Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Wir kommen zum Antrag
V-74. Dazu noch einmal Herr Koch. Bitte.
(Zuruf: Antrag zur Geschäftsordnung!)
- Ich habe Herrn Koch schon aufgerufen. Wenn er gesprochen
hat, behandeln wir den Antrag zur Geschäftsordnung.
Dr. Koch, Vorstand der Bundesärztekammer: Herr
Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seid 1976
gibt es nahezu auf jedem Deutschen Ärztetag den Antrag, die
Weiterbildungszeiten an die europäischen Mindestweiterbildungszeiten
anzupassen. Wie sind diese entstanden? Anfang der 70er-Jahre wurden zum ersten
Mal von der EU - damals noch mit sechs Mitgliedern - solche
Mindestweiterbildungszeiten gefunden. Sie richteten sich nach den einfachsten
Regeln der einzelnen Länder aus. Es ging im Wesentlichen um Italien, wo es ganz
geringe Weiterbildungszeiten ohne Inhalte gab. Danach wurden die europäischen
Mindestweiterbildungszeiten festgelegt.
Wenn wir uns auf diese Zeiten zurückziehen, heißt das: Wir
begeben uns qualitativ auf das europäische Mindestmaß. Ich frage Sie, ob wir
das wirklich wollen.
(Vereinzelt Beifall)
Wir hatten den Antrag vor zwei Jahren schon einmal. Wir haben
uns in der Ständigen Konferenz und im Ausschuss "Ärztliche Weiterbildung" im
Dezember 2005 damit ausführlich befasst. Wir kamen zu dem Schluss, dass es
keinen Sinn macht, auf Weiterbildungszeiten zu gehen, und zwar auch deswegen,
weil es viele andere Länder in der EU gibt, die noch viel längere
Weiterbildungszeiten haben als wir. Die Mindestweiterbildungszeiten der EU
haben nur sehr wenige Länder, nahezu keine. So dauert zum Beispiel im United
Kingdom die Weiterbildung für Gynäkologie und Geburtshilfe sieben Jahre, die
Weiterbildung zu vielen Fachärzten in Österreich sechs Jahre. Das sind deutlich
längere Weiterbildungszeiten als bei uns.
Das erwähne ich deswegen, weil immer argumentiert wird: Wir
müssen für die deutschen Kollegen die Möglichkeit schaffen, im europäischen
Ausland keinen Wettbewerbsnachteil durch zu geringe Weiterbildungszeiten im
europäischen Ausland zu erleiden, weil die anderen Länder längere Zeiten als
wir haben. Dieses Argument sticht also nicht.
Der Vorstand der Bundesärztekammer hat sich mit dieser
Problematik nochmals im April des vergangenen Jahres befasst sowie auf einer
Klausursitzung im Juni des vergangenen Jahres. Wir kamen immer wieder zu
demselben Ergebnis, dass es keinen Sinn macht, auf die
Mindestweiterbildungszeiten zurückzugehen, weil diese eine deutliche Minderung
der Qualität in unserer Weiterbildung darstellen würden.
Ich darf Sie deswegen bitten, diesen Antrag diesmal endgültig
abzulehnen. Ich hoffe, dass er im nächsten Jahr nicht erneut gestellt wird.
Vielen Dank.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen
Dank. - Bevor Herr Lindhorst das Recht hat, den Antrag zu verteidigen, hat sich
Herr Pickerodt zur Geschäftsordnung gemeldet. Bitte schön.
Dr. Pickerodt, Berlin: Herr Präsident! Sie haben
zu Recht darauf hingewiesen, dass wir nicht Aus- und Weiterbildung verwechseln
sollten. Seien Sie bitte auch so freundlich, die Antragsteller darauf hinzuweisen,
dass wir uns schon vor einigen Jahren mit dem Begriff Weiterbildungsbefugnis
einverstanden erklärt haben und das Wort "Ermächtigung", das historisch
belastet ist, in Zukunft bei solchen Anträgen nicht verwenden sollten.
Danke.
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Sie haben
völlig recht. Vielen Dank für den Hinweis. Das sollten wir sofort tun. Das ist
der gültige Begriff dafür. - Jetzt bitte Herr Scholz aus Hessen.
PD Dr. Scholz, Hessen: Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Natürlich ist es als Youngster relativ schwierig, gegen Herrn Koch zu
sprechen. Aber machen wir uns bitte die Situation vor Ort klar. Es geht uns
nicht darum, dass wir alle auf die entsprechende Mindestzeit senken wollen. In
den vergangenen Tagen war die EU-Kompatibilität das Hauptargument dafür, etwas
einzuführen. Jetzt wird gesagt: Nein, wir brauchen nicht EU-kompatibel zu sein.
Das finde ich keine stringente Logik.
(Vereinzelt Beifall)
Natürlich wollen wir die Qualität beibehalten. Aber die Zeit
ist nicht das alleinige Kriterium für die entsprechende Qualität. Wir bitten
Sie, das nicht immer nur negativ zu bescheiden. Natürlich gibt es auch
diejenigen, die länger ausbilden. Es gibt aber auch viele, die das in kürzerer
Zeit schaffen. Man muss irgendwann einmal auch die Inländerbenachteiligung
abschaffen.
Danke.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Danke schön.
- Damit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag 74. Wer möchte dem Antrag 74
zustimmen? - Wer ist dagegen? - Das ist die Mehrheit. Wer enthält sich? -
Einige. Dann ist der Antrag mit klarer Mehrheit abgelehnt.
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