Debatte

Dienstag, 24. Oktober 2006, Nachmittagssitzung

Dr. Kuno Winn, geladener Gast: Herr Präsident! Herr Vorsitzender! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Eines hat dieses politische Geschehen an Gutem gebracht, nämlich eine nie da gewesene Einigkeit innerhalb der Ärzteschaft. Das muss für die Zukunft so bleiben, egal was kommt!

(Beifall)

Es ist über vier nationale Protesttage hinweg zu einem Gesetzeswerk gekommen, das mittlerweile in der, wie ich glaube, sechsten Formulierung vorliegt. Es ist aber nicht besser geworden. Die Proteste waren gut und schön, der nachfolgende Dialog ebenfalls. Die Politiker haben zugehört, sie haben den Argumenten zumindest zugenickt, aber in den vorgelegten Formulierungen habe ich persönlich nichts von dem entdecken können, was wir vorgetragen haben.

Die Konsequenz daraus muss sein: Es müssen Taten folgen. Ich habe gestern in einer Pressekonferenz dazu aufgerufen, jede Woche in einem anderen Bundesland für drei Tage die Praxen zu schließen. Diese Taktik der feinen Nadelstiche muss fortgesetzt werden. Ein Versorgungsnotstand in der ganzen Bundesrepublik ist schön und gut, aber ein solcher Tag geht vorbei und was folgt dann? Wir müssen am Ball bleiben, wir müssen weiterhin diese Praxisschließungen betreiben. Eventuell müssen wir sie sogar noch verdichten, nämlich in denjenigen Bundesländern, in denen demnächst vielleicht Wahlen sind. Das ist etwas, wo jeder zuhört.

Darüber hinaus müssen wir - das klang bei einigen Vorrednern bereits an - die Politik ins Wartezimmer tragen. Ich darf daran erinnern, dass Konrad Adenauer Theodor Blank genau wegen dieser Befürchtung entlassen hat. Er hat geglaubt, wenn die Ärzte erst einmal im Wartezimmer Politik machen, sind wir weg vom Fenster. Diese Angst müssen wir glaubhaft schüren. Man muss auch Plakataktionen durchführen, sodass jeder Patient beim Verlassen der Praxis durch ein Plakat darüber informiert wird, wem er die Misere zu verdanken hat. Darüber hinaus müssen natürlich begleitend Gespräche stattfinden.

Natürlich kann man auch noch Veränderungen herbeiführen, wenn das Gesetz bereits in Kraft ist. Dann aber ist es ungleich schwieriger als jetzt. Jetzt, bevor der Bundestag die letzte Entscheidung fällt, müssen wir alles, aber auch alles versuchen, um eine Umkehr herbeizuführen, um dieses Gesetzesvorhaben zumindest in Teilen zu entschärfen. Ganz vom Tisch werden wir es wohl nicht bekommen. Das ist eine bittere Erfahrung, die wir in den vergangenen Jahren haben machen müssen.

Dieser Deutsche Ärztetag darf nicht auseinandergehen, ohne ein Handlungskonzept vorzubereiten und zu verabschieden.

(Beifall)

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages: Danke schön, Herr Winn. - Der nächste Redner ist Herr Brunngraber aus Niedersachsen.

© Bundesärztekammer 2006