TOP III: Kindergesundheit in Deutschland

Mittwoch, 16. Mai 2007, Nachmittagssitzung

Zimmeck, Hessen: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Während meiner Arbeit in der Kinder- und Jugendpsychiatrie habe ich einen Fall erlebt, der mich sehr bewegt hat. Eine Mutter kam mit ihrem vierjährigen Kind zur Aufnahme und stellte sich in der Station mit den Worten vor: Bitte nehmen Sie mir das Kind ab, sonst schlage ich es tot! Wir waren alle sehr entsetzt. Als wir das Kind aufgenommen hatten, stellte sich heraus, was passiert war. Die Mutter war alleinerziehend. Sie hatte drei Jobs: morgens von 3 bis 7 Uhr einen Putzjob. Als sie nach Hause kam, saß das Kind neben der Toilette, in die es einen Hundertmarkschein geschmissen hatte. Als die Mutter kam, hat es die Spülung betätigt.

Wir leben in einer Zeit, in der Mütter, die ihre Kinder allein erziehen, in eine Ecke gedrängt werden, die völlig unerträglich ist. Die Politiker, die Familienpolitik betrieben haben, haben letztendlich diese Situation zu vertreten. Genau diese Politiker stellen sich heute als Retter in der Not hin, die den Kindern helfen wollen.

Meine Damen und Herren, ich habe große Zweifel an der Kompetenz dieser Politiker. Ich denke, es ist unsere Aufgabe als Ärzte, den Menschen, die zu uns kommen, zu helfen. Ich halte es für gut, dass Präventions- und Fürsorgeuntersuchungen durchgeführt werden. Ich halte es aber für sehr problematisch, wenn wir zu Handwerkern des Staates gemacht werden und Kinder zur Untersuchung vorgeführt bekommen. Ich denke, wir müssen sehen, dass wir als Ärztinnen und Ärzte dafür verantwortlich sind, den Patientinnen und Patienten zu helfen.

Ich möchte noch eine Bemerkung zum gestrigen Tag machen. Gestern hat Ulla Schmidt uns Ärzte ganz nah an den Schoß des Nationalsozialismus gezogen. Dieses Verhalten hat mich tief gekränkt. Ich halte es für eine bodenlose Unverschämtheit!

(Beifall)

- Für diesen Applaus danke ich Ihnen. Betrübt hat mich, dass nach einer solchen Rede der Ministerin auch Teilnehmer aus dem Auditorium Beifall geklatscht haben. Das würde ich mir beim nächsten Mal anders wünschen.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank für Ihren Beitrag. Sie haben sicherlich manchem aus der Seele gesprochen. - Jetzt bitte Herr Kollege Su­deck aus Hamburg.

© Bundesärztekammer 2007