TOP I: Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik - Gesundheitspolitische Leitsätze der Ärzteschaft

Dienstag, 20. Mai 2008, Nachmittagssitzung

Dr. Kaiser, Westfalen-Lippe: Lieber Herr Hoppe! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man das Papier gelesen hat, stellt sich meines Erachtens die Frage, die auch hier schon auftauchte: Für wen ist das Papier eigentlich geschrieben? Das ist mir bisher nicht ganz klar. Die Antworten auf diese Frage sind unterschiedlich. Ist es in erster Linie für uns Ärztinnen und Ärzte? Ist es an die Patienten gerichtet? Ist es an die Politiker gerichtet? Da hätte ich gern etwas mehr Klarheit.

Mir fehlt auch die Definition unserer eigenen Identität. Welche Position haben wir Ärzte heute? Wie wollen wir heute und in Zukunft arbeiten? Das ist eigentlich unsere Kernkompetenz, die mit in dieses Papier eingehen sollte.

Herr Hoppe hat heute Vormittag sehr ausführlich gerade über die Frage gesprochen: Wie ist unsere Situation in dieser Gesellschaft, in diesen Vergütungssystemen? Wie soll sich das entwickeln?

All seine Kritik und seine Vorwürfe und seine berechtigten Analysen unserer sich seit 20 Jahren verschlechternden Situation haben mit dieser Identität bzw. dieser Identitätskrise zu tun. Frau Professor Fischer, die vorhin gesprochen hat, hat ganz wesentlich von der Identität und der Identitätsfindung als Ausdruck auch unserer gesellschaftspolitischen Verantwortung gesprochen. Ich bitte darum, dass dies mit in das Papier eingeht. Die Selbstverwaltung ist in der Vorlage nur gestreift, aber nicht eingehend gewürdigt worden. Das ist angesichts eines Plenums, das aus Delegierten der Landesärztekammern besteht, relativ wenig.

Das Thema Finanzen wird in dem Papier erst gegen Ende kurz gestreift. Die Lösungen, die zum Schluss genannt werden, sind relativ kurz und kompakt und meines Erachtens auch sehr problematisch. Das deutet darauf hin, dass sich die Autoren möglicherweise selbst nicht so ganz sicher waren oder zum Schluss vielleicht auch ein bisschen Angst vor der eigenen Courage hatten.

Wir verfügen doch über Experten. Einer davon ist heute mit der Paracelsus-Medaille geehrt worden. Herr Professor Beske hat fundierte Vorschläge zu diesem Thema gemacht. Daran könnte man sich meines Erachtens orientieren.

Wir müssen auf die Fragen antworten, die uns von der Politik und der Öffentlichkeit gestellt werden, auch hinsichtlich der Finanzierung. Meine Meinung ist: Wir müssen nicht unbedingt alle Fragen beantworten, die uns gestellt werden, denn manche Fragen sind auch eine Leimrute. Ich erinnere aus der Mythologie an das Urteil des Paris, der so vermessen war, drei Göttinnen klar zu antworten, die ihn gefragt hatten, wer die Schönste sei. Da machte er einen großen Fehler, und die Folge war der Trojanische Krieg.

Fazit: Bitte etwas mehr Klarheit, auch sprachlich; Argumente für die Politiker - ja, aber keine Stellvertreterdiskussion für die politischen Parteien; Besinnung auf unsere Kernkompetenz und Definition unserer eigenen Identität als Ärzte und Ärztinnen. Dann können wir das "Ulmer Papier" auf der Basis dieser von mir genannten Aspekte gut weiterentwickeln.

Vielen Dank.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Danke schön. - Der nächste Redner ist Herr Kollege Dehnst, ebenfalls aus Westfalen-Lippe.

© Bundesärztekammer 2008