Dr. Ebert-Englert, Niedersachsen: Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! In die ethischen Aspekte hat Herr Nagel hervorragend
eingeleitet. Wir müssen dem materialistischen Welt- und Menschenbild
entgegenwirken. Aber die Ausführenden sind ja Ärztinnen und Ärzte. Ich möchte
Ihr Augenmerk auf die Lebendspendekommissionen richten. Wussten Sie, dass
Deutschland weltweit das einzige Land ist, das gesetzlich
Lebendspendekommissionen vorschreibt? Hier kann die Welt einmal von Deutschland
etwas lernen.
Diese Kommissionen sollen gutachtlich zur Freiwilligkeit der
Spende und zum Ausschluss von Organhandel Stellung nehmen. Generell kommen in
Deutschland nur nahe Verwandte oder Personen, die dem Empfänger in besonderer
persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen, als Organspender in Betracht.
Jede Kommission besteht aus mindestens einem Arzt, einer Person mit der
Befähigung zum Richteramt und einer in psychologischen Fragen erfahrenen
Person. Es gibt eine Untersuchung von Sievers und Neitzke von der Medizinischen
Hochschule Hannover, in der Struktur und Arbeitsweise der Lebendspendekommissionen
untersucht werden. Da gibt es noch sehr viele Mängel. Beispielsweise meinen nur
60 Prozent der Lebendspendekommissionen in der Bundesrepublik, dass sie diese
Freiwilligkeit richtig einschätzen können. Es gibt eine große Heterogenität, es
fehlt an der Einheitlichkeit der Kriterien und Leitlinien.
Die Studie zeigt auf, dass in Deutschland die Arbeit der
Lebendspendekommissionen zum Teil erheblich voneinander abweicht. Durch das
Transplantationsgesetz sollte gerade diese juristische und ethische
Unsicherheit verringert werden.
Wir meinen daher, dass es bei den Lebendspendekommissionen
eine Vernetzung untereinander geben sollte, damit einheitliche
Begutachtungskriterien für Anträge auf eine Lebendspende erarbeitet werden
können: Welche Dokumente sind dem Antrag beizufügen? Ab wann ist die
Bevorzugung eines Spenders als Organhandel zu werten?
Dadurch könnte die Glaubwürdigkeit des
Transplantationsgesetzes gefördert und das Vertrauen in die
Transplantationsmedizin allgemein gestärkt werden.
Ich fordere daher die Bundesärztekammer auf,
Qualitätskriterien und Leitlinien für die Lebendspendekommissionen zu erarbeiten.
Danke.
(Beifall)
Vizepräsident Dr. Crusius: Vielen Dank, Frau
Collega Ebert-Englert. - Als nächste Rednerin hat Frau Dr. Ulrike Wahl als
Mitglied des Vorstands der Bundesärztekammer und Präsidentin der Ärztekammer
Baden-Württemberg das Wort. Bitte, liebe Ulrike.
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