TOP IV: (Muster-)Weiterbildungsordnung

Donnerstag, 17. Mai 2007, Nachmittagssitzung

Prof. Dr. Braun, Berlin: Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was in den letzten zehn Jahren mit dem Fachgebiet Allgemeinmedizin in der Bundesrepublik Deutschland passiert ist, ist eine Geschichte, die vielleicht im Verschönerungsspiegel der Erinnerung einmal dem Hornberger Schießen zugeordnet wird, wenn noch ausreichend Humor der Betroffenen besteht. Vor zehn Jahren, zum 100. Deutschen Ärztetag, erfolgte in Eisenach mit großer Mehrheit der Beschluss zur fünfjährigen strukturierten Weiterbildung in Allgemeinmedizin. Nur kurz war der Aufschwung. Vor fünf Jahren wurde der Doppelfacharzt Innere Medizin/Allgemeinmedizin in Rostock konstruiert, der weltweit seinesgleichen sucht. Ich habe mich damals dagegen ausgesprochen und wurde als Kassandra an die Wand genagelt.

Der Demokratie folgend, haben wir uns diszipliniert und in Berlin mit engagierten InternistInnen eine relativ gute Weiterbildung mit obligater Chirurgie und Intensivmedizin etabliert. Dafür wurden wir gerügt - wie viele andere Ärztekammern der Länder auch, weil sie versuchten, Optimierungen dieses neuen Doubles zu kreieren. Dass diese verschiedenen Versuche nicht uns, sondern das unausgegorene Anliegen selbst disqualifizierten, wurde nicht zur Kenntnis genommen.

Inzwischen sind fünf Jahre vergangen; wir stehen vor einem Scherbenhaufen. Wenn man in der Weiterbildungsordnung das Fach Allgemeinmedizin sucht, schlägt man unter A vergebens nach, sondern man wird dieses große Fachgebiet der Grundbetreuung als Subgruppe der Internie finden. An einigen Universitäten haben zweitklassige Internisten der Allgemeinmedizin den Lehrstuhl weggenommen, für Studierende ist die Identität der Allgemeinmedizin fragwürdig, Assistenzärzte schwanken zwischen drei Weiterbildungsordnungen.

Nun abermals eine Veränderung. Der Kompromiss wird gekippt - aufjubeln, bestünde jetzt doch die Möglichkeit, die Inhalte der Allgemeinmedizin neu zu bedenken. Inzwischen ist aber eine Eigendynamik eingetreten, die nach Eisenach nicht zurückkehren lässt. Verlässlichkeit ist für mich eine der wichtigsten ärztlichen Eigenschaften und unabdingbar für unsere Profession.

Der internistische Kompromisspartner hätte sich vor Rostock über die Konsequenzen klar sein müssen. Wir haben trotz relevanter Patientenanliegen die obligate Chirurgie- und Pädiatrieweiterbildungszeit hergeben müssen. Mittlerweile fürchte ich auch um internistische Weiterbildungsstellen in den Krankenhäusern für unsere jungen Kollegen; denn es wurde uns angedroht, wenn wir nicht dem allgemeinmedizinischen Internisten zustimmten, bekämen wir diese Stellen nicht mehr.

Ich habe große Bedenken hinsichtlich der Weiterentwicklung unseres Faches. Noch mehr fürchte ich für unsere Patienten, die hoch qualifizierte und breitgefächerte Allgemeinmediziner verdient hätten.

Danke.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Danke, Frau Braun. - Der nächste Redner ist Herr Kollege Handrock aus Berlin.

(Zuruf: Zur Geschäftsordnung!)

- Auch Geschäftsordnungsanträge müssen eigentlich schriftlich eingehen. Ich habe Herrn Handrock bereits aufgerufen. Nach seiner Wortmeldung werden wir den Geschäftsordnungsantrag behandeln. Bitte, Herr Handrock.

© Bundesärztekammer 2007