TOP II: Ethische Aspekte der Organ- und Gewebetransplantation

Mittwoch, 16. Mai 2007, Vormittagssitzung

Dr. Schaaf, Bayern: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde die fünf Minuten nicht ausnutzen. Das heißt aber nicht, dass mir das Thema nicht am Herzen liegt.

Wir haben gehört: 55 Prozent der Kliniken melden nicht stringent potenzielle Spender. Da besteht Organisationsbedarf. Das tun wir gern; Organisation ist eine deutsche Tugend. Das ermöglicht uns auch, um das Hauptproblem herumzuschiffen: Von zehn Befragten möchten neun im Bedarfsfall ein Organ, aber nur zwei sind bereit, sich an der Spende zu beteiligen. Noch weniger dokumentieren dies in einem Organspendeausweis. Solange wir uns als altruistische oder solidarische Gesellschaft begreifen, liegt hier das ethische Problem. Der Nationale Ethikrat hat dem Rechnung getragen, indem er beispielsweise einen Bonus auf der Warteliste für Spendenbereite vorgeschlagen hat. Für Kenner der Materie ist das ein zaghafter Versuch, die Klublösung zumindest in Teilen zu reanimieren. Herr Lilie konnte diesen Vorschlag aus rein rechtlicher Sicht nicht stützen. Ich meine aber, aus ethischer Sicht sollten wir ihn gleichwohl gutheißen.

Ich bin seit über 20 Jahren Intensivmediziner. Ich gehöre zu den anderen 45 Prozent: Wir melden stringent.

Ich sehe, dass die Ablehnungsquote bei den Angehörigen zunimmt. Immer mehr Angehörige sehen sich nicht in der Lage, einer Transplantation zuzustimmen. Das hat vielfältige Gründe.

Neben allen organisatorischen Maßnahmen müssen wir dem Trend hin zur Organakzeptanz und weg von der Spendenbereitschaft - alle Rechte, aber bitte keine Pflichten - entgegenwirken. Ich meine, da ist der Ethikrat auf einem sehr guten Weg.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall)

Vizepräsident Dr. Crusius: Vielen Dank, Herr Schaaf. - Jetzt Dr. von Ascheraden aus Baden-Württemberg.

© Bundesärztekammer 2007