TOP I: Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik

Dienstag, 15. Mai 2007, Nachmittagssitzung

Dr. Pickerodt, Berlin: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine kurze Vorbemerkung dazu, was Frau Schmidt über die Ärzteverantwortung im NS-Staat gesagt hat und wofür sie gescholten wurde. Frau Schmidt hat sehr wohl gesagt, dass es in dieser Zeit Ärzte gab, die gegen das Regime waren und andere geschützt haben. Man kann sie nicht dafür schelten, dass sie dieses angeblich verschwiegen habe. Möglicherweise hat sie, wie Herr Hoppe richtigerweise gesagt hat, die Aufarbeitung dieses Problems nicht ganz korrekt dargestellt. Aber in diese Ecke kann man sie nicht stellen.

Zum Wettbewerbsstärkungsgesetz möchte ich ganz kurz zwei Aspekte erwähnen. Herr Hoppe hat gesagt, das Ganze führt zu einer Einheitsversicherung bzw. zur Bürgerversicherung. Das, was Herr Hoppe gesagt hat, unterscheidet sich ein wenig von dem gedruckten Text, der jetzt ausliegt. Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Laumann hat zu Recht ausgeführt, dass eine Finanzierung der Gesundheit nur über Sozialversicherungsbeiträge heutzutage nicht mehr möglich ist. Dies hat er sehr konsequent und, wie ich finde, vernünftig ausgeführt. Er kam dann aber merkwürdigerweise zu der Überzeugung, dass eine Kopfpauschale die richtige Antwort sei. Das sehe ich überhaupt nicht so, denn es ist genau das Wesen der Bürgerversicherung, dass auch andere Einnahmequellen herangezogen werden, um die Krankenversicherung zu finanzieren.

Die Wahltarife in der gesetzlichen Krankenversicherung sind - darauf hat Herr Schwarzkopf-Steinhauser bereits zu Recht hingewiesen - ein ganz großes Problem, weil durch sie Elemente der privaten Krankenversicherung in die gesetzliche Krankenversicherung eingeführt werden, die zu einer Entsolidarisierung führen. Die Gesunden werden von den Kranken subventioniert und nicht umgekehrt. Dieses halten wir für ein wirklich großes Problem.

Zum Stichwort Wettbewerb möchte ich gern etwas zum Krankenhaus sagen. Im Krankenhaus wäre ein Wettbewerb um die Qualität der Versorgung der Patienten überhaupt nichts Schlimmes. Dieser Wettbewerb findet aber nur ganz rudimentär statt. Derzeit gibt es einen Wettbewerb um die Kosten: Wir sollen mit möglichst wenig Personal in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Patienten behandeln. Vor allem im Pflegebereich ist die Zahl des Personals um 30 Prozent zurückgegangen. Die Verweildauer wird immer geringer. Die Fallzahlen sind um etwa 30 Prozent gestiegen. Darunter, liebe Kolleginnen und Kollegen, leiden Patienten, Beschäftigte und die Qualität.

Ich danke Ihnen.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Danke schön, Herr Pickerodt. - Der nächste Redner ist der Präsident der Ärztekammer Hamburg, Dr. Montgomery.

© Bundesärztekammer 2007