TOP IV: (Muster-)Weiterbildungsordnung

Donnerstag, 17. Mai 2007, Nachmittagssitzung

Dr. Koch, Referent: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unter dem Tagesordnungspunkt (Muster-)Weiterbildungsordnung haben wir heute drei Einzelpunkte zu besprechen. Dazu gehört zum einen der Sachstandsbericht. Sie haben ja beschlossen, dass auf jedem Ärztetag von den Weiterbildungsgremien ein Sachstandsbericht abgeliefert werden muss. Das werde ich heute tun. Der zweite Punkt, über den ich berichten werde, betrifft die Auswirkungen der Richtlinie 2005/36/EG auf weiterbildungsrechtliche Regelungen. Der dritte Punkt bezieht sich auf die EU-Kompatibilität "Innere Medizin und Allgemeinmedizin".

Beginnen wir mit dem Sachstandsbericht. Ich möchte kurz auf die Umsetzung der (Muster-) Weiterbildungsordnung in den einzelnen Landesärztekammern zu sprechen kommen. Sie wissen, dass im Jahr 2006 alle Landesärztekammern die neue Weiterbildungsordnung beschlossen haben und dass sie nach Genehmigung durch die Aufsichtsbehörden im Jahr 2006 überall in Kraft getreten ist. Ich darf Ihnen hier die Freude der Weiterbildungsgremien darüber übermitteln, dass innerhalb so kurzer Zeit eine neue Weiterbildungsordnung in allen Landesärztekammern umgesetzt werden konnte. Wir haben unseres Wissens hierbei die kürzeste Zeitspanne zwischen Genehmigung der (Muster-)Weiter­bildungsordnung und der Umsetzung in den Landesärztekammern überhaupt. Dafür möchte ich auch an dieser Stelle allen, die in den Kammern daran mitgewirkt haben, ganz herzlich danken.

(Beifall)

Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft überwiesene Beschlüsse und Aufträge der letzten Ärztetage an den Vorstand der Bundesärztekammer und damit an die Weiterbildungsgremien. Ich möchte hier kurz zu einzelnen Punkten Stellung nehmen.

Ich komme zunächst auf die PPP-Fächer zu sprechen. Meine Damen und Herren, der Deutsche Ärztetag 2006 in Magdeburg hat unter dem Tagesordnungspunkt "Behandlung von Menschen mit psychischen und psychosomatischen Erkrankungen: Gegen Stigmatisierung - Für Stärkung der ärztlichen Psychotherapie" eine größere Zahl von Anträgen an den Vorstand der Bundesärztekammer überwiesen. In den Weiterbildungsgremien - das sind der Ausschuss "Ärztliche Weiterbildung" und die Ständige Konferenz "Ärztliche Weiterbildung" - wurden diese Anträge ausgiebig diskutiert und beraten. Sie wurden mit den psychotherapeutischen Organisationen besprochen, sie wurden mit den Fachvertretern besprochen, sie wurden mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung besprochen und auch abgestimmt.

Die Beschlüsse hierzu finden Sie im Tätigkeitsbericht 2006 der Bundesärztekammer.

Das am häufigsten genannte Anliegen war eine Änderung der Zusatzweiterbildung Psychotherapie fachgebunden. Diese Änderung hat der Vorstand der Bundesärztekammer im April beschlossen und sie den Landesärztekammern zur Übernahme empfohlen. Es geht im Wesentlichen darum, dass die Kollegen mit der Zusatzbezeichnung Psychotherapie fachgebunden im kassenärztlichen Bereich die volle Abrechnungsmöglichkeit haben.

Der nächste Punkt betrifft die Plastischen Operationen. Sie erinnern sich, dass darüber diskutiert wurde, die Zusatzbezeichnung Plastische Operationen in die Bezeichnung Plastische und Ästhetische Operationen umzuwandeln. Diese Bezeichnung "Plastische Operationen" war bisher nur der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und der Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie zugeordnet.

Wir haben viele Gespräche geführt, aber die Begehrlichkeiten, diese Bezeichnung auch für weitere Gebiete zu öffnen, sind zunehmend verstärkt artikuliert worden, so auch durch Beschlüsse des Ärztetages 2005. Wir haben, wie gesagt, viele Gespräche und Diskussionen geführt, und wir haben in der Bundesärztekammer in Berlin auch mehrere Verbändeanhörungen zu diesem Thema durchgeführt. Zuletzt fand eine erneute Anhörung der betroffenen Fachgesellschaften und Berufsverbände im November 2006 in Berlin statt.

Aber auch diese Besprechung blieb erfolglos und brachte keine neuen Erkenntnisse. Vor allem die Abgrenzung des Gebiets Haut- und Geschlechtskrankheiten konnte unter Qualitätssicherungs- und Weiterbildungsaspekten zur Facharztkompetenz Plastische Chirurgie nach Meinung der Gremien nicht befriedigend dargestellt werden.

Dieser Sachverhalt wurde auch in der Ständigen Konferenz "Ärztliche Weiterbildung" im Dezember 2006 und im Vorstand der Bundesärztekammer im Januar 2007 nochmals ausführlich beraten. Beide Gremien haben nach diesen Beratungen empfohlen, die Thematik erst nach Lösung der Schwierigkeiten in und mit der Dermatologie gegebenenfalls erneut aufzugreifen; denn nicht nur die Dermatologie ist von dieser Fragestellung betroffen, sondern betroffen sind auch die Gebiete der Augenheilkunde sowie der Frauenheilkunde und der Geburtshilfe. Das heißt, die Gremien warten jetzt auf neue Impulse, vor allem aus der Dermatologie, und werden sich dann gegebenenfalls nochmals mit der Problematik auseinandersetzen.

Ein weiteres Problem, das auf den Ärztetagen 2004 und 2005 diskutiert wurde und wozu es auch Anträge gab, war die Gestaltung der Zusatzweiterbildung Magnetresonanztomographie fachgebunden. Die Weiterbildungsgremien der Bundesärztekammer haben in einer Reihe von Gesprächen in den Jahren 2004 bis 2006, also in einer Zeitspanne von zweieinhalb Jahren, zwischen den Radiologen und den interessierten Vertretern der anderen Fachgebiete moderiert. Hier gibt es ein Ergebnis. Es konnten die zahlenmäßigen Anforderungen in den (Muster-) Richtlinien für die fachgebundene Erbringung der Magnetresonanztomographie, das heißt in der Kardiologie sowie in der Orthopädie und der Unfallchirurgie, festgelegt werden. Auch dies wurde vom Vorstand der Bundesärztekammer beschlossen und den Landesärztekammern zur Umsetzung empfohlen.

Ein weiterer Punkt waren die (Muster-) Richtlinien für die Zusatzweiterbildung Betriebsmedizin. Sie wissen, dass wir auf dem Deutschen Ärztetag 2004 im Nachgang zu den Beschlüssen von 2003 doch nochmals beschlossen hatten, die Zusatzweiterbildung Betriebsmedizin in der (Muster-) Weiterbildungsordnung beizubehalten. Die entsprechenden Richtzahlen und die (Muster-) Richtlinien wurden im Verlauf des Jahres 2006 erarbeitet. Sie konnten Anfang 2007 im Vorstand der Bundesärztekammer beschlossen und den Landesärztekammern zur Übernahme empfohlen werden. Ein weiterer Punkt, der sich aus verschiedenen Kursen ergab, die in der Weiterbildungsordnung vorgesehen sind, war die Erstellung von Kursbüchern. Ich halte es deswegen für ganz wichtig, dass wir solche (Muster-) Kursbücher, die die Kammern übernehmen können, fertiggestellt haben, damit jemand seine Weiterbildung, die er in dem einen Kammerbereich begonnen hat, ohne Schwierigkeiten in einem anderen Kammerbereich fortsetzen kann.

Unter diesem Motto der Bundeseinheitlichkeit wurden folgende (Muster-) Kursbücher erstellt: Rehabilitationswesen - im Mai 2006 fertiggestellt -, Sozialmedizin - ebenfalls im Mai 2006 fertiggestellt - und Arbeitsmedizin/Betriebsmedizin - vor wenigen Wochen, nämlich im April 2007, fertiggestellt.

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass zuvor bereits (Muster-) Kursbücher für Notfallmedizin, für Akupunktur, für Homöopathie, für Naturheilverfahren und Manuelle Medizin/Chirotherapie verabschiedet worden sind.

Der letzte Punkt, der sich aus der (Muster-)Weiterbildungsordnung ergibt, war die Erarbeitung von (Muster-) Logbüchern. Wir haben am Beispiel der Facharztweiterbildung Allgemeine Chirurgie ein (Muster-) Logbuch zur bundeseinheitlichen Umsetzung in den Landesärztekammern entworfen und in der Ständigen Konferenz "Ärztliche Weiterbildung" ausführlich diskutiert. Im Anschluss daran konnten im Laufe des Jahres 2006 für alle Weiterbildungsgänge der (Muster-) Weiterbildungsordnung die entsprechenden Logbücher erstellt werden. Es sind etwa 110. Mein Dank gilt vor allem den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Bundesärztekammer, die diese Fleißaufgabe auf sich genommen haben. Dafür herzlichen Dank.

(Beifall)

Nach unserer Kenntnis haben inzwischen alle Landesärztekammern diese Logbücher übernommen.

Ich kann Ihnen mitteilen, dass sich zunehmend auch die Fachgesellschaften bei der Erstellung eigener Konzepte auf diese Vorlagen der Bundesärztekammer beziehen und diese in ihre Konzepte mit einbeziehen. Die Logbücher werden darüber hinaus auch von einzelnen Klinikabteilungen zur Herstellung strukturierter Weiterbildungsabläufe nachgefragt und dort auch verwendet.

So viel zum Sachstandsbericht. Der zweite Punkt, über den ich kurz berichten möchte, betrifft die Umsetzung von Richtlinien, die die Europäische Kommission auf den Weg gebracht hat. Das Europäische Parlament und der Rat haben am 7. September 2005, also vor anderthalb Jahren, die Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen - so heißt sie - beschlossen. Diese Richtlinie trat im Oktober 2006 in Kraft. Sie ist, meine Damen und Herren, zwingend bis zum Oktober 2007 in nationales Recht umzusetzen.

Diese Richtlinie ersetzt eine Vielzahl von bisherigen Berufsanerkennungsrichtlinien, so auch die für uns Ärzte wichtige Richtlinie 93/16/EWG aus dem Jahre 1993. Durch diese neue Richtlinie sind fristgerechte Änderungen der Bundesärzteordnung, der Heilberufe- und Kammergesetze der Länder und der Weiterbildungsordnungen erforderlich. Es muss also bis zum Oktober dieses Jahres auf verschiedenen Ebenen gehandelt werden.

Es geht in dieser Richtlinie ganz besonders darum, dass in den deutschen Regelungswerken die sogenannten richtigen Bezüge aufgeführt sind. Ebenso müssen die Vorgaben der EU zur Anerkennung der beruflichen Qualifikationen, die in den anderen Mitgliedstaaten erworben wurden, in nationales Recht umgesetzt werden.

Die Weiterbildungsgremien der Bundesärztekammer haben sich deshalb mit den weiterbildungsrechtlichen Fragen dieser Richtlinie befasst. Meine Damen und Herren, ich will nicht verhehlen, dass dieser Punkt weitgehend formaljuristischen Charakter hat und wir relativ wenig, um nicht zu sagen: gar keine Möglichkeit haben, an den formulierten juristischen Texten irgendetwas zu ändern, ohne in Konflikte mit dieser Richtlinie 2005/36/EG zu geraten.

Sie haben dazu einen Antrag vorliegen. Bei den vorgelegten Textvorschlägen wurde genau darauf geachtet, dass die Systematik des bisherigen Paragrafenteils der (Muster-)Weiterbildungsordnung erhalten bleibt. Darüber hinaus wurden formale Anpassungen vorgenommen sowie die Anpassung an die Sprachregelungen der Berufsanerkennungsrichtlinie, eben dieser Richtlinie 2005/36/EG.

Wir haben versucht, soweit es bei juristischen Texten möglich ist, allgemeinverständliche Formulierungen zu finden.

Eine der wesentlichen Änderungen ist die Festschreibung des Verfahrens zur Anerkennung der Berufsqualifikationen und der Fristen. Diese neuen Bestimmungen der Richtlinie 2005/36/EG müssen zwingend neu in die Weiterbildungsordnungen aufgenommen werden, da die Verfahren und Fristen dort bisher nicht in dieser Weise geregelt sind.

Die vom Ausschuss und der Ständigen Konferenz "Ärztliche Weiterbildung" vorgelegten Änderungen, die dort ausführlich beraten wurden, wurden vom Vorstand der Bundesärztekammer befürwortet. Sie liegen Ihnen heute zur Beschlussfassung vor. Sie finden in der Anlage zum Antrag IV-3 diejenigen Änderungen, in fetter Schrift hervorgehoben, die jetzt neu in die (Muster-) Weiterbildungsordnung aufgenommen werden sollen.

Ich darf mich an dieser Stelle ganz herzlich bei der Rechtsabteilung, insbesondere Frau Dr. Hübner, bedanken, die in unendlicher Arbeit in Zusammenarbeit und in Absprache mit den juristischen Abteilungen der Landesärztekammern diese Arbeit erledigt hat. Dafür unser herzlicher Dank.

(Beifall)

Meine Damen und Herren, sollten Sie Fragen zu diesen juristischen Formulierungen haben, steht Ihnen die Rechtsabteilung selbstverständlich zur Verfügung. Ich bitte um Verständnis, dass die rechtlichen Fragen dort sicher besser geklärt werden können als hier von mir.

Meine Damen und Herren, damit komme ich zum Thema der EU-Kompatibilität des Gebiets "Innere Medizin und Allgemeinmedizin". Aufgrund vieler verschiedener Äußerungen in den letzten Wochen, aufgrund von Statements, Veröffentlichungen, Zeitungsartikeln, Pressemeldungen habe ich Ihnen heute einen Satz aus den 90er-Jahren mitgebracht, der sich auf die Frage bezieht, warum bei uns Beschlussfassungen so schwierig sind und oftmals nicht den gewünschten Effekt haben. Das, was Sie jetzt auf der Leinwand lesen können, trifft ganz aktuell auch auf die Äußerungen der Bundesministerin für Gesundheit am Dienstag zu. Auch sie hat sich dieser drei Punkte bemächtigt, wie ich fast sagen möchte, um uns etwas zur Weiterbildungsordnung zu sagen.

Gestatten Sie mir an dieser Stelle noch folgenden Hinweis. Als Vorsitzender der Weiterbildungsgremien der Bundesärztekammer finde ich es, um es vorsichtig auszudrücken, inakzeptabel, wenn sich eine Ministerin für Gesundheit öffentlich in die ureigensten Belange der Kammern - sprich: die Weiterbildungsordnung - einmischt.

(Beifall)

Ich darf an dieser Stelle den Protest des Ausschusses und der Ständigen Konferenz "Ärztliche Weiterbildung" zum Ausdruck bringen.

Ich habe immer wieder gehört, wir müssten nun einen Facharzt für Innere Medizin neu einführen. Meine Damen und Herren, folgende Vorbemerkung: Wir - ich betone: wir - haben den Facharzt für Innere Medizin in der (Muster-) Weiterbildungsordnung nie abgeschafft.

(Vereinzelt Beifall)

Wir haben den Facharzt für Innere Medizin in zwei Teilen aufgehen lassen: auf der einen Seite in den Facharzt für Innere Medizin und Allgemeinmedizin und auf der anderen Seite in den Facharzt für Innere Medizin und Schwerpunkt.

Ich möchte Ihnen nun darlegen, was geschehen ist und warum Handlungsbedarf besteht. Gehen wir zurück in die Zeit vor den Beschlüssen zur jetzt gültigen (Muster-) Weiterbildungsordnung. Wir hatten bezüglich der Notifizierung der einzelnen Facharztqualifikationen diese Regelungen als Vorschlag der Bundesärztekammer der EU vorgelegt und haben es mit der Kommission diskutiert. Die Kommission hat uns mitgeteilt, dass es so, wie es dort steht, nicht geht. Es geht im Wesentlichen um die Tatsache, dass ein Facharzt für Innere Medizin und ein Facharzt beispielsweise für Endokrinologie europaweit nicht als beides migrieren kann, sondern wegen der vorgeschriebenen Zeiten entweder nur als Facharzt für Innere Medizin oder als Facharzt beispielsweise für Endokrinologie, Gastroenterologie usw.

Die EU, meine Damen und Herren, kennt keine Inhalte, kennt nur Zeiten. Das heißt, es sind bei den Facharztqualifikationen nur Zeiten vorgeschrieben: für den Facharzt für Innere Medizin fünf Jahre, für den Schwerpunkt vier Jahre, sodass eine Weiterbildungszeit von sechs Jahren für beides nicht ausreicht. Also wurde festgelegt: entweder - oder.

Notifiziert ist die Spezialisierung, beispielsweise der Facharzt für Endokrinologie oder der Facharzt für Gastroenterologie. Wir haben mit der EU vereinbart, dass wir eine Gleichwertigkeitsbescheinigung ausstellen, wenn jemand aus Deutschland in die Europäische Union als Facharzt für Innere Medizin migrieren möchte.

Unter diesen Voraussetzungen haben wir die (Muster-)Weiterbildungsordnung hier vorgestellt, besprochen und auch so beschlossen.

Nun haben sich, meine Damen und Herren, Veränderungen in der Generaldirektion "Binnenmarkt und Dienstleistungen" in der Abteilung "Wissensbestimmte Wirtschaft" und im Referat "Reglementierte Berufe" ergeben. Die Leitung dort hat gewechselt. Die neue Leitung vertritt eine sehr strikte Einhaltung der europäischen Regelungen. Die Zahl der Vertragsverletzungsverfahren seit dem Wechsel in der Leitung ist signifikant gestiegen.

Es kam ein Schreiben, am 7. April 2006 abgesandt, das bei uns im Mai letzten Jahres eintraf. Es ist an das Bundesministerium für Gesundheit gerichtet und wurde an die Bundesärztekammer weitergeleitet. In diesem Schreiben wurden verschiedene Dinge moniert. Es wurden verschiedene Fragen gestellt.

Was will die EU-Kommission 2006? Der Facharzt für Innere Medizin und Schwerpunkt, also für Kardiologie, Endokrinologie und Gastroenterologie, ist im Sinne der EU nur ein Spezialist - den Begriff "Schwerpunkt" gibt es in der EU nicht -, nicht aber ein Internist im Sinne der Europäischen Union. Daraus folgt, dass der Facharzt für Innere Medizin und Schwerpunkt als Internist nicht mehr migrationsfähig ist. Die EU fordert von uns, die Ausstellung von Gleichwertigkeitsbescheinigungen sofort einzustellen. Täten wir dies nicht, zöge dies ein Vertragsverletzungsverfahren nach sich.

Das heißt also, wir haben von den beiden Säulen, wo wir den Facharzt für Innere Medizin haben aufgehen lassen, durch die neue Interpretation der Kommission die eine Säule verloren.

Die EU hat, wie gesagt, Fragen gestellt, beispielsweise: Was geschieht mit einem Internisten beispielsweise aus Österreich, der nach Deutschland kommt und dort tätig werden will? Welche Bezeichnung erhält er? Das ist bei den fünf Landesärztekammern, die den Facharzt für Innere Medizin zusätzlich eingeführt haben, kein Problem. Es ist in Bayern kein Problem, weil in der Weiterbildungsordnung expressis verbis eine Übergangsregelung steht, dass migrierende Internisten diesen Facharzttitel bekommen.

Es schien auch bei allen anderen elf Landesärztekammern kein Problem, denn bei einer gemeinsamen Anhörung im Bundesministerium für Gesundheit haben alle Kammern erklärt, dass sie dem zuwandernden Internisten selbstverständlich den Facharzttitel für Innere Medizin geben würden.

Das hat den Protest der Aufsichtsbehörden ausgelöst, die an mehreren Stellen in mehreren Ländern erklärt haben, auch wenn die Kammern dies täten, sei dies gar nicht möglich, weil im Heilberufekammergesetz die Voraussetzungen dazu nicht geschaffen seien.

Hier sieht die Kommission ein Riesenproblem und erklärt: Auch dieses Problem muss beendet werden, indem beispielsweise eine einheitliche Lösung kommt, die unterschiedlich aussehen kann.

Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es? Welche Konsequenzen ergeben sich aus dem eben Dargestellten?

Möglichkeit eins: Wir schaffen eine Qualifikation Internist/Facharzt für Innere Medizin ohne Schwerpunktbezeichnung, die den Regularien der Europäischen Kommission entspricht. Möglichkeit zwei: Wir führen keine Änderung der Weiterbildungsordnung durch; wir lassen sie wie bisher. Damit verlieren wir einen Teil des Internisten. Das heißt, der Facharzt für Innere Medizin muss - so ist der Fachausdruck - denotifiziert werden, bis - wie es heißt - spätestens 2012. Ich denke, das ist rein formal und theoretisch. Wir wissen, dass, wenn wir heute zu dem Entschluss kämen, wir bräuchten in Deutschland keinen Facharzt für Innere Medizin, innerhalb kürzester Zeit das Bundesministerium für Gesundheit den Facharzt für Innere Medizin denotifizieren müsste.

Wenn wir einen solchen Internisten ohne Schwerpunkt schaffen, hat er nur eine stationäre Weiterbildung. Er soll nur für das Krankenhaus ausgebildet werden. Es wäre ein sogenannter dritter Strang in einem Common-trunk-System. Wir gingen damit auf ein Common-trunk-System, wie es bereits in der Chirurgie gehandhabt wird. Es wären weitere Anpassungen erforderlich. Was ist unter "weitere Anpassungen" zu verstehen? Das bedeutet, dass Punkt 12.1 in der (Muster-) Weiterbildungsordnung - Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin - vollkommen unverändert bleibt und damit die Beschlüsse von Rostock und Köln so bestehen bleiben, wie wir sie gefasst haben. Es gibt für uns weiterhin nur einen Hausarzt; das ist der Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin.

Als zweite Säule würden wir einen Facharzt für Innere Medizin mit einer fünfjährigen Weiterbildung im stationären Bereich einschieben, der mit einer Prüfung zum Facharzt für Innere Medizin abschließt. Dann würde Punkt 12.3 der Facharzt für Innere Medizin plus bisherige Schwerpunktbezeichnung werden. Es wäre allerdings erforderlich, das Wort "Schwerpunkt" entfallen zu lassen, sodass es dann heißt: Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie. Das wäre EU-kompatibel, denn die EU sieht den Gastroenterologen, den Endokrinologen und den Kardiologen vor.

Die Worte "gemeinsame Inhalte" müssten, wenn wir ein solches Common-trunk-System schaffen, durch das Wort "Basisweiterbildung" ersetzt werden, so wie es bei der Chirurgie der Fall ist.

Wir müssten auch festlegen, dass, wenn jemand zwei Facharztkompetenzen erwirbt, beispielsweise den Facharzt für Innere Medizin und einen Facharzt für Innere Medizin/Kardiologie, die Mindestweiterbildungszeit acht Jahre beträgt. Die Basisweiterbildung ist ja immer gleich; das bleibt bestehen. Das, was oberhalb der Basisweiterbildung kommt, müsste zusätzlich erworben werden, wenn man zwei Facharztkompetenzen erwerben will.

Meine Damen und Herren, das ist unsere Vorstellung dazu. Ich bin mir aber nicht hundertprozentig sicher, ob die Kommission dies so tolerieren würde. Die reinen EU-Zeiten sind nämlich fünf Jahre Internist, vier Jahre Spezialisierung, insgesamt also neun Jahre. Anrechnungszeiten kennt die EU nicht. Es könnte also sein, dass wir hier noch ein gewisses Problem bekämen. Das müsste man noch einmal mit der EU diskutieren.

Diese beiden Möglichkeiten haben wir. Ich will auch nicht verhehlen, dass wir nicht wissen, welche Konsequenzen die EU bzw. der EuGH daraus ziehen würde, wenn wir die zweite Möglichkeit wählten. Ich weiß nicht, was der EuGH dazu sagen würde, wenn ein Internist aus Österreich nach Deutschland wollte und nicht mehr freizügig migrieren könnte, weil es bei uns keinen Facharzt für Innere Medizin mehr gibt und er hier den Titel nicht bekäme und nicht arbeiten könnte.

Ich fasse die Situation folgendermaßen zusammen. Sie haben die Entscheidung zu fällen: Soll es in Deutschland als einzigem Land der EU - und wahrscheinlich weltweit - keinen Internisten mehr geben? Dann müssen Sie den Antrag des Vorstands ablehnen. Sind Sie aber der Meinung, es soll in Deutschland - wie im Rest der Welt - auch einen Facharzt für Innere Medizin geben, dann müssten Sie dem Antrag des Vorstands zustimmen. Alle anderen Diskussionen sollten dieser einfachen und alleinigen Fragestellung untergeordnet bleiben.

Ich darf mich für Ihre Aufmerksamkeit sehr herzlich bedanken.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank, Hellmut Koch, für dieses sehr klare und eindeutige Referat. Das war ja fast wie von einem didaktisch durchgestylten Lehrer. Ich glaube, das ist jetzt so klar, dass es eine Diskussion geben wird, die auf der Basis einer hochstehenden Information stattfinden wird. Es gibt bisher 49 Wortmeldungen. Das ist dem Thema auch angemessen. Ich bitte Sie herzlich, nicht auf die Idee zu kommen, nach wenigen Wortmeldungen Schluss der Debatte zu beantragen. Darum bitte ich Sie schon jetzt ganz herzlich. Anderenfalls würden wir Legendenbildungen Vorschub leisten.

(Zuruf)

- Herr Reinhardt, der Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, meldet sich zur Geschäftsordnung. Bitte schön.

(Erneuter Zuruf)

- Herr Reinhardt - damit auch das bekannt ist: Er ist Allgemeinarzt -, Vizepräsident der Ärztekammer, in der wir zu Gast sind, hat als Delegierter der Ärztekammer Westfalen-Lippe den Antrag auf Begrenzung der Redezeit auf drei Minuten von vornherein gestellt.

(Beifall)

Ich lasse darüber abstimmen. Wer stimmt dem zu? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist die Redezeit auf drei Minuten begrenzt. Das gilt für alle.

Frau Professor Braun aus Berlin ist die erste Rednerin. Ich glaube, Sie kann es auch noch kürzer. Bitte schön.

© Bundesärztekammer 2007