Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank,
Herr Hauptgeschäftsführer. - Wir können in den Tagesordnungspunkt I eintreten.
Er beinhaltet die Diskussion und die Verabschiedung des Entwurfs des "Ulmer
Papiers".
Ich darf kurz daran erinnern, wie es zu diesem Papier gekommen
ist. Der außerordentliche Ärztetag im Oktober 2006 in Berlin hat einen
Beschluss gefasst, der sich auf die damalige Situation bezog, als es um die
Ausformulierungen des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes ging. Dabei haben wir
gleichzeitig ein bisschen eine eigene programmatische oder zumindest
krisenartige Vorlage vermisst, mit der wir die Politik schon im Vorfeld der
Entstehung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes hätten beglücken können. Als
wir den Tagesordnungspunkt zu Ende diskutiert hatten, waren einige konkrete
Punkte vorgetragen worden, von denen man meinte, man könnte sie in zukünftige
Überlegungen mit einbeziehen. Das ist geschehen.
Auf dem 110. Deutschen Ärztetag in Münster haben wir als
Vorstand der Bundesärztekammer aus diesen Ergebnissen zehn Fragen extrapoliert.
Sie haben diese Fragen beschlossen und dem Vorstand der Bundesärztekammer mit
der Bitte überreicht, Entwürfe für Antworten auf diese zehn Fragen zu
gestalten. Das, was Sie bereits vor einem Monat vorgelegt bekommen haben, ist
das Ergebnis. Es ist schon relativ weit in der Öffentlichkeit verbreitet. Frau
Ministerin Schmidt hat es offensichtlich auch schon zur Kenntnis genommen. Teil
B bezieht sich auf Finanzfragen, während Teil A Einzelfragen beantwortet, die
uns in Münster gestellt worden sind.
Ich möchte besonders auf Folgendes hinweisen: Es handelt sich
nicht um ein Programm. Das Programm, das "Blaue Papier" aus dem Jahre 1994,
gilt nach wie vor weiter. Die dort niedergelegten Vorstellungen und Wünsche der
deutschen Ärzteschaft gelten nach wie vor weiter, sofern sie nicht erfüllt oder
obsolet geworden sind.
Bei dem "Ulmer Papier" handelt es sich um Leitsätze; so lautet
auch die Überschrift. Diese Leitsätze sollen die Politik befruchten. Darauf
komme ich gleich noch einmal zurück.
Es handelt sich auch nicht um eine statische Situation,
sondern es handelt sich - dieser Ausdruck ist wahrscheinlich dem Bereich des
Tennissports entnommen - um einen ersten Aufschlag, also um die erste Fassung
eines Werks in Weiterentwicklung, Stichwort: work in progress. Wir haben also
nicht etwa die Verpflichtung, auf diesem Ärztetag ein Papier sozusagen für die
vorläufige
Ewigkeit zu verabschieden, sondern ein Papier, das uns erst einmal hilft. Diese
Aussage soll Qualität und Inhalt des Papiers nicht relativieren, sondern klarmachen,
dass wir keinesfalls meinen, dass wir nun erst einmal Ruhe hätten und uns in
Zukunft um die politischen Fragen nicht weiter Gedanken machen müssten. Das
haben Sie sicher auch gar nicht anders gesehen.
Ich werde immer wieder gefragt: An wen wendet sich dieses
Papier? Das ist eine wichtige Frage. Dieses Papier wendet sich in erster Linie
an uns Ärztinnen und Ärzte, und zwar als Versuch, über alle Gruppen, alle
Fachgebiete und alle Arten der Ausübung des Arztberufs hinweg eine gemeinsame
Position, eine gemeinsame Grundauffassung über die Ausübung unseres Berufs und
das Patient-Arzt-Verhältnis zu finden.
Wenn wir dies geschafft haben, wovon ich ausgehe oder es mir
zumindest sehr erhoffe, sind es Leitsätze, die der Öffentlichkeit übergeben
werden sollen mit dem Ziel der Vertrauensbildung bzw. der Vertrauenserhaltung
in den Arztberuf schlechthin und die einzelnen Ärztinnen und Ärzte, die Partner
ihrer Patientinnen und Patienten sind. Wir wollen damit zeigen, dass es uns
nach wie vor um unsere individuellen Patientinnen und Patienten geht und wir
uns in einer Zeit der Kollektivierung und der kollektiven Sicht auf unser
Gesundheitswesen nicht davon abbringen lassen, unsere Patientinnen und
Patienten als unsere Partner oder, wie auf der Hauptversammlung des Marburger
Bundes gesagt wurde, als unsere Freunde zu sehen.
Das ist der wichtige Sinn dieses Papiers. In dem Entwurf sind
alle gestellten Fragen - von ursprünglich zehn Fragen sind neun übrig
geblieben, weil der Finanzierungsteil ein eigenes Kapitel darstellt -
beantwortet. Das Nähere müssen wir noch ausgestalten.
Darüber hinaus enthält das "Ulmer Papier" einen Prolog und
einen Epilog. Der Prolog soll den Sinn haben, die Befindlichkeit, in der wir
uns als Ärztinnen und Ärzte befinden, insbesondere in der individuellen
Patientenbeziehung, sowie die Störungen, die wir heute dabei empfinden,
darzustellen. Der Epilog soll den Hoffnungsschimmer darstellen, dass unser
Arztberuf wieder diejenige Farbe und denjenigen Charakter erhält, die ihm zu
eigen sind und die nicht verloren gehen dürfen. Das ist die grobe Situation
hinsichtlich dieses Papiers. Herr Fuchs hat eben schon gesagt: Wir bitten
darum, unter Tagesordnungspunkt I diejenigen Anträge zu stellen, die sich auf
Ergänzungen, Weglassungen, Veränderungen, Umformulierungen dieses Papiers
beziehen. Wenn weitere Anträge gestellt werden, ordnen wir sie dem
Tätigkeitsbericht zu, aber auch als Stoffsammlung für die weitere Diskussion.
Die Anträge werden dadurch nicht etwa in den Papierkorb versenkt.
Gibt es Wünsche, darüber hinaus noch etwas erklärt zu
bekommen? - Wenn das nicht der Fall ist, treten wir in die Diskussion ein. Als
Erster hat sich der Präsident der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern, Herr Dr.
Crusius, zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Crusius. |