Dr. Schwarzkopf-Steinhauser, Bayern: Sehr
geehrter Herr Professor Hoppe! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst
einmal möchte ich mich bei unserem Präsidenten dafür bedanken, dass er in der
Eröffnungsveranstaltung in vielen Punkten sehr klargemacht hat, dass die
Solidarität im Gesundheitswesen ein sehr hohes Gut ist. Ich kann aber seinen
Schlussfolgerungen, wie dieses umzusetzen ist, nicht in allen Punkten
zustimmen. Wir haben nicht erst jetzt, sondern bereits seit Jahren eine extreme
Entsolidarisierung im Gesundheitswesen, insbesondere was die Belastung der
Patientinnen und Patienten, also der Kranken, angeht. Ich erinnere daran, dass
durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetz der große Brocken der Zuzahlungen
geschaffen wurde. Ich vermisse in der Diskussion einen Aufschrei der
Ärzteschaft hinsichtlich dieser Zuzahlungen.
Ich weiß nicht, ob sich diejenigen, die damals in Bremen dabei
waren, daran erinnern, dass ich im Zusammenhang mit der Diskussion über das GMG
den Antrag mit der ganz klaren und deutlichen Forderung gestellt habe, diese Zuzahlungen
zurückzunehmen. Ein Mitglied des Vorstands der Bundesärztekammer, nämlich Herr
Henke, hat damals den Antrag auf Nichtbefassung gestellt. Diesem Antrag ist
stattgegeben worden. Deswegen finde ich diese Diskussion um die Solidarität in
der Krankenversorgung ein bisschen hohl. Ich bitte darum, das noch einmal zu
überdenken. Das war auf einen Schlag die größte Belastung, die wir unseren
Patientinnen und Patienten in den letzten Jahren an Zuzahlungen zugemutet
haben.
Im GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz gibt es neue Elemente, die
in diese Richtung gehen. Die Einführung der Wahltarife bedeutet ganz klar eine
Entlastung der Gesunden und eine Belastung der Kranken. Das ist einfach so. Das
bedeutet eine weitere Entsolidarisierung. Das muss man auch beim Namen nennen.
Ein weiterer Punkt, zu dem ich mich mehrfach geäußert habe -
da hat die Bundesärztekammer ihre Meinung ja auch geändert, was auf dem
Sonderärztetag in Berlin noch nicht mehrheitsfähig war -, betrifft das Problem
der Selbstverschuldung, Stichwort: Piercing, Schönheitsoperationen usw. In der
Anhörung hat der Vorstand der Bundesärztekammer eine klare Position vertreten.
Dieses ist dann ja auch so verabschiedet worden. Wie ich den letzten Ausgaben
des "Deutschen Ärzteblatts" entnehmen konnte, wurden im Zusammenhang mit der
Selbstverschuldung weitere Diskussionen eröffnet. Soweit ich mich erinnern
kann, hat der Vorsitzende des Berufsverbands der Schönheits- und Plastischen
Chirurgen sich dahin gehend geäußert, dass man diese Regelung dann auch auf
weitere selbst verschuldete Krankheitsfaktoren wie Rauchen und Alkohol
ausdehnen müsse. Es war vollkommen klar, dass es eine solche Weiterung geben
würde.
Ich denke, es steht dem Deutschen Ärztetag gut an, sich klar
gegen solche Entwicklungen zu wenden. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass
diese Form von Zuzahlung unsolidarisch ist, Kranke belastet und zurückzunehmen
ist.
Ein Punkt, bei dem ich sicher in der Minderheit bin, betrifft
meine Einstellung zur PKV-Vollversicherung. Wir reden immer von einem
solidarisch finanzierten Gesundheitswesen und nehmen praktisch circa 10 Prozent
- in diesem Fall die reicheren Bürgerinnen und Bürger - aus dieser Solidarität
heraus. Das ist für mich nicht akzeptabel.
Herr Hoppe hat heute Morgen noch einmal betont, dass es für
die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung nicht ausreicht, nur die
Lohnabhängigen zur Kasse zu bitten. Wir brauchen ein Versicherungssystem, bei
dem alle Einkommen, nicht nur die Lohneinkommen, einbezogen sind. Für besondere
Leistungen, die ganz bestimmte Patienten haben wollen, kann man Zusatzversicherungen
einführen. Darüber sollen sie dann auch selber entscheiden.
Das halte ich für einen ganz wesentlichen Punkt, der auch
offen angesprochen werden muss.
Vielen Dank.
(Vereinzelt Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen
Dank, Herr Schwarzkopf-Steinhauser. - Von Herrn Dr. Hermann aus Bremen ist der
schriftliche Antrag auf Begrenzung der Redezeit auf drei Minuten eingegangen.
Möchte jemand dagegensprechen? - Formal. Wer ist für drei Minuten? - Wer ist
dagegen? - Das Erste war die deutliche Mehrheit. Damit ist die Redezeit auf
drei Minuten begrenzt.
Als nächster Redner bitte Herr Baumgärtner aus
Baden-Württemberg. Sie schaffen das in drei Minuten.
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