TOP II: Situation pflegebedürftiger Menschen in Deutschland am Beispiel Demenz

Mittwoch, 21. Mai 2008, Vormittagssitzung

Prof. Dr. Kruse, Referent: Ich möchte Ihre Geduld nicht lange strapazieren. Es sind bestimmte ethisch und auch fachlich relevante Aspekte angesprochen worden. Wenn ich den Begriff "Versorgungslast" verwende, dann ausschließlich im gesundheitsökonomischen Sinne. Ich glaube, dass ich an vielen Stellen meines Beitrags klargemacht habe, dass ich die Menschenwürde eines demenzkranken Menschen in keiner Weise anders betrachte als die Menschenwürde einer Person, bei der keine Demenzerkrankung vorliegt. Es ist also rein ein gesundheitsökonomischer Begriff.

Ich habe ausdrücklich deutlich gemacht – wenn ich da falsch verstanden worden sein sollte oder mich nicht richtig ausgedrückt habe, wäre das massiv –, dass für mich ganz eindeutig ist, dass auch bei einer schweren kognitiven Einbuße die Emotionalität in ihrer differenzierten Form vorliegt. Ich habe während ungefähr eines Viertels des Vortrags versucht, darüber zu sprechen.

(Beifall)

Das will ich an dieser Stelle klarmachen, nicht weil ich Recht behalten will, denn es ist doch unser Punkt, dass wir sagen: Wir sollten nicht immer nur die hohe kognitive Leistungskapazität ins Zentrum stellen, sondern wir sollten zu einem sehr viel umfassenderen Verständnis der menschlichen Persönlichkeit kommen.

Wir haben mittlerweile gute Daten aus der Bundesrepublik Deutschland – wir sind zum Teil an diesen Studien beteiligt – und auch international, dass wir in der Tat ein präventives Potenzial auch bei den neurodegenerativen Erkrankungen haben. Ich sage das vor dem Hintergrund von Studien ab 2002 bis heute, die sogar den Nachweis erbringen, dass wir so etwas wie eine Neurogenese auch bei hochbetagten Menschen sehen können. Es gibt hervorragende Studien, die zeigen: Eine sehr kontinuierlich ausgeführte Aktivität, eine kontinuierlich ausgeführte kognitive Aktivität oder eine alltagspraktische Aktivität können erheblich dazu beitragen, dass wir ein Präventionspotenzial sogar bei den neurodegenerativen Demenzen realisieren können.

Ich sage das deswegen an dieser Stelle, weil wir vielfach nicht erkennen, dass wir sogar bei diesen sehr schweren Erkrankungen ein zum Teil bemerkenswertes Präventionspotenzial haben.

Schließlich zu meinem letzten Punkt: Entschuldigen Sie, wenn ich vom Mediziner und nicht vom Arzt gesprochen habe. Dass ich den Arzt meine und nicht nur den Mediziner, erkennen Sie vielleicht daran, dass ich ja ausdrücklich den Begriff der ärztlichen Seelsorge verwendet habe.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Wenn man jetzt noch weiß, dass Herr Professor Kruse eine Mutter hat, die uns jahrelang auf Deutschen Ärztetagen begleitet hat, nämlich Frau Dr. Waltraud Kruse aus Aachen, eine Ikone der Allgemeinmedizin, dass Herr Professor Kruse auch bei den Regensburger Domspatzen war und glänzend Klavier spielen kann, dann glaubt man ihm alles!

(Heiterkeit – Beifall)

Kommen Sie gut nach Heidelberg. Viel Erfolg für Ihre weitere Arbeit. Wir bedanken uns noch einmal sehr herzlich bei Ihnen.

(Beifall)

Wir treten jetzt in die Mittagspause ein. Ich bitte Sie, um 14 Uhr wieder hier zu sein. Dann wird Ihnen die Auflistung der Anträge zu Tagesordnungspunkt I vorliegen. Ich wünsche Ihnen guten Appetit und gute Erholung.

2. Tag: Mittwoch, 21. Mai 2008
Nachmittagssitzung

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir setzen die unterbrochene Sitzung fort. Auf Ihren Plätzen liegt jetzt die Übersicht für die Reihenfolge der abzustimmenden Anträge zu Tagesordnungspunkt I. Ich bitte Sie, dort handschriftlich eine kleine Korrektur vorzunehmen. Auf der zweiten Seite ist in der achten Zeile der Antrag I-1-16 aufgeführt. Er muss als letzter Antrag auf die erste Seite, nach dem Antrag
I-1-43. Ich werde es wiederholen, wenn wir in die Abstimmung eintreten.

Wir befinden uns noch in Tagesordnungspunkt II. Bevor die Diskussion wieder aufgenommen wird, haben wir über einen Geschäftsordnungsantrag auf Begrenzung der Redezeit auf drei Minuten abzustimmen. Gibt es dazu eine Gegenrede? – Formal. Wer möchte die Begrenzung der Redezeit auf drei Minuten zu Tagesordnungspunkt II befürworten? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist die Begrenzung der Redezeit auf drei Minuten zu Tagesordnungspunkt II beschlossen.

Der erste Redner des Nachmittags ist Herr Dr. Holger Lange aus Nordrhein. Bitte sehr.

© Bundesärztekammer 2008