Prof. Dr. Kunze, Bayern: Herr Präsident! Lieber
Vorstand! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zunächst einmal
meinen herzlichen Dank an die Referenten aussprechen, an allererster Stelle an
Rudolf Henke, der - wie immer - mit seiner parlamentarischen Erfahrung in
hervorragender Weise den Finger in die Wunde gelegt hat, um was es bei der
Kindergesundheit in Deutschland geht. Ich danke ihm an dieser Stelle ganz
herzlich. Das war ein hervorragendes Referat mit einer hervorragenden
Zusammenfassung hinsichtlich der Frage, wo das Problem liegt.
(Beifall)
Ich danke Herrn Kollegen Niethammer, dem Generalsekretär der
Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin e. V. Er hat die Sorgen und
Probleme der Kinderärzte im Detail dargestellt und damit die beste Basis für
eine Diskussion gelegt, die wir jetzt führen müssen.
Ich danke vor allen Dingen Herrn Kollegen Schulte-Markwort,
der die Aufgabe aller ärztlichen Berufsgruppen betont hat, an dieser Thematik
mitzuwirken. Ich glaube, das konnte niemand besser ausdrücken als er als
Kinder- und Jugendpsychiater. Deshalb an dieser Stelle einen herzlichen Dank,
Herr Professor Dr. Schulte-Markwort.
(Beifall)
Damit bin ich mit meinen Dankesworten am Ende.
Tut mir leid, dass ich an dem Referat von Frau Goesmann,
unserer Vizepräsidentin, erhebliche Kritik anzumelden habe. Sie hat mich mit
ihrem Referat wirklich enttäuscht - das muss ich ganz klar sagen -, und zwar
deswegen, weil ich mir von der Vizepräsidentin der deutschen Ärzteschaft etwas
anderes erwartet hatte, als dass sie in langen und weiten Teilen ihres Referats
betont, dass es hier konkurrierende Situationen in der Ärzteschaft gibt.
(Zurufe)
Ich dachte, darüber sind wir längst hinaus. Ich zitiere Frau
Kollegin Goesmann: Dass Kinder und Jugendliche in der hausärztlichen Praxis
versorgt werden, ist eine der elementaren Aufgaben des Hausarztes in seiner
familienmedizinischen Funktion.
(Beifall)
Hausärzte betreuen die Kinder in ihrem sozialen Umfeld.
(Beifall)
Dann frage ich mich: In welchem Umfeld betreuen denn Kinder-
und Jugendärzte ihre Kinder?
(Zurufe)
Ich habe bei Frau Kollegin Goesmann die übereinstimmende
Aufgabe vermisst. Es kam immer die Konkurrenzsituation heraus. Das haben wir in
der Diskussion um unsere Weiterbildungsordnung eigentlich längst hinter uns
gebracht. Ich habe auf mehreren Bayerischen Ärztetagen und auch auf Deutschen
Ärztetagen immer betont: Der Hausarzt für die Kinder und Jugendlichen ist der
Kinder- und Jugendarzt. Dabei muss es bleiben, liebe Kolleginnen und Kollegen!
(Beifall - Widerspruch)
Der Kinder- und Jugendarzt gilt deswegen im Sinne des SGB V
zur Gruppe derjenigen Ärzte, die die hausärztliche Versorgung durchführen.
Danach ist der Kinder- und Jugendarzt derjenige, der die hausärztliche und
fachärztliche Versorgung durchzuführen hat.
Das von Frau Goesmann geforderte Konzept der
Gesundheitsvorsorge durch den öffentlichen Gesundheitsdienst ist richtig. Aber
gleich wird an zweiter Stelle der Hausarzt heraufbeschworen. Die Kinder- und
Jugendärzte haben hier auch an erster Stelle mitzureden. Das ist in keiner
Weise erwähnt worden. Es gibt so viele Möglichkeiten der aufsuchenden
Gesundheitsvorsorge, bei der Kinder- und Jugendärzte primärpräventiv tätig
werden. Das ist eine originäre Aufgabe des Kinder- und Jugendarztes. Er geht in
die Kindertagesstätten, in die Schulen, in die Betreuungsstätten. Das tun nicht
die Hausärzte. Diese Konkurrenzsituation in der Diskussion um eine bessere
Kindergesundheit ist nicht gewünscht.
(Beifall - Widerspruch)
- Sie merken: Manche hören nicht so gern Kritik.
Wenn unsere Vizepräsidentin in diesem Zusammenhang in ihrem
Referat ausdrücklich von Praktikern, Hausärzten und Allgemeinärzten spricht,
muss ich darauf hinweisen: Das sind Auslaufmodelle. Wir kennen doch in der
hausärztlichen Versorgung den Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin, wir
kennen die hausärztlichen Internisten, die dieses tun. Aber der Allgemeinarzt
alter Prägung ist ein Auslaufmodell. Ich hätte mir diese Diskussion nicht mehr
gewünscht.
Lassen Sie mich zu einem anderen Thema kommen, vielleicht
etwas sachlicher. Folgendes ist mir in dem Vorstandsantrag etwas zu kurz
gekommen.
(Zurufe)
- Vielleicht können sich die Gemüter etwas beruhigen.
Eines der wichtigsten Themen, die wir im Augenblick in
Deutschland diskutieren, ist die Prävention hinsichtlich der Adipositas. Herr
Henke hat in seinem Referat Zahlen dazu genannt. Ich möchte Ihnen vor Augen
führen, welche Problematik wir hier sehen. Ich spreche in diesem Zusammenhang
zum Antrag 19. Die Situation, die wir in Deutschland hinsichtlich der
Prävention haben, ist leider wieder einmal eine sehr konkurrierende. Zwei
Bundesministerien haben sich jahrelang über die Frage gestritten, wer für die
Prävention zuständig ist. Gott sei Dank ist es in der letzten Woche im
Deutschen Bundestag gelungen, dass sich unter dem Dach der Bundesregierung
beide Bundesministerien zur Prävention hinsichtlich der Adipositas geäußert
haben. Beide Ministerien haben einen gemeinsamen nationalen Aktionsplan
"Ernährung und Bewegung" auf den Weg gebracht. Das ist sehr verdienstvoll. Der
Deutsche Ärztetag sollte sich über den Antrag 19 positiv dazu äußern.
Damit ist es aber noch nicht getan. Unsere Nachbarländer sind
im Kampf gegen Übergewicht und Adipositas wesentlich weiter. Wir müssen die
Umsetzung konkreter Maßnahmen fordern. Hier geht es um ein Problem, das unsere
Bevölkerung noch nicht erkannt hat. Vor unseren Augen wächst in Deutschland
eine Generation heran, die - lassen Sie es mich so plump sagen - übergewichtig
und adipös ist, und zwar aufgrund ihrer Lebensgewohnheiten. Es stellen sich
Folgeerkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2, Gefäßschäden usw. ein. Diese
Menschen sind mit 60 Jahren schwerhörig und werden noch vor ihren Eltern
sterben. Das ist ein gesundheitspolitisches Problem. Ich sage immer: Die Adipositas
ist kein ernährungsphysiologisches Problem, sondern ein Problem der
Gesamtgesellschaft. Vom Deutschen Ärztetag muss die Forderung ausgehen,
konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um diesem Problem zu begegnen.
Ich möchte den Vorstandsantrag unterstützen, der mir in sehr
vielen Passagen sehr gut gefällt. Die anderen Anträge, die vorliegen, betreffen
jeweils andere Probleme. Ich bitte Sie herzlich, dass wir hier auf dem
Deutschen Ärztetag durch die Annahme dieser Anträge ein Zeichen für die
Umsetzung präventiver Maßnahmen im Sinne unserer Kinder und Jugendlichen in
Deutschland setzen.
Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben.
(Beifall - Zurufe)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank,
Herr Kunze. - Eine Bemerkung zum Antrag 19. Die Bundesministerien für
Gesundheit und für Ernährung sind Teile der Bundesregierung. Deshalb muss
entweder von der Bundesregierung die Rede sein oder es müssen beide Ministerien
aufgeführt sein; die Addition von "Bundesministerien" und "Bundesregierung" ist
nicht korrekt.
Ich denke, wir werden jetzt keine Weiterbildungsdebatte mehr
führen, denn wir sind beim Thema Kinder- und Jugendgesundheit, nicht bei der
Novellierung der Weiterbildungsordnung.
(Beifall)
Es ist der Antrag gestellt worden, die Redezeit auf drei
Minuten zu begrenzen. Ich frage, ob jemand dagegensprechen möchte.
(Zuruf)
- Fünf Minuten?
(Zurufe)
- Nein, drei Minuten. Wir stimmen zunächst über drei Minuten
ab. Wer möchte die Redezeit auf drei Minuten begrenzen? - Viele. Wer möchte das
nicht? - Weniger. Wer enthält sich? - Dann ist die Begrenzung der Redezeit auf
drei Minuten beschlossen.
Es tut mir leid, aber als erste Rednerin betrifft es Gräfin
Vitzthum. Wir kennen das ja bereits von gestern.
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