TOP I: Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik

Dienstag, 15. Mai 2007, Nachmittagssitzung

Dr. Burmeister, Niedersachsen: Herr Präsident! Sehr geehrte Versammlung! Ich konnte mich heute nicht mehr über die Frau Ministerin aufregen. Der einzige Unterschied zwischen der Frau Bundesministerin und einem Dachdecker besteht darin, dass der Dachdecker seinen Beruf erlernt hat; Politiker werden ernannt. Das ist die einzige Kaste in Deutschland, bei deren Ausbildung keine Qualitätssicherung stattfindet. Wir sollten nicht mehr länger darauf hoffen, dass uns die Politik eine Lösung unserer Probleme bietet.

Als relativ junger Delegierter bin ich etwas erstaunt, wie friedlich die Stimmung im Jahre 1 nach den großen Ärzteprotesten hier ist. Im letzten Jahr waren in Berlin über 30.000 Kolleginnen und Kollegen auf den Straßen; hier hat man den Eindruck, es handelt sich um eine Kleinaktionärsversammlung, auf der business as usual betrieben wird. Ich hoffe, dass dieser Ärztetag es schafft, ein Signal nach außen zu geben, dass wir Ärzte aus der Staatsmedizin herauswollen, dass wir aus der staatlichen Bevormundung herauswollen.

(Beifall)

Wenn Frau Schmidt von einer leuchtenden ärztlichen Zukunft spricht, kann ich darüber nur lachen. Das soll sie einmal denjenigen Kollegen erzählen, die auf der Fähre von Kiel nach Oslo sitzen und ihre Auswanderung nach Skandinavien beschlossen haben. Diese Kollegen haben die Nase voll von überbordender staatlicher Bevormundung. Sie möchten - dazu gehöre auch ich - als Arzt arbeiten. Ich möchte eine Pillenpackung verschreiben, ohne an den Preis zu denken. Ich möchte das verordnen, was der Patient benötigt. Ich möchte letztendlich auch, weil ich eine Familie zu ernähren habe, zu Beginn meiner Arbeit wissen, was ich für sie erhalte. Dann kann ich Qualität auch finanzieren, dann kann ich dazu beitragen, dass das Gesundheitssystem für die Patienten gut bleibt.

Unsere Körperschaften, die wir bezahlen, müssen sich langsam entscheiden: Sollen sie eine Ärztegewerkschaft sein oder sollen sie weiterhin politische Erfüllungsbehörden sein, die uns Ärzten vorschreiben, was wir zu tun und zu lassen haben? Ich erwähne hier nur den Begriff des arztindividuellen Regelleistungsvolumens. Das werden die Kollegen in der Niederlassung mitgeteilt bekommen und am 30. November 2008 wird ihnen gesagt, was sie verdienen dürfen. Wenn ich daran denke, habe ich nicht das Gefühl, dass ich in Deutschland als Arzt eine Zukunft habe, dass ich als Unternehmer meinen Angestellten, den von mir abhängigen Menschen, eine gute Zukunft bieten kann. Letztendlich kann ich unter solchen Voraussetzungen die Patienten nicht mehr versorgen.

Diese Erkenntnis sollten wir nach außen kommunizieren. Ich hoffe, dass dieser Ärztetag dazu beitragen kann.

Vielen Dank.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank. Wenn wir jetzt auf die Straße gingen, wären wir natürlich völlig anders. Aber jetzt sind wir hier der Ärztetag. Da geht es etwas gesitteter zu. Deswegen werden wir gute Beschlüsse fassen, mit denen wir anschließend auf die Straße gehen können, wenn wir das möchten. - Als nächster Redner Herr Kollege von Ascheraden aus Baden-Württemberg.

© Bundesärztekammer 2007