TOP IV: (Muster-)Weiterbildungsordnung

Donnerstag, 17. Mai 2007, Nachmittagssitzung

Dr. Conrad, Hessen: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Von Delegierten aus diesem Saal - viele haben einen orangefarbenen Schlüsselanhänger - wird immer wieder ein Argument vorgetragen, dass uns im Prinzip überzeugen soll, eigentlich zu kuschen und ruhig zu sein: Man solle den Internisten doch zulassen, er werde eh als Allgemeininternist aussterben, denn diesen Weg würde kein Vernünftiger mehr beschreiten.

Dieses Argument habe ich mir hin und her überlegt. Ich habe mich gefragt: Was soll das? Ein Ausbildungsgang, den eigentlich keiner machen will, ein Ausbildungsgang, in den keiner eintreten will, über dessen Eingangstor steht, diese Ausbildung habe keine Zukunft?

(Zurufe)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Weiterbildung!

Dr. Conrad, Hessen: Diese Ausbildung ist unsinnig.

Ich war vor Kurzem auf der Feier zum Abschluss des Humanmedizinstudiums meiner Tochter in Frankfurt. Da stand sie nun, die Zukunft der Ärzteschaft. Ich unterstreiche, was bereits gesagt wurde: Die Zukunft ist weiblich. Von 100 Absolventen waren vier Männer, 96 Frauen. Wir haben hier eine besondere Verantwortung, weil sich dieser Beruf, weil sich auch die Ärzteschaft verändern wird. Auch die Anforderungen werden sich ändern.

Frau Johna hat gesagt: Es lässt sich hervorragend vereinbaren, als Frau im Krankenhaus zu arbeiten. Ich meine: Es ist ganz schwierig. Meine Frau ist Leitende Ärztin in der Gynäkologie. Der Werdegang meiner Frau war sehr leidvoll, und zwar so leidvoll, dass die Nachtdienste kaum mit einem Familienleben vereinbar waren.

Wir würden eine ganze Generation von Frauen in einen langen Ausbildungsgang treiben, aus dem sie nicht mehr herauskommen, wenn sie mit dem Nachtdienst nicht mehr zurechtkommen. Sie müssten dort bleiben, sie könnten nicht in die Praxis ausweichen. Sie haben keine Wahl. Wir haben eine Verantwortung nicht nur für das, was jetzt ist, sondern auch für das, was kommt. Nehmen Sie diese Verantwortung bitte wahr. Bleiben Sie in diesem Sinne bei Rostock. Alles andere wäre ein Rückschritt.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen Dank. Das mit dem Begriff "Ausbildung" müssen wir uns jetzt doch langsam überlegen.

(Beifall)

Es hat ernsthafte Konsequenzen. Wenn wir uns das selber angewöhnen, kommt der Tag, an dem unsere lieben Arbeitgeber sagen: Wenn ihr in der Ausbildung seid, seid ihr uns zwar herzlich willkommen, aber dann bekommt ihr eine Ausbildungsvergütung und kein Gehalt mehr für ärztliche Arbeit. Das ist dann ein großer Unterschied.

(Beifall)

Es ist also kein Spaß, sondern es ist politisch hochernst und tarifpolitisch brisant. Ich bitte alle, die sich ihren Redetext aufgeschrieben haben, den Begriff "Ausbildung" ganz schnell durch "Weiterbildung" zu ersetzen.

Als nächster Redner bitte Herr von Römer.

© Bundesärztekammer 2007