebel hat darum gebeten, dass wir bis 17.45 Uhr fertig
sein mögen, weil sonst logistische Probleme wegen des heutigen Abends
auftauchen. Ich denke, diese Viertelstunde werden wir schon einsparen können.
Wir treten nunmehr in die Mittagspause ein. Wir setzen die
Beratungen um 14 Uhr fort.
3. Tag: Donnerstag,
25. Mai 2006
Nachmittagssitzung
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Wir setzen unsere Beratungen fort. Zum Thema Versorgungsforschung
liegt bisher der Antrag VII-66 von Herrn Kaplan aus Bayern vor. Ferner liegt
eine Wortmeldung vor. Ich gehe davon aus, dass Ihr Beifall vorhin prinzipiell
die Darstellung von Herrn Professor Scriba zum Thema Versorgungsforschung und
die bisher geleistete Arbeit positiv gewürdigt hat, wir diese Arbeit positiv
zur Kenntnis nehmen und würdigen und Herrn Professor Scriba bitten, auf diesem
Wege und in der bisherigen Art fortzufahren. Dazu liegt zwar kein formeller Antrag
vor, aber ich werte Ihren Beifall von vorhin so, dass dies die Meinung des
Plenums ist. Ein Antrag in diesem Sinne war ja auch gar nicht vorgesehen.
Die erste Wortmeldung kommt von Herrn Privatdozent Dr. Scholz
aus Hessen. Bitte schön.
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