Eröffnungsveranstaltung

Dienstag, 15. Mai 2007, Vormittagssitzung

Dr. Berthold Tillmann, Oberbürgermeister der Stadt Münster: Sehr verehrte Frau Ministerin Schmidt! Sehr geehrter Herr Minister Laumann! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Sehr geehrter Herr Professor Hoppe! Lieber Herr Dr. Windhorst! Verehrte Delegierte! Meine Damen und Herren Gäste! Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie im Namen der Stadt Münster recht herzlich zum 110. Deutschen Ärztetag hier in der Halle Münsterland. Was bleibt mir nach Ihrem fulminanten Einführungsvortrag, Herr Dr. Windhorst, und nach Ihrem sehr persönlichen gesundheitspolitischen und gesellschaftspolitischen Credo, Herr Minister, noch zu sagen? - Nicht mehr viel. Deswegen mache ich es kurz.

Sie, Herr Dr. Windhorst, haben es schon gesagt: Dieser traditionsreiche Kongress der deutschen Ärzte findet bereits zum vierten Mal nach 1907, 1956 und 1982 hier bei uns in Münster statt. Das ist eine Ehre für Münster, aber auch ein Ansporn für die Münsteraner, unsere Stadt in der Tat als gute Gastgeberstadt zu präsentieren.

Münster bietet - viele von Ihnen wissen das sicherlich; wenn nicht, sollten Sie mir das einfach glauben, meine Damen und Herren - wie kaum eine andere Stadt hervorragende Rahmenbedingungen für die Ausrichtung des Deutschen Ärztetages, wenn man Dichte, Konzentration, Profil und Qualität medizinischer Einrichtungen und Angebote oder auch gesundheitsorientierter Strukturen vor Ort zum Maßstab nimmt. So ist Münster beispielsweise Sitz des nordrhein-westfälischen Krebsregisters, eines Brustzentrums, aber auch Sitz der Ärztekammer und der Apothekerkammer Westfalen-Lippe. Münster ist eine Stadt, in der sehr viele - und vor allem auch hoch angesehene - Allgemein- und Fachärzte aller Disziplinen praktizieren, lehren oder forschen.

Münster ist Sitz einer der größten Universitätskliniken Deutschlands sowie weiterer Fachkliniken, die die Gesundheitsversorgung eines großen Teils der Bevölkerung der gesamten Region und darüber hinaus - von der Nordsee bis nach Hessen - sicherstellen.

Nicht ohne Grund versteht sich Münster selbst darüber hinaus auch als Gesundheitsstadt. Sie ist Sitz des deutschen Sekretariats des "Healthy Cities-Netzwerkes". Sie hat sogar ein eigenes kommunales Gesundheitshaus, unter dessen Dach Initiativen und Verbände aus dem gesamten Gesundheitsbereich konzentriert sind, und sie versucht, insbesondere im Bereich Präventionsmedizin, Wellness, Life Sciences nicht nur wissenschaftlich und gesundheitspolitisch, sondern auch ökologisch und ökonomisch in der Umweltmedizin wie auch in der Wirtschaftsförderung einen besonderen Schwerpunkt zu setzen. Nahezu alle Münsteranerinnen und Münsteraner messen daher der gesamten Palette der gesundheitsbezogenen Dienstleistungen in unserer Stadt eine besonders profilbildende Bedeutung zu.

Der Gewinn des internationalen LivCom Awards 2004 als "lebenswerteste Stadt der Welt" sei dabei nur am Rande erwähnt.

Meine Damen und Herren, soweit meine berufs- und positionsbedingte, hoffentlich einigermaßen überzeugende - zumindest aber marketingtaugliche - "Hommage" an die Stadt Münster als besonders profilierter "Gesundheitsstandort".

Natürlich - wie sollte es auch anders sein, meine Damen und Herren - ist Münster auf der anderen Seite keine "gesundheitspolitische Insel der Seligen". Selbstverständlich - vielleicht auch gerade wegen der großen Quantität und Qualität medizinischer Praxen, Einrichtungen und Dienste - war und ist Münster auch besonders anfällig für alle gesundheitspolitischen Schwankungen und Konsolidierungsversuche, bis hin zu dem auch bei uns seismologisch registrierbaren "Erdbeben", das die "Richter-Skala" der gesundheitspolitischen Konfliktlage rund um den Reizbegriff der "Gesundheitsreform" auch hier vor Ort kräftig strapaziert hat.

Konkret gesprochen: Auch hier bei uns in Münster gab es die bekannten reformbedingten Diskussionen, Demonstrationen und Aktionen der Ärzteschaft und des medizinischen Personals. Auch hier bei uns in Münster gab und gibt es nach wie vor die großen Sorgenfalten aller im Bereich von Gesundheit arbeitenden und dienstleistenden Berufsgruppen rund um die Medizin und ihre flankierenden Angebote. Auch bei uns in Münster gab und gibt es weiterhin Fragen zum Niveau, zur Qualität und vor allen Dingen zu den Kosten des Gesundheitswesens - und zwar sowohl auf der Patientenseite als auch aufseiten der Ärzteschaft, bis hin zu den Dritten im Bunde, den Krankenkassen und Versicherungen.

Einher gingen und gehen diese nach wie vor bestehenden Irritationen mit parallelen, strukturellen Optionen unserer Krankenhäuser - glücklicherweise haben wir kein kommunales Krankenhaus - bis hin vor allem zur Frage der zukünftigen Rahmenbedingungen unserer so hoch renommierten und weit ausstrahlenden Universitätskliniken. Auch - wie sollte es anders sein - unsere eigenen kommunalen Leistungen etwa im Bereich Krankenkosten in der Sozialhilfe, der Pflege oder der Seniorenpolitik bleiben und blieben davon nicht verschont.

Meine Damen und Herren, nun sind die wesentlichen Eckpunkte der Gesundheitsreform nach langer Debatte politisch entschieden; perspektivisch gelöst, problem- und vor allem konfliktfrei gelöst sind sie in der Praxis des Gesundheitswesens damit ehrlicherweise noch nicht. Das wissen wir alle.

(Beifall)

Ich sage es ganz offen: Daher bin ich heute Morgen auch außerordentlich froh darüber, dass ich - bei aller Zuständigkeit und Verantwortlichkeit für alle Belange und Facetten der örtlichen Gemeinschaft hier in Münster - nicht fachlich zuständig und in entsprechender Erklärungspflicht bin für dieses große Mammutwerk der nach wie vor schwelenden Quo-vadis-Frage für das deutsche Gesundheitswesen. Diese Fragen waren, sind und bleiben Diskussions- und Konfliktstoff - da braucht man kein Prophet zu sein - für Sie, die Repräsentanten der deutschen Ärzteschaft, für die Träger der Sozial- und Gesundheitsversicherungssysteme und andererseits für die Politik auf Landes- und insbesondere auf Bundesebene. Daher beneide ich die Gesundheitspolitiker nicht, Frau Ministerin, Herr Minister.

Auch dazu dient der öffentliche Diskurs, den Sie heute, morgen und in den nächsten Tagen hier in Münster führen und mit dem Sie auch über die Medien die Gesellschaft weiterhin sensibilisieren wollen.

Meine Damen und Herren, jenseits des systembedingten Diskussionsschwerpunkts rund um die Fragen der Gesundheitsreform in Deutschland gibt es natürlich auch eine Reihe anderer Fragen, die eine hohe medizinische, aber auch gesellschaftliche Aktualität genießen und die Sie auch als Vertreter der deutschen Ärzteschaft - wie ich finde: zu Recht - nicht aussparen wollen: Fragen - und vor allem auch Grenzfragen - der medizinischen Ethik, der damit verbundenen Möglichkeiten und Grenzen ärztlicher Verantwortung, Fragen von Legalität und Legitimität bis hin auch zu den für die medizinische Forschung so wesentlichen Fragen etwa der Stammzellenforschung oder der Transplantationsmedizin.

Äußerst erfreulich ist aus meiner Sicht der von Ihnen in diesem Jahr besonders hervorgehobene Kongressschwerpunkt der Kindergesundheit in all ihren medizinischen, pflegerischen, sozialen und gesellschaftlichen, leider punktuell auch forensischen Dimensionen.

Meine Damen und Herren, für all diese Diskussionen, Debatten, Positionsbestimmungen und Einmischungen wünsche ich Ihnen eine gute und glückliche Hand. Ich wünsche Ihnen allen, dass der diesjährige 110. Deutsche Ärztetag hier in Münster ein Erfolg wird.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie gehört werden, und ich wünsche Ihnen und allen Verantwortlichen in der Politik, dass die objektiv vorhandenen Systemprobleme, Versorgungs- und Behandlungsnotwendigkeiten und die damit zunehmend deutlicher werdenden Finanzierungsgrenzen einer vernünftigen und vor allem nachhaltig wirkenden Lösung zugeführt werden.

Ich freue mich über Ihre Entscheidung, diesen Ärztetag hier in Münster durchzuführen. Ich hoffe, dass Sie trotz aller Debatten auch unsere schöne Stadt genießen können.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall)

(Musikalisches Intermezzo: Kiss from a Rose; Seal)

© Bundesärztekammer 2007