TOP I: Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik - Gesundheitspolitische Leitsätze der Ärzteschaft

Dienstag, 20. Mai 2008, Nachmittagssitzung

Dr. Lipp, Sachsen: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich drei Punkte zum "Ulmer Papier" anführe, möchte ich eine Bemerkung zu den Ausführungen von Herrn Professor Dietrich machen. Er hat sich hier hingestellt und hat das alte Argument der Über-, Unter- und Fehlversorgung angeführt, diese billige Rhetorik des Ministeriums, dass Deutschland das drittteuerste Gesundheitswesen der Welt hat. Wir wissen alle, dass es so nicht ist. Das darf in diesem Gremium nicht so stehen bleiben.

(Beifall)

Herr Professor, wenn Sie mögen, schicke ich Ihnen gern ein Päckchen Material aus Sachsen, in dem das steht. Ich beziehe mich hier auf die Studie von Beske, der niemals widersprochen wurde.

Wenn man die Zahlen richtig vergleicht, kommt man zu dem Ergebnis, dass Deutschland im Vergleich zu allen anderen OECD-Ländern die drittniedrigsten Ausgaben für das Gesundheitswesen und gleichzeitig das zweiteffizienteste Gesundheitssystem hat.

(Beifall)

Das ist nicht die Meinung irgendwelcher Ärzte, die eine Nabelschau betreiben, sondern das sind objektive Ergebnisse aus einer großangelegten Studie. Soviel als Korrektur zu den Ausführungen von Herrn Professor Dietrich.

Damit komme ich zu meinen Anmerkungen zum "Ulmer Papier". Ich bitte Sie um eines, Herr Professor Hoppe: Weisen Sie die KBV bitte immer wieder darauf hin, dass wir nach den jetzigen Regularien keine Morbiditätsverlagerung auf die Krankenkassen ab dem 1. Januar des kommenden Jahres haben werden. Mit der jetzigen Trias Regelleistungsvolumen, Gesamtvergütung und unselige Pauschalierung, die von einigen unter uns immer wieder gefordert wurde, können wir doch keine Morbiditätsentwicklung darlegen. Wie denn? Allein mit der Fallzahlentwicklung, wenn wir die Pauschalierung so haben? Wie ist denn dann der Osten dran? Wir haben im Osten 30 Prozent mehr Patienten als im Westen. Woher soll denn dann noch ein Zuwachs bei den Fallzahlen kommen?

Diese Pauschalierung, die sicher abrechnungstechnisch einfach ist, sollte so erfolgen, dass in irgendeiner Weise die Morbiditätsentwicklung nachweisbar ist. Ich halte diese Forderung von einigen unter uns für ausgesprochen kontraproduktiv und schädlich für die Ärzteschaft.

(Beifall)

Ich bin nicht sicher, Frau Wahl, ob ich Sie hinsichtlich AGnES richtig verstanden habe, ob Sie diese Leistungen an andere abgeben wollen. Ich halte das für ausgesprochen riskant. Erstens kommt es zu einer riesigen Leistungsausweitung, wenn andere plötzlich solche Arbeiten übernehmen, zweitens haben wir Zuordnungsprobleme, und drittens haben wir Qualitätsprobleme. Die Chirurgen haben ein exzellentes Papier in dieser Richtung hinsichtlich der Frage, was abgegeben werden kann, verfasst. Das muss aber alles unter der Obhut der Ärzte geschehen. Wir alle haben in unseren Praxen exzellentes Personal. Dieses sollten wir qualifizieren. Dieses Personal sollte diese Aufgaben unter unserer Aufsicht übernehmen. So könnten wir auch Aufgaben, die verloren gegangen sind, wie Wundmanagement und Schmerzmanagement, wieder zurückholen.

Die KBV, Herr Professor Hoppe, hat eine neue Regelung, nämlich dass die Kassen alle online an die KVen angebunden werden müssen. Das ist sicher richtig und erforderlich. Ich bitte die Kammern, sich dem Thema IT und entsprechende Fortbildung der Ärzteschaft ganz intensiv zu widmen, damit über die Kammern die entsprechenden Fortbildungsveranstaltungen durchgeführt werden können.

Ich danke Ihnen.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen Dank, Herr Lipp. - Als Nächster Herr Kollege Baumgärtner aus Baden-Württemberg.

© Bundesärztekammer 2008