TOP I: Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik

Dienstag, 15. Mai 2007, Nachmittagssitzung

Vizepräsidentin Dr. Goesmann: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Erstes wollte ich gerade darauf abheben, dass die Eröffnungsveranstaltung heute Morgen sehr wohl gezeigt hat, dass wir Ärztinnen und Ärzte unsere moralische Verantwortung, sich einzumischen und zu gesundheitspolitischen, aber auch zu humanitären Fragen Stellung zu nehmen, immer wieder wahrgenommen haben und wahrnehmen. Die gemeinsame Preisverleihung von KBV und Bundesärztekammer heute Morgen war dafür ein deutliches Signal. Wir haben bei diesem Ärztetag so viele Tagesordnungspunkte, die zeigen, dass wir uns einmischen und unserer Verantwortung gerecht werden. Es gilt, sich vonseiten der Ärztinnen und Ärzte in die Gesundheitspolitik, in humanitäre Fragen einzumischen. Das müssen wir laut tun, so wie es die Sänger in der Eröffnungsveranstaltung dargeboten haben: let's get loud.

Was ein bisschen neben den Tagesordnungspunkten wie Organtransplantation, Kindergesundheit und Versorgungsforschung zu kurz gekommen ist, was aber auch den Interessen unserer Patientinnen und Patienten dient und was wir unbedingt aufgreifen müssen, ist die Lage der Ärztinnen und Ärzte in Deutschland. Wir haben hier den Deutschen Ärztetag, keinen Patiententag und auch keinen Politikertag. Es geht auch um unsere ureigensten Belange.

(Beifall)

Es ist heute Morgen ein bisschen rübergekommen: Die Ärztinnen- bzw. Ärzteseele kocht, die Kolleginnen und Kollegen sind unzufrieden. Wir haben vom Vorstand der Bundesärztekammer aus schon sehr klar gesagt, was wir uns in den nächsten Monaten bis zum nächsten Ärztetag als Arbeitsprogramm vorgenommen haben. Dazu brauchen wir auf diesem Ärztetag von Ihnen konkrete Einfütterungen. Es liegen bereits einige Anträge vor, mit denen Sie uns konkret munitionieren, was die Arbeit des Vorstands im nächsten Jahr sein müsste.

Der Antrag I-2 betrifft die Elemente eines gesundheitspolitischen Programms der deutschen Ärzteschaft, das wir hier andiskutieren und skizzieren müssen, das der Vorstand anschließend ausarbeiten wird. Ich bitte Sie, diesen Antrag zu unterstützen. Da brauchen wir Ihre konkreten Anregungen.

Das wird aber nicht reichen. Wir müssen, wenn wir unsere eigene Lage in diesem Rahmen verbessern wollen, auf diesem Ärztetag verschiedene andere Dinge diskutieren. Für mich gehört dazu, dass wir in den nächsten Monaten sehr intensiv auswerten, was bei den ersten Projekten im Rahmen der Versorgungsforschung herausgekommen ist, gerade was den Physician Factor angeht. Es geht dabei auch um die Frage: Wie können wir auch auf diese Weise die Anliegen der Ärztinnen und Ärzte unterfüttern?

Ein zweites Thema, das bei diesem Ärztetag eine wichtige Rolle spielt - ich bitte Sie, sich auch da aktiv einzubringen und uns zu unterstützen -, betrifft die Tatsache, dass der Vorstand der Bundesärztekammer möglichst bis zum nächsten Ärztetag ein Konzept für eine gelungene Verbundweiterbildung für unseren ärztlichen Nachwuchs vorlegen soll. Auf diese Weise soll dem Nachwuchs die Weiterbildung erleichtert werden. Das betrifft nicht nur die Allgemeinmedizin, sondern auch alle anderen Fächer, wo es wichtig werden wird, dass auch Anteile der Weiterbildung in der ambulanten Versorgung absolviert werden können. Mein Petitum ist, auch diesbezüglich intensiv zu diskutieren.

Ein weiteres Thema, das mir immer sehr wichtig ist und das uns vom Vorstand aus die nächsten Monate beschäftigen wird - auch darüber sollten wir hier diskutieren -, betrifft die Frage: Was sind originäre ärztliche Aufgaben und Kompetenzen? Wo können wir uns abgrenzen, aber auch vernünftig kooperieren mit den anderen nicht medizinischen, nicht ärztlichen Heilberufen? Sie wissen, dass es den Auftrag der Bundesgesundheitsministerin gibt, sich Gedanken darüber zu machen, wie die verschiedenen Berufsgruppen im Gesundheitswesen gegeneinander abgegrenzt werden, welche Aufgaben wem zugeordnet sind.

Es steht immer so im Raum, wir Ärzte hätten Angst, dass uns etwas weggenommen wird. Ich möchte das andersherum diskutiert sehen. Ich möchte, dass wir in die Diskussion über die Frage eintreten: Was sind ärztliche Kernkompetenzen? Wo können wir etwas abgeben? Wo können wir auf Augenhöhe mit anderen Berufsgruppen sinnvoll kooperieren? Wo können wir dadurch Entlastung erfahren?

Ich bitte Sie, auch diese Diskussion in den nächsten Monaten zu führen und uns vonseiten der Landesärztekammern mit Anregungen zu versorgen. Wir warten also auf Ihre Vorschläge. Ich hoffe, dass wir hier in Münster einen sehr konstruktiven und angeregten, lauten Ärztetag haben werden, der sich einmischt. Die Eröffnungsveranstaltung hat dazu bereits beigetragen.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen Dank, Frau Dr. Goesmann. - Jetzt Herr Schwarzkopf-Steinhauser aus Bayern.

© Bundesärztekammer 2007