Statements

Dienstag, 24. Oktober 2006, Vormittagssitzung

Rainer Kötzle, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Meine Damen und Herren! Ein Fünf-Minuten-Statement - ich glaube, Herr Zollner, Sie haben zehn Minuten gesprochen - verlangt Kürze. Wir sind gegen unnötige staatliche Regulierung und gegen bürokratische Überfrachtung. Auch wir sind für eine angemessene Bezahlung der ärztlichen Leistung, für die Abschaffung der Budgets - wobei uns allen das Problem bewusst ist, dass eine Bezahlung ohne eine Mengenbegrenzung in unserem Gesundheitswesen ihre Schwierigkeiten hat - und für die Übernahme des Morbiditätsrisikos durch die Krankenkassen. Genauso sind wir für den Erhalt der privaten Krankenversicherung als einer wettbewerbsfähigen Vollversicherung. Das ist selbstverständlich unsere Überzeugung. Auch uns sind die Probleme dieser Reform bewusst. Diese Probleme betreffen vor allen Dingen die weiterhin bestehende Unterfinanzierung und die Tatsache, dass die Budgetierung zwar ab 2009 gelockert werden soll, dass sie aber nicht aufgehoben wird.

Bei aller Kritik möchte ich aber eines anmerken: Wir brauchen im hausärztlichen Bereich Veränderungen jetzt. Unter den jetzigen Bedingungen des Gesundheitswesens ist die hausärztliche Versorgung nicht mehr zu gewährleisten. Ich spreche als Vorsitzender des Hausärzteverbandes natürlich auch für die hausärztlichen Aspekte bei dieser Gesetzgebung.

(Zuruf)

- Ich habe eben ausgeführt, dass uns viele Dinge gemeinsam sind. Sie sollten dieses Wort nicht gebrauchen, denn jedes Ding hat zwei Seiten.

Ich möchte zwei Dinge anmerken, die vielleicht auch nicht Ihren ungeteilten Beifall finden. Ich bin schon der Meinung, dass nicht alles so bleiben kann, wie es ist, mit allen Mängeln und Problemen eines unkoordinierten Systems. Ich bin nicht der Meinung, dass wir 250 verschuldete Kassen brauchen mit Vorständen und Verwaltungsräten. Wir brauchen nicht unbedingt eine undurchsichtige Preisgestaltung im Medikamentenbereich. Wir haben schon jetzt mit zu viel Bürokratie und Verwaltung zu tun. Wir müssen bereits jetzt das Wegbrechen der hausärztlichen Versorgung registrieren.

Ich denke, manchmal kommt Folgendes in der Diskussion zu kurz: Es ist notwendig und richtig, die ärztliche Freiheit zu verlangen und zu verteidigen. Es ist wichtig, ärztliche Freiheit zu verlangen und zu verteidigen, ebenso die Ablehnung eines Budgets und der Übernahme des Morbiditätsrisikos. Genauso wichtig ist es, den wirtschaftlichen Aspekt einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung zu berücksichtigen. Auch das wird von uns verlangt und muss
überlegt werden. Auch das wird nur über eine Strukturveränderung in unserem System gelingen.

Ich glaube, niemand ist unter uns, der sagt: Es kann eine Reform ohne Strukturveränderungen in Bezug auf Unwirtschaftlichkeit, Strukturmängel und Koordination geben.

Auch wenn morgen im Kabinett die Reform verabschiedet wird, hört unsere Auseinandersetzung natürlich nicht auf. Ich möchte klar sagen, dass wir eine Verbesserung unserer Gebührenordnung brauchen. Wir fordern eine pauschalierte Gebührenordnung mit mindestens 75 Euro pro Quartal plus Zuschlägen, die allerdings bereits 2007 kommen muss. Für die Hausärzte und die hausärztliche Versorgung ist das Datum 2009 zu spät.

Es trifft auch für die anderen Ärzte zu - Herr Köhler hat es angesprochen -, dass wir eine Verbesserung der Vergütung und der Gebührenordnung brauchen, und zwar nicht erst 2009.

Ich denke, wir müssen eine Politik betreiben, die in diese Richtung geht. Wir sind dafür, dass die Krankenkassen den Versicherten verpflichtend flächendeckende Hausarztverträge anbieten müssen und dass der Vertragswettbewerb erweitert wird.

In diesem Sinne möchte ich, dass die hausärztliche Versorgungsebene auch in den nächsten Jahren erhalten werden kann. Dafür streiten wir.

Zum Schluss noch folgende Anmerkung: Wer nichts verändern will, wird auch das verlieren, was er bewahren möchte. Ich denke, auch diesen Satz von Gustav Heinemann sollte man berücksichtigen.

Vielen Dank.

(Beifall)

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages: Danke schön, Herr Kötzle. - Der nächste Redner ist Herr Kollege Montgomery als Vorsitzender des Marburger Bundes. Bitte schön.

© Bundesärztekammer 2006