Dr. Berthold Tillmann, Oberbürgermeister der Stadt
Münster: Sehr verehrte Frau Ministerin Schmidt! Sehr geehrter Herr Minister
Laumann! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Sehr geehrter Herr Professor
Hoppe! Lieber Herr Dr. Windhorst! Verehrte Delegierte! Meine Damen und Herren
Gäste! Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie im Namen der Stadt Münster recht
herzlich zum 110. Deutschen Ärztetag hier in der Halle Münsterland. Was bleibt
mir nach Ihrem fulminanten Einführungsvortrag, Herr Dr. Windhorst, und nach Ihrem
sehr persönlichen gesundheitspolitischen und gesellschaftspolitischen Credo,
Herr Minister, noch zu sagen? - Nicht mehr viel. Deswegen mache ich es kurz.
Sie, Herr Dr. Windhorst, haben es schon gesagt: Dieser
traditionsreiche Kongress der deutschen Ärzte findet bereits zum vierten Mal
nach 1907, 1956 und 1982 hier bei uns in Münster statt. Das ist eine Ehre für
Münster, aber auch ein Ansporn für die Münsteraner, unsere Stadt in der Tat als
gute Gastgeberstadt zu präsentieren.
Münster bietet - viele von Ihnen wissen das sicherlich; wenn
nicht, sollten Sie mir das einfach glauben, meine Damen und Herren - wie kaum
eine andere Stadt hervorragende Rahmenbedingungen für die Ausrichtung des
Deutschen Ärztetages, wenn man Dichte, Konzentration, Profil und Qualität
medizinischer Einrichtungen und Angebote oder auch gesundheitsorientierter
Strukturen vor Ort zum Maßstab nimmt. So ist Münster beispielsweise Sitz des
nordrhein-westfälischen Krebsregisters, eines Brustzentrums, aber auch Sitz der
Ärztekammer und der Apothekerkammer Westfalen-Lippe. Münster ist eine Stadt, in
der sehr viele - und vor allem auch hoch angesehene - Allgemein- und Fachärzte
aller Disziplinen praktizieren, lehren oder forschen.
Münster ist Sitz einer der größten Universitätskliniken
Deutschlands sowie weiterer Fachkliniken, die die Gesundheitsversorgung eines
großen Teils der Bevölkerung der gesamten Region und darüber hinaus - von der
Nordsee bis nach Hessen - sicherstellen.
Nicht ohne Grund versteht sich Münster selbst darüber hinaus
auch als Gesundheitsstadt. Sie ist Sitz des deutschen Sekretariats des "Healthy
Cities-Netzwerkes". Sie hat sogar ein eigenes kommunales Gesundheitshaus, unter
dessen Dach Initiativen und Verbände aus dem gesamten Gesundheitsbereich
konzentriert sind, und sie versucht, insbesondere im Bereich Präventionsmedizin,
Wellness, Life Sciences nicht nur wissenschaftlich und gesundheitspolitisch,
sondern auch ökologisch und ökonomisch in der Umweltmedizin wie auch in der
Wirtschaftsförderung einen besonderen Schwerpunkt zu setzen. Nahezu alle
Münsteranerinnen und Münsteraner messen daher der gesamten Palette der
gesundheitsbezogenen Dienstleistungen in unserer Stadt eine besonders
profilbildende Bedeutung zu.
Der Gewinn des internationalen LivCom Awards 2004 als
"lebenswerteste Stadt der Welt" sei dabei nur am Rande erwähnt.
Meine Damen und Herren, soweit meine berufs- und
positionsbedingte, hoffentlich einigermaßen überzeugende - zumindest aber
marketingtaugliche - "Hommage" an die Stadt Münster als besonders profilierter
"Gesundheitsstandort".
Natürlich - wie sollte es auch anders sein, meine Damen und
Herren - ist Münster auf der anderen Seite keine "gesundheitspolitische Insel
der Seligen". Selbstverständlich - vielleicht auch gerade wegen der großen
Quantität und Qualität medizinischer Praxen, Einrichtungen und Dienste - war und
ist Münster auch besonders anfällig für alle gesundheitspolitischen
Schwankungen und Konsolidierungsversuche, bis hin zu dem auch bei uns
seismologisch registrierbaren "Erdbeben", das die "Richter-Skala" der
gesundheitspolitischen Konfliktlage rund um den Reizbegriff der
"Gesundheitsreform" auch hier vor Ort kräftig strapaziert hat.
Konkret gesprochen: Auch hier bei uns in Münster gab es die
bekannten reformbedingten Diskussionen, Demonstrationen und Aktionen der
Ärzteschaft und des medizinischen Personals. Auch hier bei uns in Münster gab
und gibt es nach wie vor die großen Sorgenfalten aller im Bereich von
Gesundheit arbeitenden und dienstleistenden Berufsgruppen rund um die Medizin
und ihre flankierenden Angebote. Auch bei uns in Münster gab und gibt es
weiterhin Fragen zum Niveau, zur Qualität und vor allen Dingen zu den Kosten
des Gesundheitswesens - und zwar sowohl auf der Patientenseite als auch
aufseiten der Ärzteschaft, bis hin zu den Dritten im Bunde, den Krankenkassen
und Versicherungen.
Einher gingen und gehen diese nach wie vor bestehenden
Irritationen mit parallelen, strukturellen Optionen unserer Krankenhäuser -
glücklicherweise haben wir kein kommunales Krankenhaus - bis hin vor allem zur
Frage der zukünftigen Rahmenbedingungen unserer so hoch renommierten und weit
ausstrahlenden Universitätskliniken. Auch - wie sollte es anders sein - unsere
eigenen kommunalen Leistungen etwa im Bereich Krankenkosten in der Sozialhilfe,
der Pflege oder der Seniorenpolitik bleiben und blieben davon nicht verschont.
Meine Damen und Herren, nun sind die wesentlichen Eckpunkte
der Gesundheitsreform nach langer Debatte politisch entschieden; perspektivisch
gelöst, problem- und vor allem konfliktfrei gelöst sind sie in der Praxis des
Gesundheitswesens damit ehrlicherweise noch nicht. Das wissen wir alle.
(Beifall)
Ich sage es ganz offen: Daher bin ich heute Morgen auch
außerordentlich froh darüber, dass ich - bei aller Zuständigkeit und
Verantwortlichkeit für alle Belange und Facetten der örtlichen Gemeinschaft
hier in Münster - nicht fachlich zuständig und in entsprechender
Erklärungspflicht bin für dieses große Mammutwerk der nach wie vor schwelenden
Quo-vadis-Frage für das deutsche Gesundheitswesen. Diese Fragen waren, sind und
bleiben Diskussions- und Konfliktstoff - da braucht man kein Prophet zu sein -
für Sie, die Repräsentanten der deutschen Ärzteschaft, für die Träger der
Sozial- und Gesundheitsversicherungssysteme und andererseits für die Politik
auf Landes- und insbesondere auf Bundesebene. Daher beneide ich die
Gesundheitspolitiker nicht, Frau Ministerin, Herr Minister.
Auch dazu dient der öffentliche Diskurs, den Sie heute, morgen
und in den nächsten Tagen hier in Münster führen und mit dem Sie auch über die
Medien die Gesellschaft weiterhin sensibilisieren wollen.
Meine Damen und Herren, jenseits des systembedingten
Diskussionsschwerpunkts rund um die Fragen der Gesundheitsreform in Deutschland
gibt es natürlich auch eine Reihe anderer Fragen, die eine hohe medizinische,
aber auch gesellschaftliche Aktualität genießen und die Sie auch als Vertreter
der deutschen Ärzteschaft - wie ich finde: zu Recht - nicht aussparen wollen:
Fragen - und vor allem auch Grenzfragen - der medizinischen Ethik, der damit
verbundenen Möglichkeiten und Grenzen ärztlicher Verantwortung, Fragen von
Legalität und Legitimität bis hin auch zu den für die medizinische Forschung so
wesentlichen Fragen etwa der Stammzellenforschung oder der Transplantationsmedizin.
Äußerst erfreulich ist aus meiner Sicht der von Ihnen in
diesem Jahr besonders hervorgehobene Kongressschwerpunkt der Kindergesundheit
in all ihren medizinischen, pflegerischen, sozialen und gesellschaftlichen,
leider punktuell auch forensischen Dimensionen.
Meine Damen und Herren, für all diese Diskussionen, Debatten,
Positionsbestimmungen und Einmischungen wünsche ich Ihnen eine gute und
glückliche Hand. Ich wünsche Ihnen allen, dass der diesjährige 110. Deutsche
Ärztetag hier in Münster ein Erfolg wird.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie gehört werden, und ich wünsche
Ihnen und allen Verantwortlichen in der Politik, dass die objektiv vorhandenen
Systemprobleme, Versorgungs- und Behandlungsnotwendigkeiten und die damit
zunehmend deutlicher werdenden Finanzierungsgrenzen einer vernünftigen und vor
allem nachhaltig wirkenden Lösung zugeführt werden.
Ich freue mich über Ihre Entscheidung, diesen Ärztetag hier in
Münster durchzuführen. Ich hoffe, dass Sie trotz aller Debatten auch unsere
schöne Stadt genießen können.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall)
(Musikalisches Intermezzo: Kiss from
a Rose; Seal)
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