TOP III: Arztbild der Zukunft und Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsberufen

Freitag, 23. Mai 2008, Vormittagssitzung

Dr. Voigt, Niedersachsen: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche zum Antrag III-15. Ich weiß, dass wir mit diesem Antrag ein heißes Eisen anpacken. Es geht in diesem Antrag um die teilweise Übertragung von Heilkunde an nichtärztliche Gesundheitsberufe. Der Antrag resultiert aus der Arbeit unseres Arbeitskreises "Nichtärztliche Heilberufe", den wir vom Vorstand der Ärztekammer Niedersachsen aus eingerichtet haben. Wir haben uns in mehreren Thesen zur Thematik positioniert. Ich möchte eine These zitieren:

Die Festlegung von Kompetenzen und Verantwortlichkeiten der einzelnen Gesundheitsberufe werden durch die jeweiligen Ausbildungsinhalte, Berufsbeschreibungen und/oder ein noch zu schaffendes Berufsgesetz definiert, das das Heilpraktikergesetz von 1939 ersetzt, welches keine zeitgemäße Definition der Heilkunde mehr beinhaltet. Schnittstellenbeschreibungen und Zuschreibungen bzw. Abgrenzung von Verantwortlichkeit im therapeutischen Team werden gemeinsam von den betreffenden Berufsgruppen in interdisziplinären Versorgungsleitlinien festgelegt. Auf der Mikroebene erfolgt eine Festschreibung der Aufgabenverteilung zum Beispiel durch Kooperationsverträge.

Grundsätzlich geht es uns natürlich um den Arztvorbehalt. Es gibt ärztliche Leistungen, die grundsätzlich nicht delegierbar sind, wie Operationen oder invasive Untersuchungen. Es gibt Leistungen, die im Einzelfall delegierbar sind. Es gibt schließlich grundsätzlich regelmäßig delegierbare Leistungen.

Es geht uns grundsätzlich um den Erhalt des Arztes mit seiner zentralen Verantwortung für Diagnostik und Therapie. Es geht uns aber auch um eine Neudefinition der Aufgabenverteilung im Gesundheitswesen. Dies setzt nach unserer Überzeugung voraus, dass es eine Neudefinition des Heilkundebegriffs geben muss. Ich möchte daran erinnern: Das Heilpraktikergesetz stammt aus dem Jahre 1939, also noch aus Zeiten des Nationalsozialismus.

Es geht darum, im Rahmen einer gesetzlichen Neuregelung zu definieren, in welchem Umfang nichtärztliche Gesundheitsberufe beteiligt werden können und wie sie dabei Verantwortung sowohl im Sinne einer Haftungs- als auch einer Budgetverantwortung übernehmen.

Ich möchte dies noch ganz kurz an einem Beispiel aus meiner Praxis erläutern. Ich bin niedergelassener Kinder- und Jugendarzt. Tagtäglich muss ich abklären, in welchem Umfang Kinder dabei Therapie erhalten. Ich delegiere eine solche Therapie an Logopäden oder Ergotherapeuten. Bisher sind sie zwar in den aktiven Behandlungsprozess einbezogen, aber ohne dort selbst Haftung oder auch Budgetverantwortung zu übernehmen. Dieses tragen wir als Ärzte ganz allein. Dies ist nicht mehr zeitgemäß und muss verändert werden.

Vor diesem Hintergrund bitte ich Sie, den Antrag zu unterstützen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen Dank, Herr Voigt. - Als nächster Redner bitte Herr Kollege Scholz aus Hessen.

© Bundesärztekammer 2008