TOP VII: Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer

4. Tag: Freitag, 26. Mai 2006 Vormittagssitzung

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Wir kommen jetzt zum nächsten Themenkomplex, der Organspende. Wir kommen zunächst zum Antrag VII-67 neu:

Der 109. Deutsche Ärztetag fordert den Vorstand der Bundesärztekammer auf, das Verhalten von Mitgliedern der Ständige Kommission Organtransplantation der Bundesärztekammer zu überprüfen, die angeblich bewusst gegen das Transplantationsgesetz (TPG) verstoßen haben sollen und damit möglicherweise dem Ansehen und der Reputation der Bundesärztekammer erheblichen Schaden zugefügt haben.

Sollte die Überprüfung dazu führen, dass sich die Presseberichte bestätigen, sollen umgehend die erforderlichen Konsequenzen gezogen werden, zumal der medizinische Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) bereits angekündigt haben soll, in ähnlich gelagerten Fällen in gleicher Weise zu verfahren.

Herr Crusius möchte sich dazu äußern. Bitte.

Vizepräsident Dr. Crusius: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt nach dem Vertrag entsprechend dem Transplantationsgesetz eine Überwachungskommission. Diese
Überwachungskommission befasst sich damit. Sie tagt entsprechend ihrer Satzung nicht öffentlich. Wir haben in einer der vorhergehenden Vorstandssitzungen bereits über diese Themen gesprochen. Sie sind in Bearbeitung. Ich verspreche Ihnen - Herr Professor Hessenauer, Herr Professor Vilmar und ich sitzen in der Ständigen Kommission -: Wir werden stets ein Auge darauf haben. Die Fälle, die in der Presse hochgekommen sind, sind alle in Bearbeitung.

Vielen Dank.

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Danke schön. Wie sollen wir mit dem Antrag umgehen? Wie ist da die Meinung?

Vizepräsident Dr. Crusius: Wir tun das. Insofern kann man den Antrag auch an den Vorstand überweisen. Aber der Vorstand wird ja direkt aufgefordert. Hier ist alles konjunktivisch formuliert. Insofern ist es keine richtige Tatbestandsdarstellung.

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Danke schön. - Jetzt bitte Herr Kollege Deutschmann aus Niedersachsen.

Deutschmann, Niedersachsen: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Anknüpfung an das phänomenale Gedächtnis von Herrn Professor Hoppe, der sich an seinen ersten Auftritt vor dem Deutschen Ärztetag erinnert, kann ich sagen: Heute halte ich meine Jungfernrede, obwohl es mein fünfter Deutscher Ärztetag ist.

(Beifall)

Das Anliegen meiner Ausführungen ist, zu verhindern, dass die Bundesärztekammer ihre Unschuld verliert.

Ich möchte vorausschicken, dass ich eindeutig für die Organspende eintrete. Es handelt sich um einen sehr sensiblen Bereich, der anhaltend dem Fokus der Öffentlichkeit ausgesetzt ist und auch vehemente Gegner hat. Damit besteht eine absolute Pflicht zur korrekten Durchführung. Dafür stehe zum Beispiel ich persönlich im Zusammenhang mit der Bestimmung des Hirntodes ein, die ich für eine der sichersten Diagnosen in der Medizin halte, wenn sie denn korrekt, also beispielsweise nach den Richtlinien der Bundesärztekammer, durchgeführt wird.

Der Vorgang, auf den ich mich beziehe, ist in der Begründung meines Antrags ausreichend dargestellt. Ich will aber noch einmal betonen: Diese Situation ist für die Beteiligten nicht überraschend oder unvorbereitet aufgetreten. Bei allem Verständnis für die Familie des Verstorbenen: Der Vorgang ist nicht auf der Grundlage der Gesetze abgearbeitet worden. Sich ersatzweise, wie es geschehen ist, auf den rechtfertigenden Notstand zu berufen, wäre meinem Freund Arne, der sich gerade auf das zweite juristische Staatsexamen vorbereitet, in der Seminararbeit als ungenügend angekreidet worden. Man ändert doch Gesetze nicht, indem man sie einfach übertritt!

Dies passt allerdings zu dem Fall der Crossover-Transplantation vor einigen Jahren, bei der der Transplantationschirurg in die Schweiz ausweichen musste, um eine in Deutschland illegale Operation durchzuführen.

Zu der Anmerkung von Herrn Crusius, dass es sich um viele Konjunktive handelt, muss ich sagen: Sie sehen, dass es sich um einen Antrag "neu" handelt. Der erste Antrag stieß bei Herrn Schirmer auf Nichtgefallen. Ich habe ihn daraufhin entsprechend geändert.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Wir bedanken uns für Ihre Rede. Wir haben es jetzt alles verstanden.

(Zuruf Dr. Holzborn, Nordrhein)

- Jetzt gibt es nur noch Wortmeldungen zur Geschäftsordnung.

(Dr. Holzborn, Nordrhein: Einer dafür, einer dagegen!)

- Weil Herr Crusius das erläutert hat? - Okay.

Dr. Holzborn, Nordrhein: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich die Kasuistik lese, scheint es sich in diesem Fall um eine sehr spezielle und persönliche Angelegenheit zu handeln. An dieser Stelle die Bundesärztekammer und ihre Gremien vorführen zu wollen, finde ich nicht so gut.

(Beifall)

Ich meine, die Überweisung an den Vorstand ist in Ordnung, aber den Antrag bitte nicht in dieser Form verabschieden.

Danke.

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Danke schön. Das war ein Geschäftsordnungsantrag; darüber gibt es gar keine Diskussion. Der war zulässig.

Möchte jemand gegen die Überweisung an den Vorstand sprechen?

(Zuruf: Nichtbefassung!)

- Jetzt gibt es auch den Antrag auf Nichtbefassung. Möchte jemand zur Nichtbefassung sprechen? - Das ist nicht der Fall. Dann frage ich zunächst einmal: Wer möchte sich mit dem Antrag nicht befassen? - Wer möchte sich mit dem Antrag doch befassen? - Das ist die Mehrheit. Ich frage jetzt also: Wer möchte den Antrag an den Vorstand überweisen? - Das ist die Mehrheit. Wer möchte den Antrag nicht an den Vorstand überweisen? - Das ist die Minderheit. Dann ist der Antrag an den Vorstand überwiesen. Dann wird die Arbeit dort mit der Rückendeckung des Ärztetages fortgesetzt, wie Herr Crusius das eben schon erläutert hat.

© 2006, Bundesärztekammer.