TOP IV: Auswirkungen der Telematik und elektronischen Kommunikation auf das Patient-Arzt-Verhältnis

Donnerstag, 22. Mai 2008, Vormittagssitzung

Prof. Dr. Mau, Berlin: Herr Vizepräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich Herrn Bartmann für seinen Vortrag danken. Er hat mich tief nachdenklich gemacht und mich in meiner Reserve völlig bestärkt. Um es vorwegzunehmen: Ich bin durchaus technikbegeistert. Ich finde Technik in der Medizin gut. Ich weiß: Heute können wir ohne Elektronik nichts mehr machen. Ich finde es gut, wenn ich Patienten durch verschiedene bildgebende Verfahren durchleuchten kann und so einen kleinen Pankreastumor finde.

Ich finde es aber nicht gut, wenn mithilfe der eCard jede Krankenversicherung Ihren Patienten genauso durchleuchten kann und seine zukünftigen Lebensrisiken abschätzt.

(Beifall)

Ich fühle mich als Arzt nach wie vor dem Schutz des Patienten verpflichtet. Ich möchte ihn vor Gefahren bewahren, die er nicht erkennt, die ich möglicherweise schon erkenne. Genau muss ich ihn davor bewahren, Informationen über ihn, von denen wir zum Teil noch nicht einmal wissen, welche Konsequenzen sie für sein zukünftiges Leben haben, herauszugeben, die dann irgendwo deponiert werden, wo der Patient keine Verfügung hat und auch nicht weiß, was damit in Zukunft passiert.

Ich nenne das Stichwort Intersex. Ich mag das Wort nicht; Sie wissen, was damit gemeint ist. In der Bundesrepublik leben einige Zehntausend Menschen, deren geschlechtliche Zuordnung nicht eindeutig ist. Ärzte wissen das, sie haben es auch irgendwo verschlüsselt aufgeschrieben. Stellen Sie sich bitte vor, diese Informationen über einige Zehntausend Menschen mit ihren hochintimen Details sind irgendwo verankert, und diese Informationen sind möglicherweise ihrem privaten Zugriff, ihrer Verfügung entzogen.

Dies darf nicht geschehen. Wir sind verpflichtet, dies zu verhindern.

(Beifall)

Ein anderes Beispiel: Man kann auch schon einmal drei Jahre mit der Krankenversicherung darum kämpfen, dass ein Patient, der eine Bauchspeicheldrüsenverletzung erlitten hat, die Kosten aus der Behandlung erstattet bekommt. Die Krankenkasse sagt: Der Patient hat eine kleine genetische Deformation, die dazu prädestiniert, eine Pankreaserkrankung zu bekommen; der Patient wäre ohnehin krank geworden. Das ist dann ein Streitpunkt.

Ein weiteres Beispiel: Wir wissen heute noch gar nicht die Bedeutung der Vielzahl von Informationen abzuschätzen, die wir aus der prä- und postnatalen Genetik erhalten.

All dies muss für den Patienten so verwahrt werden wie in einem Schweizer Safe. Deshalb kann ich den Antrag des Vorstands unterstützen, der dafür den USB-Stick empfiehlt.

Ich danke Ihnen.

(Beifall)

Vizepräsident Dr. Montgomery: Vielen Dank, Harald Mau. - Der nächste Redner ist der Kollege Frank-Rüdiger Zimmeck aus Hessen. Herr Zimmeck, Sie haben das Wort.

© Bundesärztekammer 2008