Prof. Dr. Kahlke, Hamburg:
Herr Vorsitzender! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist doch gut, dass das
Plenum des Deutschen Ärztetages vor einem Jahr in Münster diesen nicht für alle
ganz akzeptablen Antrag angenommen hat; denn dadurch haben wir heute diese
differenzierte Debatte, für die ich dankbar bin, und dadurch haben wir auch die
Gelegenheit gehabt, diese beiden hervorragenden Referate von Herrn Weichert und
von Herrn Bartmann zu hören. Ich glaube, wenn das Plenum dies im vorigen Jahr
nicht beschlossen hätte, hätten wir diese Diskussion heute nicht. Ich glaube,
diese Diskussion und diese Informationen sind etwas ganz Wesentliches.
Auf der anderen Seite gebe ich zu - so geht es mir persönlich
und vielleicht auch vielen anderen Kritikern -, dass es etwas schwieriger
geworden ist, dagegen zu argumentieren. Das will ich offen sagen. Das war in
Münster einfacher, weil - das ist ja das Positive - viele der Kritikpunkte in
dem sehr differenzierten Papier von Herrn Bartmann jetzt aufgenommen sind.
Ich greife gern die Frage von Frau Gitter auf: Was passiert
denn, wenn diese Forderungen nicht akzeptiert werden? Nach der Vorlage heißt
das: Wir bleiben trotzdem im Boot. Nach dem Antrag 12, der auch von mir
unterschrieben ist, wird verlangt: Solange bestimmte Forderungen nicht erfüllt
sind, müssen wir dieses Projekt ablehnen. Ich denke, das ist auch eine
Konsequenz.
(Beifall)
Es gibt verschiedene Schwerpunkte. Es ist sehr viel über die
Datensicherheit gesagt worden. Das ist aber nur die eine Seite. Auch die
Technik ist die eine Seite. Die andere Seite ist, so denke ich, der Bereich, in
dem wir auf der Basis unseres - das ist ein bisschen altmodisch ausgedrückt -
Berufsethos handeln. Der Kollege Julian Veelken hat auf den Fall hingewiesen,
dass durch die Gesundheitsakte Kenntnisse an Kolleginnen und Kollegen
weitergegeben werden, und zwar ohne Einverständnis des Patienten, einfach weil
sie dort vorhanden sind. Bei allem Vorteil, dass die Daten schnell und einfach
verfügbar sind, gilt: Darüber können wir nicht so einfach verfügen.
Ich glaube, durch die Telematik wird in diesen Bereich der
Beziehungsmedizin eingegriffen. Das ist in meinen Augen der schützenswerteste
Raum. Das hat auch der Vortrag von Herrn Hoppe deutlich gemacht. Das steht auch
im "Ulmer Papier".
Ich denke, das Projekt ist mit dem Grundvertrauen unserer
Patienten in unsere Tätigkeit nicht vereinbar. Das bewährte Konzept einer am
Individuum und seiner individuellen Lebensgestaltung orientierten Humanmedizin
würde dadurch zerstört.
Deshalb bitte ich Sie, auf dem diesjährigen Ärztetag, weil
sich das Konzept nicht geändert hat, die Gesundheitskarte weiterhin abzulehnen.
Danke schön.
(Beifall)
Vizepräsident Dr. Montgomery: Vielen Dank, lieber
Winfried Kahlke. - Der nächste Redner auf der Rednerliste ist Herr Kollege
Holzborn aus der Ärztekammer Nordrhein. |