TOP II: Ethische Aspekte der Organ- und Gewebetransplantation

Mittwoch, 16. Mai 2007, Vormittagssitzung

Dr. Ebert-Englert, Niedersachsen: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In die ethischen Aspekte hat Herr Nagel hervorragend eingeleitet. Wir müssen dem materialistischen Welt- und Menschenbild entgegenwirken. Aber die Ausführenden sind ja Ärztinnen und Ärzte. Ich möchte Ihr Augenmerk auf die Lebendspendekommissionen richten. Wussten Sie, dass Deutschland weltweit das einzige Land ist, das gesetzlich Lebendspendekommissionen vorschreibt? Hier kann die Welt einmal von Deutschland etwas lernen.

Diese Kommissionen sollen gutachtlich zur Freiwilligkeit der Spende und zum Ausschluss von Organhandel Stellung nehmen. Generell kommen in Deutschland nur nahe Verwandte oder Personen, die dem Empfänger in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen, als Organspender in Betracht. Jede Kommission besteht aus mindestens einem Arzt, einer Person mit der Befähigung zum Richteramt und einer in psychologischen Fragen erfahrenen Person. Es gibt eine Untersuchung von Sievers und Neitzke von der Medizinischen Hochschule Hannover, in der Struktur und Arbeitsweise der Lebendspendekommissionen untersucht werden. Da gibt es noch sehr viele Mängel. Beispielsweise meinen nur 60 Prozent der Lebendspendekommissionen in der Bundesrepublik, dass sie diese Freiwilligkeit richtig einschätzen können. Es gibt eine große Heterogenität, es fehlt an der Einheitlichkeit der Kriterien und Leitlinien.

Die Studie zeigt auf, dass in Deutschland die Arbeit der Lebendspendekommissionen zum Teil erheblich voneinander abweicht. Durch das Transplantationsgesetz sollte gerade diese juristische und ethische Unsicherheit verringert werden.

Wir meinen daher, dass es bei den Lebendspendekommissionen eine Vernetzung untereinander geben sollte, damit einheitliche Begutachtungskriterien für Anträge auf eine Lebendspende erarbeitet werden können: Welche Dokumente sind dem Antrag beizufügen? Ab wann ist die Bevorzugung eines Spenders als Organhandel zu werten?

Dadurch könnte die Glaubwürdigkeit des Transplantationsgesetzes gefördert und das Vertrauen in die Transplantationsmedizin allgemein gestärkt werden.

Ich fordere daher die Bundesärztekammer auf, Qualitätskriterien und Leitlinien für die Lebendspendekommissionen zu erarbeiten.

Danke.

(Beifall)

Vizepräsident Dr. Crusius: Vielen Dank, Frau Collega Ebert-Englert. - Als nächste Rednerin hat Frau Dr. Ulrike Wahl als Mitglied des Vorstands der Bundesärztekammer und Präsidentin der Ärztekammer Baden-Württemberg das Wort. Bitte, liebe Ulrike.

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