TOP IV: Auswirkungen der Telematik und elektronischen Kommunikation auf das Patient-Arzt-Verhältnis

Donnerstag, 22. Mai 2008, Vormittagssitzung

PD Dr. Scholz, Hessen: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir uns hier mit der Telematik beschäftigen, ist das relativ schwierig, weil alle möglichen Felder vermischt werden. Ich will auf keinen Fall, dass beispielsweise das elektronische Auslesen des EKG-Geräts und ähnliche Dinge abgeschafft werden. Aber unsere Kritik und die Probleme entzünden sich an Entwicklungen, die letztlich aus der Verwaltung der Patientendaten resultieren. Ich finde es nur richtig, wenn wir auch hier kritische Anmerkungen machen.

Herr Weichert, ist es nicht zutreffend, dass Ihr Zentrum oder Ihre Datenschutzbeauftragten in Schleswig-Holstein wegen der aufgetretenen Probleme zum Abbruch des Feldversuchs aufgerufen haben? Ich möchte Herrn Kollegen Brunngraber widersprechen: Sie können dort sehr wohl Erkenntnisse erzielen, nämlich dass sich 30 Prozent der Ärzte ihren Arztausweis durch irreversible PIN-Eingaben oder falsche Eingaben gesperrt haben. 75 Prozent der Patienten haben das geschafft. Ich finde, daraus können wir einen tollen Demenzindex machen. Wenn Sie das teilen und in Ihrer Praxis persönlich unter 2,5 kommen, dann haben Sie ein Problem. Wenn Sie über 2,5 kommen, hat Ihr Patient ein Problem.

Zum Inhaltlichen: Es gibt zig Module. Wenn jemand hier im Saal sitzt, der das alles versteht, der möge es mir hinterher einmal erklären. Meine Kernfrage lautet: Sind die Schnittstellen alle getestet? Es muss für einen Datenschützer doch ein Albtraum sein, alle Schnittstellen zu beobachten und festzustellen, welche denn wie und wo funktionieren. Ich glaube, so etwas brauchen wir nicht.

(Beifall)

Zu den Kosten: Schauen Sie bitte in den Bericht der gematik auf Seite 24. Dort ist eine Kosten-Nutzen-Rechnung aufgemacht. Die mittlere Erwartungswahrscheinlichkeit hinsichtlich eines Minus liegt bei zehn Jahren. Wenn wir hier auf dem Ärztetag immer wieder erklären, wir hätten Probleme mit der Finanzierung, dann frage ich: Warum sollen wir uns für eine derartige Lösung entscheiden, bei der wir von vornherein wissen, dass sie uns mit einer mittleren Erwartungswahrscheinlichkeit ein Minus bescheren wird? Wir müssten doch bescheuert sein, das selber zu tun!

(Beifall)

Ich finde es beschämend, wenn es diese hohen Standards gibt, die in § 291 a SGB V niedergelegt sind, dass es in einigen Bundesländern Kolleginnen und Kollegen gibt, die dort, weil es ein paar Euro mehr gibt, Verträge abschließen und ungesichert Patientendaten auf AOK-Servern speichern. Ich finde, das gehört sich dann aber auch nicht!

(Beifall)

In Kalifornien sind einer Krankenkasse fünf Server gestohlen worden. Sie musste sich auf ihrer Homepage dafür entschuldigen, dass 400 000 Patientendaten verschwunden sind. Ich finde, das ist das Hauptproblem, Herr Weichert: Sind die elektronischen Daten erst einmal heraus, dann ist es wie mit der Zahnpasta aus der Tube - man bekommt sie nicht mehr zurück. Da müssen wir zum Äußersten schreiten und die Zahnpasta drinlassen.

(Beifall)

Vizepräsident Dr. Montgomery: Vielen Dank, Herr Kollege Scholz. - Bevor der Kollege Peters ans Rednerpult tritt, hat der Referent, Herr Dr. Weichert, ums Wort gebeten. Herr Peters, ich darf Sie um etwas Geduld bitten.

© Bundesärztekammer 2008