Dr. Kaiser, Westfalen-Lippe:
Lieber Herr Hoppe! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man das Papier gelesen
hat, stellt sich meines Erachtens die Frage, die auch hier schon auftauchte:
Für wen ist das Papier eigentlich geschrieben? Das ist mir bisher nicht ganz
klar. Die Antworten auf diese Frage sind unterschiedlich. Ist es in erster
Linie für uns Ärztinnen und Ärzte? Ist es an die Patienten gerichtet? Ist es an
die Politiker gerichtet? Da hätte ich gern etwas mehr Klarheit.
Mir fehlt auch die Definition unserer eigenen Identität.
Welche Position haben wir Ärzte heute? Wie wollen wir heute und in Zukunft
arbeiten? Das ist eigentlich unsere Kernkompetenz, die mit in dieses Papier
eingehen sollte.
Herr Hoppe hat heute Vormittag sehr ausführlich gerade über
die Frage gesprochen: Wie ist unsere Situation in dieser Gesellschaft, in
diesen Vergütungssystemen? Wie soll sich das entwickeln?
All seine Kritik und seine Vorwürfe und seine berechtigten
Analysen unserer sich seit 20 Jahren verschlechternden Situation haben mit
dieser Identität bzw. dieser Identitätskrise zu tun. Frau Professor Fischer,
die vorhin gesprochen hat, hat ganz wesentlich von der Identität und der
Identitätsfindung als Ausdruck auch unserer gesellschaftspolitischen
Verantwortung gesprochen. Ich bitte darum, dass dies mit in das Papier eingeht.
Die Selbstverwaltung ist in der Vorlage nur gestreift, aber nicht eingehend gewürdigt
worden. Das ist angesichts eines Plenums, das aus Delegierten der
Landesärztekammern besteht, relativ wenig.
Das Thema Finanzen wird in dem Papier erst gegen Ende kurz
gestreift. Die Lösungen, die zum Schluss genannt werden, sind relativ kurz und kompakt
und meines Erachtens auch sehr problematisch. Das deutet darauf hin, dass sich
die Autoren möglicherweise selbst nicht so ganz sicher waren oder zum Schluss
vielleicht auch ein bisschen Angst vor der eigenen Courage hatten.
Wir verfügen doch über Experten. Einer davon ist heute mit der
Paracelsus-Medaille geehrt worden. Herr Professor Beske hat fundierte
Vorschläge zu diesem Thema gemacht. Daran könnte man sich meines Erachtens
orientieren.
Wir müssen auf die Fragen antworten, die uns von der Politik
und der Öffentlichkeit gestellt werden, auch hinsichtlich der Finanzierung.
Meine Meinung ist: Wir müssen nicht unbedingt alle Fragen beantworten, die uns
gestellt werden, denn manche Fragen sind auch eine Leimrute. Ich erinnere aus
der Mythologie an das Urteil des Paris, der so vermessen war, drei Göttinnen
klar zu antworten, die ihn gefragt hatten, wer die Schönste sei. Da machte er
einen großen Fehler, und die Folge war der Trojanische Krieg.
Fazit: Bitte etwas mehr Klarheit, auch sprachlich; Argumente
für die Politiker - ja, aber keine Stellvertreterdiskussion für die politischen
Parteien; Besinnung auf unsere Kernkompetenz und Definition unserer eigenen
Identität als Ärzte und Ärztinnen. Dann können wir das "Ulmer Papier" auf der
Basis dieser von mir genannten Aspekte gut weiterentwickeln.
Vielen Dank.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Danke schön.
- Der nächste Redner ist Herr Kollege Dehnst, ebenfalls aus Westfalen-Lippe. |