TOP IV: Auswirkungen der Telematik und elektronischen Kommunikation auf das Patient-Arzt-Verhältnis

Donnerstag, 22. Mai 2008, Vormittagssitzung

Dr. Handrock, Berlin: Herr Vizepräsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! In einem Autoland ist das Bild der Autoindustrie immer am hinweisreichsten. Mir kommt es so vor, als würde Daimler entscheiden: Wir bauen ein Auto, jetzt bauen wir eine große Fabrikhalle, stellen die Maschinen hinein - und dann entscheiden wir, ob wir einen Lkw oder einen Pkw bauen. Was soll das?

Um keinen falschen Eindruck zu hinterlassen: Ich selber arbeite seit vielen Jahren in einer papierfreien Praxis. Ich bin aber der Meinung, dass das, was mit der eCard auf uns zukommt, ein einziges Desaster ist.

(Beifall)

Das Problem ist, wenn ich die Situation eines Arztes von der Basis zugrunde lege, dass die eCard nur dann Sinn macht, wenn man in seiner Praxis seine Daten auch vollständig elektronisch abspeichert. Das ist aber kein Abbild der Wirklichkeit. Nach meiner Schätzung sind gegenwärtig maximal 10 Prozent aller Daten elektronisch abgelegt. Die Forderung an uns impliziert, dass wir unsere gesamten Daten elektronisch ablegen. Das können wir aber nicht von heute auf morgen erledigen. Das, was uns sozusagen ans Bein gebunden wird, ist, dass wir uns mit Verve in eine Technik hineinwerfen, die zurzeit noch vollständig unausgereift ist, bei der wir mit Sicherheit inhaltliche, monetäre und zeitliche Ressourcen einsetzen müssen.

Das nächste Problem ist: Ich kann als Niedergelassener nur einen kleinen Teil des Kostenrahmens abschätzen. Wenn ich mich auf die Lesegeräte, die erforderlich werden, beschränke und davon ausgehe, dass jeder Anwender ein Lesegerät braucht, dann komme ich auf einen Kostenrahmen von etwa 30 Millionen Euro für die Anwender. Da wir von einer durchschnittlichen Lebensdauer von drei Jahren für ein solches Gerät ausgehen können, ergibt sich ein Erhaltungsbedarf von 10 Millionen Euro nur für die Lesegeräte.

Ich fordere erstens, dass, bevor eine elektronische Datenkarte eingeführt wird, ein klarer Rahmen für die Datenerfassung gegeben ist, zweitens, dass ein fester Kostenrahmen für uns Niedergelassene und auch für die Krankenhausträger vorgegeben ist.

Vielen Dank.

(Beifall)

Vizepräsident Dr. Montgomery: Vielen Dank, Herr Kollege Handrock aus Berlin. - Als Nächster hat das Wort Günter van Dyk, Ärztekammer Hamburg.

© Bundesärztekammer 2008