Stagge, Nordrhein:
Herr Montgomery! Liebe Kolleginnen und Kollegen! eCard und Telematik sind nur
vordergründig ein gesundheitspolitisches Thema. Die Entscheidung zur
Datenspeicherung in der Telekommunikation, die persönliche Kennziffer und die
Sammlung medizinischer Daten muss man im Zusammenhang sehen, um die Dimension
zu begreifen. Der Glaube an einen guten starken Staat herrscht hier vor oder
"Big Brother is watching you". Schäuble wäre mir als Zuschauer sogar noch
recht, aber sowohl Bisky als auch Schönhuber lieber nicht.
Die Probleme der Datensicherheit der Patientendaten sind mit
einem zentralen Server oder mehreren zentralen Servern bei gutem Willen lösbar.
Das Verlassen darauf, dass alle Teilnehmer gutwillig seien, ist nicht immer
eine tragfähige Lösung; sonst brauchten wir weder Gefängnisse noch Polizei noch
Bundeswehr. Wir brauchten keine Prüfungsausschüsse, keine Datenschutzbeauftragten.
Es muss als Tatsache angesehen werden, dass Möglichkeiten zum
kriminellen Handeln genutzt werden, wenn sie sich eröffnen. Wir Ärzte haben
eine Verpflichtung der Gesellschaft gegenüber, die weit über die Verpflichtung
zum Kostensparen im Gesundheitssystem hinausgeht. Wir müssen die Gesellschaft
für die Probleme sensibilisieren, die sich aus der Datensammelwut ergeben können.
Gerade wir Deutschen mit unserer Neigung zum Perfektionismus sind hier
besonders gefragt. Ein flächendeckend ausgebautes System mit zentraler Datenspeicherung
hätte in den 40er-Jahren des letzten Jahrhunderts katastrophale Folgen gehabt.
(Beifall)
Natürlich hoffe auch ich, dass sich diese Geschichte nicht
wiederholt. Aber dass weiterhin Menschen zu menschenverachtenden Handlungen
bereit sind, zeigt der 11. September 2001, zeigen Guantanamo, zeigen Srebrenica
oder der Schießbefehl in Deutschland bis 1989.
Jetzt zurück zur eCard. Für mich steht außer Zweifel, dass
eine elektronische Gesundheitsakte die Zusammenarbeit von Ärzten und
Krankenhäusern verbessern kann. Aber nur ein dezentrales System kann den
Patienten vor Schäden bewahren, wie sie gerade angedeutet wurden. Es gibt
Bestrebungen für eine elektronische Gesundheitskarte auf einem USB-Stick. Das
wird auch von der Gesundheitswirtschaft witzigerweise so gesehen, sodass sie
sich entschlossen hat, dafür einen Innovationspreis zu vergeben. Es sind
interessante Leute dabei, auch Ärzte.
Was passiert mit der eCard in der Praxis?
Vizepräsident Dr. Montgomery: Herr Stagge, die
Zeit ist um.
Stagge, Nordrhein: Stimmen Sie gleich richtig ab.
Ich habe das Gefühl, Sie wissen, was Sie tun.
(Beifall)
Vizepräsident Dr. Montgomery: Ich danke Ihnen für
die Wortmeldung, Herr Kollege Stagge. - Die Nächste auf der Rednerliste ist
Frau Kollegin Ute Taube aus Sachsen. Frau Kollegin, Sie haben das Wort. |