Dr. Crusius, Vorstand der
Bundesärztekammer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich mich ganz persönlich beim
Präsidenten für seine ausgesprochen gelassene, über den Dingen stehende,
präzise und verständliche Analyse der gegenwärtigen politischen Situation
bedanken. Ulla Schmidt war heute vielleicht schlecht drauf. Jörg Hoppe hat es
in ganz freier Rede verstanden, den Speckgürtel und die Gruppen 4 bis 6, die
das Geld aus dem Gesundheitswesen abziehen, darzustellen. Er hat auch die
Gründe für die Rationierung genannt.
Er hat es so eindeutig dargestellt - das merkte man in den
Pausengesprächen -, dass alle es verstanden haben, dass es auch die
Bevölkerung verstehen kann. Letzteres finde ich besonders wichtig, denn wir
müssen unseren Patienten gegenüber eine vernünftige Sprache benutzen.
Auch die Andeutung des Wahlkampfthemas fand ich persönlich
gut; denn wir sind der einzige Anwalt, den die Patienten noch haben. Für deren
Belange müssen wir als Ärztinnen und Ärzte uns einsetzen.
(Beifall)
Kodierte Patientenrechte sind etwas Schreckliches, das ist
Zuteilungsmedizin, das ist Planwirtschaft. Erinnern Sie sich bitte meiner Worte
auf dem Rostocker Ärztetag: Wenn das so weitergeht, haben wir unsere Zukunft
schon einmal erlebt. Das wollen wir nicht, sondern wir wollen eine
individualisierte Patientenbetreuung.
Ulrike Wahl hat uns wunderbar in den Ärztetag eingeführt. Als
ehemaliger Ostdeutscher sage ich: Wir wissen, was kommt, wenn wir es als
Ärztinnen und Ärzte, wenn es Bundesärztekammer, Kassenärztliche
Bundesvereinigung und Landesärztekammern nicht schaffen, ausreichend Nachwuchs
zu generieren. Dann ist AGnES mit einem Federstrich von Ulla Schmidt der
Hausarzt der Zukunft. Ich möchte unsere Hausärztinnen und Hausärzte davor
bewahren, dass sie durch jemanden ersetzt werden, der eine niedere
Qualifikation hat. Die Delegation ärztlicher Leistungen ist vernünftig, aber es
darf keine Substitution geben.
Da hat Ulrike Wahl selbst den Bogen geschlagen. Aber bei ihr
war die Zahnpasta bereits aus der Tube heraus. Wenn Ulla Schmidt die Zahnpasta
erst auf der Zahnbürste hat, dann ist die Entwicklung nicht mehr
zurückzudrehen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ärztliche Grundinteressen sind beizubehalten. Diagnostik und Therapie
sind ärztliche Grundprinzipien. Sie sind unteilbar.
In diesem Sinne appelliere ich an Sie alle, auch bei den
folgenden Tagesordnungspunkten sehr genau darüber nachzudenken. Sie werden
sicherlich richtig entscheiden. Der Ärztetag ist sehr klug; das wissen Sie ja.
Man muss sagen: Wehret den Anfängen! Wir können nicht ärztliche Leistungen
aufgeben, die primär innerärztlich zu regeln sind.
Vielen Dank.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen
Dank. Dazu gibt es ja auch noch einen gesonderten Tagesordnungspunkt. - Herr
Dr. Rütz aus Nordrhein ist der nächste Redner. Bitte. |