TOP V: Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer

Freitag, 18. Mai 2007, Vormittagssitzung

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Wir kommen zum Antrag V-74. Dazu noch einmal Herr Koch. Bitte.

(Zuruf: Antrag zur Geschäftsordnung!)

- Ich habe Herrn Koch schon aufgerufen. Wenn er gesprochen hat, behandeln wir den Antrag zur Geschäftsordnung.

Dr. Koch, Vorstand der Bundesärztekammer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seid 1976 gibt es nahezu auf jedem Deutschen Ärztetag den Antrag, die Weiterbildungszeiten an die europäischen Mindestweiterbildungszeiten anzupassen. Wie sind diese entstanden? Anfang der 70er-Jahre wurden zum ersten Mal von der EU - damals noch mit sechs Mitgliedern - solche Mindestweiterbildungszeiten gefunden. Sie richteten sich nach den einfachsten Regeln der einzelnen Länder aus. Es ging im Wesentlichen um Italien, wo es ganz geringe Weiterbildungszeiten ohne Inhalte gab. Danach wurden die europäischen Mindestweiterbildungszeiten festgelegt.

Wenn wir uns auf diese Zeiten zurückziehen, heißt das: Wir begeben uns qualitativ auf das europäische Mindestmaß. Ich frage Sie, ob wir das wirklich wollen.

(Vereinzelt Beifall)

Wir hatten den Antrag vor zwei Jahren schon einmal. Wir haben uns in der Ständigen Konferenz und im Ausschuss "Ärztliche Weiterbildung" im Dezember 2005 damit ausführlich befasst. Wir kamen zu dem Schluss, dass es keinen Sinn macht, auf Weiterbildungszeiten zu gehen, und zwar auch deswegen, weil es viele andere Länder in der EU gibt, die noch viel längere Weiterbildungszeiten haben als wir. Die Mindestweiterbildungszeiten der EU haben nur sehr wenige Länder, nahezu keine. So dauert zum Beispiel im United Kingdom die Weiterbildung für Gynäkologie und Geburtshilfe sieben Jahre, die Weiterbildung zu vielen Fachärzten in Österreich sechs Jahre. Das sind deutlich längere Weiterbildungszeiten als bei uns.

Das erwähne ich deswegen, weil immer argumentiert wird: Wir müssen für die deutschen Kollegen die Möglichkeit schaffen, im europäischen Ausland keinen Wettbewerbsnachteil durch zu geringe Weiterbildungszeiten im europäischen Ausland zu erleiden, weil die anderen Länder längere Zeiten als wir haben. Dieses Argument sticht also nicht.

Der Vorstand der Bundesärztekammer hat sich mit dieser Problematik nochmals im April des vergangenen Jahres befasst sowie auf einer Klausursitzung im Juni des vergangenen Jahres. Wir kamen immer wieder zu demselben Ergebnis, dass es keinen Sinn macht, auf die Mindestweiterbildungszeiten zurückzugehen, weil diese eine deutliche Minderung der Qualität in unserer Weiterbildung darstellen würden.

Ich darf Sie deswegen bitten, diesen Antrag diesmal endgültig abzulehnen. Ich hoffe, dass er im nächsten Jahr nicht erneut gestellt wird.

Vielen Dank.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen Dank. - Bevor Herr Lindhorst das Recht hat, den Antrag zu verteidigen, hat sich Herr Pickerodt zur Geschäftsordnung gemeldet. Bitte schön.

Dr. Pickerodt, Berlin: Herr Präsident! Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass wir nicht Aus- und Weiterbildung verwechseln sollten. Seien Sie bitte auch so freundlich, die Antragsteller darauf hinzuweisen, dass wir uns schon vor einigen Jahren mit dem Begriff Weiterbildungsbefugnis einverstanden erklärt haben und das Wort "Ermächtigung", das historisch belastet ist, in Zukunft bei solchen Anträgen nicht verwenden sollten.

Danke.

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Sie haben völlig recht. Vielen Dank für den Hinweis. Das sollten wir sofort tun. Das ist der gültige Begriff dafür. - Jetzt bitte Herr Scholz aus Hessen.

PD Dr. Scholz, Hessen: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich ist es als Youngster relativ schwierig, gegen Herrn Koch zu sprechen. Aber machen wir uns bitte die Situation vor Ort klar. Es geht uns nicht darum, dass wir alle auf die entsprechende Mindestzeit senken wollen. In den vergangenen Tagen war die EU-Kompatibilität das Hauptargument dafür, etwas einzuführen. Jetzt wird gesagt: Nein, wir brauchen nicht EU-kompatibel zu sein. Das finde ich keine stringente Logik.

(Vereinzelt Beifall)

Natürlich wollen wir die Qualität beibehalten. Aber die Zeit ist nicht das alleinige Kriterium für die entsprechende Qualität. Wir bitten Sie, das nicht immer nur negativ zu bescheiden. Natürlich gibt es auch diejenigen, die länger ausbilden. Es gibt aber auch viele, die das in kürzerer Zeit schaffen. Man muss irgendwann einmal auch die Inländerbenachteiligung abschaffen.

Danke.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Danke schön. - Damit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag 74. Wer möchte dem Antrag 74 zustimmen? - Wer ist dagegen? - Das ist die Mehrheit. Wer enthält sich? - Einige. Dann ist der Antrag mit klarer Mehrheit abgelehnt.

© Bundesärztekammer 2007