TOP VII: Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer

4. Tag: Freitag, 26. Mai 2006 Vormittagssitzung

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Nun kommen wir zum Antrag VII-43 von Herrn Bodendieck:

Der Deutsche Ärztetag stellt fest, dass kurze und ultrakurze Laufzeiten von Arbeitsverträgen interkollegialem ärztlichen Verhalten nach der (Muster-)Berufsordnung widersprechen und eine Weiterbildung entsprechend der (Muster-)Weiterbildungsordnung nicht gewährleisten.

(Zuruf: Vorstandsüberweisung!)

- Es wird Vorstandsüberweisung beantragt. Trotzdem darf diskutiert werden. Gibt es Wortmeldungen? - Bitte, Herr Hesse aus Bayern.

Hesse, Bayern: Ich finde die Intention des Antrags gut. Dennoch möchte ich Sie bitten, den Antrag abzulehnen, weil die Wirklichkeit in der Klinik so aussieht, dass im Gegensatz zu früher, da der Chefarzt das Heft in der Hand hatte, wie lange die Verträge befristet werden, nun die Befristungen von abstrakten Klinikleitungen oder von Großkonzernen ausgesprochen werden. Es wäre ein ausgesprochener Schuss ins Knie, wenn der Chefarzt, der möglicherweise einen unbefristeten Vertrag für seinen Assistenten will, während die Klinikleitung, repräsentiert durch den Verwaltungsdirektor, den Vertrag nur für ein Jahr will, auch nur für ein Jahr die Weiterbildungsermächtigung bekommt. Ich glaube, da würde man sich selber ins Knie schießen.

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Danke schön, Herr Hesse. - Jetzt möchte sich der Antragsteller äußern. Bitte schön, Herr Bodendieck.

Bodendieck, Sachsen: Es gibt auch andere Sprecher für diesen Antrag. Trotzdem will ich es selber tun. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sehe es nicht ganz so wie Herr Hesse. Im Leitungsgremium einer Klinik sitzt auch der ärztliche Direktor.

(Zuruf: Nein!)

In aller Regel ist es so. Ich möchte ausdrücklich unterstreichen: Der Antrag richtet sich nicht gegen die ärztlichen Kolleginnen und Kollegen, sondern richtet sich auch gegen die Klinikleitung. Die Klinikleitung macht ihre Arbeit mit Kollegen, denen sie Vierteljahresverträge gibt. Das ist gesetzeswidrig. Das kann man der Begründung des Gesetzes entnehmen.

Dem müssen wir ein Ende bereiten. Wir müssen zusammen mit den anderen angenommenen Anträgen aktuelle und prägnante Aussagen treffen, die nach außen hin wirksam sein können.

Aus meiner Sicht bleiben wir im Duktus der Anträge zu Tagesordnungspunkt I. Wir haben unter Tagesordnungspunkt I besprochen, dass es genügend ärztliche Leiter gibt, die im Rahmen der Streikmaßnahmen ihre Kolleginnen und Kollegen zur Ruhe aufgefordert und sogar dazu verpflichtet haben.

Ich bitte Sie, dem Antrag zuzustimmen und im Duktus des Ärztetages weiterhin die Streiks zu unterstützen.

Danke schön.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen Dank. - Es hat einer dafür, einer dagegengesprochen. Jetzt sind nur noch Wortmeldungen zur Geschäftsordnung möglich. - Bitte, Herr Kühn aus Baden-Württemberg.

Dr. Kühn, Baden-Württemberg: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben für heute noch nicht beschlossen, dass nur einer dafür, einer dagegensprechen kann.

(Zurufe)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Das gilt immer für den ganzen Tagesordnungspunkt.

Dr. Kühn, Baden-Württemberg: Wenn die Regelung von gestern weitergilt, ist das in Ordnung. Dann sage ich nichts dazu.

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Das gilt weiter, weil es immer für den ganzen Tagesordnungspunkt beschlossen wird. Sie können diesen Ärztetagsbeschluss natürlich jederzeit aufheben. - Zur Geschäftsordnung jetzt bitte Herr Köhne aus Nordrhein.

Dr. Köhne, Nordrhein: Ich beantrage Überweisung an den Vorstand. Wenn wir einen solchen Antrag, wie von Herrn Hesse vorgeschlagen, an den Vorstand überweisen, ist das ein Signal, das schlechter kaum sein kann. Dann würde man wirklich den Eindruck erwecken, dass solche ultrakurzen Laufzeiten gerechtfertigt sind. Um einen solchen Eindruck gar nicht erst aufkommen zu lassen, darf man den Antrag auf keinen Fall ablehnen. Mein Kompromissvorschlag lautet: Überweisung an den Vorstand.

Danke.

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Danke schön. - Es ist Überweisung an den Vorstand beantragt, damit er den Antrag verfeinert, das Thema sauber abklärt. Ich glaube, inhaltlich sind wir uns alle einig, wie es sein sollte.

Jetzt eine Gegenrede zum Antrag auf Vorstandsüberweisung. Das ist zulässig. Bitte, Herr Lindhorst aus Hessen.

Dr. Lindhorst, Hessen: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Tatsache ist, dass die Kliniken unterschiedliche Leitungsstrukturen haben. Nichtsdestotrotz: Jede Klinik braucht heutzutage ihren Assistenten. Den bekommt sie außer gegen gutes Geld dann, wenn sie eine gute Weiterbildung bieten kann. Nur noch damit kann heute eine Klinik überhaupt noch Leute bekommen.

Wenn ich dort konsequent eingreife, kann ich damit, egal wie die genaue Klinikstruktur aussieht, den ärztlichen Direktor, der übrigens vom Gesetzgeber für die Erfüllung der Fortbildungspflicht in die Pflicht genommen wird - eine ganz interessante Formulierung, wie wir wissen -, oder den Abteilungsleiter in die Bredouille bringen. Wir bringen ihn nicht, wie es viele gern fehlinterpretieren, als ärztlichen Kollegen wirklich in die Bredouille, sondern stärken ihm in Wirklichkeit den Rücken, zur Verwaltung zu gehen und zu sagen, wenn er dies will: Ich möchte ihm einen kompletten Facharztweiterbildungsvertrag geben.

Das ist ein Antrag, den wir völlig entspannt unterstützen können, gerade um die Chefärzte, die leitenden Ärzte, die eine Weiterbildung beantragen, zu stärken. Wenn sich allerdings herausstellt, dass sie das missbrauchen - wir wissen durchaus, dass es diese Kollegen gibt -, um ihre Leute in Geiselhaft zu nehmen, dann dürfen wir auch reagieren. Insofern ist es das ideale Instrument, um konsequent einzugreifen.

Deshalb bitte ich darum, dass Sie sich mit dem Antrag befassen und ihn auch annehmen.

Danke schön.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank. - Dann frage ich zunächst: Wer möchte den Antrag an den Vorstand überweisen? - Wer möchte das nicht? - Das ist die Mehrheit. Dann frage ich: Wer möchte den Antrag befürworten? - Das ist die Mehrheit. Wer möchte den Antrag ablehnen? - Das sind weniger. Wer enthält sich? - Damit ist der Antrag mit klarer Mehrheit angenommen.

(Beifall)

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