Debatte

Dienstag, 24. Oktober 2006, Nachmittagssitzung

Dr. Emminger, Bayern: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich fast nahtlos anschließen. Ihre beiden Reden, Herr Hoppe und Herr Köhler, waren inhaltlich hervorragend, aber für mich in der Diktion der aktuellen Situation eigentlich gar nicht mehr angemessen. Was haben wir heute denn erlebt? Wir haben heute Beiträge von Politikern der Großen Koalition erlebt, die eigentlich glänzend den Offenbarungseid der Politik, was die Gesundheitspolitik angeht, geleistet haben. Sie glänzten - Jan Hesse hat es bereits erwähnt - durch Unkenntnis und wilde Behauptungen. Ihre einzige Antwort auf die jetzige Situation ist die Arroganz der Macht, die sie uns heute sehr eindrucksvoll vorgeführt haben.

Welche Konsequenzen sollten wir daraus ziehen? Es gibt den Vorschlag von Herrn Kaplan, es gibt den Vorschlag von Jan Hesse. Ich möchte folgenden Gedanken vortragen. Wir Ärzte sollten unser Verhältnis zur Politik und zu den maßgeblichen Politikern neu überdenken. Herr Crusius, ich darf Sie fragen, weil Sie davon gesprochen haben: Glauben Sie wirklich, dass pausenlose Gespräche mit der Politik noch etwas ändern werden? Glauben Sie, dass das der richtige Weg ist?

(Dr. Crusius, Vizepräsident: Nicht allein, aber auch!)

Was haben wir denn in den letzten Jahren getan? Wir haben den Politikern auf den Ärztetagen den roten Teppich ausgerollt, wir haben uns an Podiumsdiskussionen beteiligt, wir sind in Arbeitsgruppen gegangen, wir haben selber Arbeitsgruppen eingerichtet, wir haben die Politik eingebunden.

Wir sind heute an dem Punkt, dass wir sagen müssen: Die Politik hat nichts, aber auch gar nichts kapiert und gelernt.

Über die Inhalte des Gesetzes sind wir uns doch alle klar. Die Schlussfolgerung von heute lautet: Mit kritischem oder gar sachlichem Dialog ist der Arroganz der Macht nicht mehr zu begegnen.

(Beifall)

Herr Köhler, in Ihrem Beitrag haben mir zwei Äußerungen dem Sinn nach hervorragend gefallen. Es geht bei uns Ärzten zwischenzeitlich auch um unsere eigene Würde, die infrage gestellt wird. Es geht nicht allein um die Würde von uns Ärztinnen und Ärzten, sondern auch um die Würde der Beschäftigten im Gesundheitswesen überhaupt. Das kam in manchen Redebeiträgen zum Ausdruck. Diese Würde sollten wir uns nicht ohne Gegenwehr kaputtmachen lassen. Diese Würde sollten wir uns nicht nehmen lassen.

Also: Distanzieren wir uns in jeglicher Form von denen, die uns diese Würde nehmen wollen. Überlegen wir, ob wir mit den zehn Punkten von Herrn Montgomery und mit den Inhalten der Rede von Herrn Hoppe nicht nach einer gewissen Zeit einen ganz neuen Dialog anfangen müssen.

Wir Klinikärzte haben in dem Moment zum Streik greifen müssen, als ein kritischer, sachlicher und durchaus kontroverser Dialog nicht mehr weitergeführt hat. Wir wissen, dass die Ärzte insgesamt nicht streiken können. Aber wir können eine Denkpause einlegen. Laden wir nicht jeden Politiker zu jedem Ärztetag und zu jedem sonstigen Termin ein! Zeigen wir ihnen für eine gewisse Zeit die kalte Schulter!

(Beifall)

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages: Schönen Dank. - Als nächster Redner hat sich Herr Dr. Kuno Winn, der Vorsitzende des Hartmannbundes, zu Wort gemeldet. Er darf aber nur reden, wenn Sie dem zustimmen, da er kein Delegierter ist. Ich nehme an, niemand hat es etwas dagegen.

(Beifall)

Wenn es keinen Antrag von Ihnen gibt, dass das um Gottes willen nicht passieren darf, hat Herr Dr. Winn jetzt das Wort als geladener Gast.

© Bundesärztekammer 2006