Debatte

Dienstag, 24. Oktober 2006, Nachmittagssitzung

Dr. Gitter, Bremen: Herr Präsident! Herr Vorstandsvorsitzender! Meine Damen und Herren! Einige meiner Vorredner haben bereits gesagt: Die Politik hat bewiesen, dass sie nicht mehr dialogfähig ist. Wir haben diesen Dialog jahrelang angeboten. Das Einzige, was in dieser Koalition größer geworden ist, ist die Arroganz der Macht. Das kann man an den Beiträgen von heute Morgen nachweisen. Sowohl Herr Zöller als auch Frau Ferner haben versprochen, unserer Diskussion zu lauschen. Wo sind sie? Weg sind sie! Sie sind sofort gegangen, nachdem wir sie angehört haben.

Was man in dieser Regierung unter Dialogkultur versteht, ist auch durch die kurzen Fristen klar geworden, mit denen wir zur Anhörung geladen worden sind. Zwei Tage vor dem Termin ist uns ein über 500 Seiten umfassendes und schwer lesbares sogenanntes Reformpaket vor die Füße geschmissen worden. Das sind Methoden zur Aushöhlung der Demokratie. Die lernt man beim Kommunistischen Bund Westdeutschland. Mit Demokratie haben sie nichts zu tun.

(Beifall)

Ich kann mich einigen meiner Vorredner nur anschließen: Die Rede von Herrn Zöller war zu meiner großen Enttäuschung extrem niveaulos. Das erklärt für mich so manches.

Die Arroganz der Macht ist auch gegenüber den Patienten sehr deutlich geworden. Frau Ferner hat praktisch gönnerhaft darauf hingewiesen, wie gnädig diese Regierung doch ist, so dringliche Methoden wie die Palliativmedizin oder die geriatrische Reha in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufzunehmen. Das zeigt ganz genau, wie die Patienten auf Gedeih und Verderb dieser Regierung ausgeliefert wären, wenn wir diese Staatsmedizin zuließen. Das werden wir nicht mitmachen, und zwar nicht deshalb, weil wir an unseren eigenen Säckel denken, weil wir Lobbyisten sind, wie uns immer schändlicherweise unterstellt wird. Das kann ich nicht mehr hören, weil ich das ehrenamtlich in meiner Freizeit mache. Ich finde es einen Missbrauch meiner Tätigkeit, wenn so etwas behauptet wird. Es ist ein Missbrauch der Ressourcen, der hier geschieht und durch diese Umwandlung zur Staatsmedizin fortgesetzt wird, durch ein weiteres Ausufern der Kontrollbürokratie auf dem Rücken der Patienten und der Ärzte, durch unvergütete Leistungen in Praxis und Klinik. Das werden wir nicht mitmachen. Das haben wir durch Streiks und Protesttage bewiesen. Wenn die Politiker diesen Stress haben wollen, können sie ihn von uns bekommen!

Heute Morgen gab es den Zuruf, man könne ja nach Mallorca auswandern. Ich habe, ehrlich gesagt, viel mehr den Wunsch, nach Afrika zu gehen, weil dort meine medizinische Leistung, mein Spezialistentum, meine ärztliche Kunst gebraucht wird und nicht so mit Füßen getreten wird wie von diesen Politikern.

(Beifall)

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages: Schönen Dank. - Als nächster Redner Herr Julian Veelken aus Berlin.

© Bundesärztekammer 2006