TOP V: Sachstandsbericht zur (Muster-)Weiterbildungsordnung

Mittwoch, 21. Mai 2008, Nachmittagssitzung

Dr. Koch, Referent: Sehr geehrter Herr Präsident, lieber Jörg Hoppe! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Ihnen in diesem Jahr, wie vom Deutschen Ärztetag vor einigen Jahren beschlossen, einen kurzen Sachstandsbericht geben. Ich möchte Ihnen dann etwas über die Anpassung der Weiterbildungsordnung in den Jahren 2009/2010 berichten. Sodann möchte ich Ihnen einen kurzen Ausblick auf die Evaluation der Weiterbildung, die wir ja beschlossen haben, geben. Ganz zum Schluss möchte ich noch einige allgemeine Bemerkungen zur Weiterbildungsordnung aus meiner Sicht machen.

Ich komme zunächst zu meinem Sachstandsbericht. Dieser Bericht fällt heute relativ kurz aus. Es geht um eine Darstellung, wie sich die (Muster-)Weiter­bildungsordnung in den einzelnen Landesärztekammern weiterentwickelt hat. Es geht um die Beschlüsse des Deutschen Ärztetages insbesondere zur Ge­staltung des Gebiets Innere Medizin und Allgemeinmedizin. Ich zeige Ihnen eine Tabelle, wie der derzeitige Stand in den 17 Landesärztekammern ist. Sie sehen, dass der Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin bisher in nahezu allen Landesärztekammern eingeführt ist. Bei drei Landesärztekammern steht noch "Facharzt für Allgemeinmedizin". Dort ist aber signalisiert, dass dies im Heilberufekammergesetz geändert werden kann, wenn die Länder es alle wollen und beschlossen haben.

Die Länder, die Sie auf der linken Seite sehen, haben den Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin eingeführt, der bekannterweise bis zur Notifizierung in Brüssel nur als Facharzt für Allgemeinmedizin geführt werden kann.

Eine Kammer hat im vergangenen Herbst nunmehr eine kleine Abweichung vorgenommen. Dies ist inzwischen von der entsprechenden Aufsichtsbehörde genehmigt worden, sodass wir momentan einen Stillstand in der Notifizierungsdiskussion haben, weil es aktuell keine Möglichkeit gibt, den Titel "Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin" bei der Kommission in Brüssel zu notifizieren. Das bereitet natürlich den Kammern, die Sie auf der linken Seite aufgeführt sehen, gewisse Schwierigkeiten, weil drängende Fragen derjenigen Kolleginnen und Kollegen, die diese Urkunde bekommen haben, im Raum stehen, ab wann sie denn nun endlich den neuen Titel führen können. Da muss ich Ihnen hier und heute sagen: Dies ist momentan noch vollkommen unbekannt.

Ich möchte Ihnen ferner einen Sachstandsbericht zur Umsetzung der Beschlüsse des Deutschen Ärztetages im vorigen Jahr zum Facharzt für Innere Medizin geben. Das ist die neueingeführte Säule 12.2 der (Muster-)Weiter­bildungsordnung. Die Nummerierung kann in der Weiterbildungsordnung Ihrer Ärztekammer eine andere sein.

Auch hierzu zeige ich Ihnen eine Tabelle. Sie weist aus, dass bis auf die Ärztekammer, die ganz oben aufgeführt ist, alle Kammern den Facharzt für Innere Medizin eingeführt haben oder in den nächsten Wochen einführen werden. Eine Landesärztekammer hat bisher dies noch nicht beschlossen bzw. im letzten Herbst diesen Beschluss nicht herbeigeführt. Wir haben hier aber eine relativ große Übereinstimmung von 16 Landesärztekammern, die diesen Facharzt für Innere Medizin als Säule 12.2 in die Weiterbildungsordnung eingeführt haben.

So viel als Sachstandsbericht zur aktuellen Umsetzung der (Muster-)Weiter­bildungsordnung. Der zweite Punkt, über den ich Ihnen kurz berichten möchte, ist die Anpassung der (Muster-)Weiterbildungsordnung im nächsten und übernächsten Jahr. Ich spreche ganz bewusst nicht von einer Novellierung; denn es soll keine Novellierung sein, sondern eine Anpassung und Überarbeitung der jetzt gültigen Weiterbildungsordnung in den Punkten, die sich in den Kammern als nicht praktikabel oder verbesserungswürdig herausgestellt haben.

Wir haben deshalb Ende letzten Jahres alle Kammern mit der Bitte angeschrieben, uns diese Punkte mitzuteilen. Das ist inzwischen erfolgt. Wir haben Anfang des Jahres auch die Berufsverbände und die Fachgesellschaften mit derselben Bitte angeschrieben, ob aus ihrer Sicht etwas angepasst werden müsste. Der Rücksendetermin ist hier Ende Mai.

Wir werden anschließend das Ganze nach dem sogenannten zweistufigen Normsetzungsverfahren bearbeiten, das die Landesärztekammern beschlossen haben. Das bedeutet, dass sich zunächst die Weiterbildungsgremien der Bundesärztekammer damit befassen, dann der Vorstand der Bundesärztekammer, dann die Gremien auf Landesebene, und zwar sowohl die Weiterbildungsgremien als auch der Vorstand der Landesärztekammer. Dann wird es wieder zurückgespielt und auf Bundesebene nochmals diskutiert. Wenn noch Unklarheiten bestehen, beginnt derselbe Kreislauf noch einmal.

Wenn alles klar ist, kann es auf dem Deutschen Ärztetag in einer mit allen abgestimmten Fassung eingebracht werden, sodass dann gewährleistet sein müsste, dass Beschlüsse des Deutschen Ärztetages, nachdem alle bereits vorher darüber diskutiert und ihre Wünsche mit eingebracht haben, in den Landesärztekammern entsprechend gleichlautend umgesetzt werden können.

Das heißt, wir werden jetzt alle Anträge, die heute eventuell noch kommen, und auch das, was uns von den Landesärztekammern und den Fachgesellschaften mitgeteilt worden ist, in dieses zweistufige Normsetzungsverfahren einbringen. Das würde auch bedeuten, dass Anträge, die heute eventuell noch gestellt werden, an den Vorstand überwiesen werden müssen, damit sie in das Geschehen eingebracht werden können.

Wir werden voraussichtlich auf dem nächsten Deutschen Ärztetag und auch auf dem übernächsten Deutschen Ärztetag entsprechende Anträge vonseiten des Vorstands der Bundesärztekammer und der Landesärztekammern präsentieren können, um weitere Verbesserungen der (Muster-)Weiterbildungsordnung erzielen zu können.

Der nächste Punkt betrifft die Evaluation der Weiterbildungsordnung. Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass wir seit längerer Zeit diskutieren, dass wir eine Evaluation der Weiterbildungsordnung benötigen. Sie wissen auch, dass unsere Kolleginnen und Kollegen in der Schweiz seit mehreren Jahren eine solche Befragung zur Evaluation durchführen. Die Ärztekammern Hamburg und Bremen haben im letzten Jahr nach dem Schweizer Muster ebenfalls eine solche Evaluation durchgeführt. Aufgrund dieser Ergebnisse haben im letzten Jahr inzwischen 15 Kammern beschlossen, dass in diesem Jahr eine solche Evaluation bundesweit durchgeführt werden soll. Zwei Kammern stehen hier noch aus. Ich denke, dass sie sich ebenfalls noch dazu entschließen werden.

Wir haben in einer Steuerungsgruppe entsprechende Vorgespräche und Diskussionen geführt. Wir kennen jetzt ungefähr den Kostenrahmen des Ganzen. Wir wissen, dass wir, wenn wir noch vor der Sommerpause die Beauftragung der EZH in Zürich, die das Ganze durchführt, starten, sogar noch in diesem Jahr mit der Befragung beginnen können. Zuerst werden die Weiterbildungsbefugten befragt, dann die Weiterzubildenden.

Wir werden im nächsten Frühjahr - wenn es gut geht: bis zum nächsten Deutschen Ärztetag - eine Auswertung dieser bundesweiten Evaluation der Weiterbildung vorliegen haben.

Die Landesärztekammern wurden Anfang dieses Jahres von der Hauptgeschäftsführung der Bundesärztekammer angeschrieben und gebeten, zu diesem Zweck Beauftragte zu benennen. Das haben alle Landesärztekammern getan. Wir werden voraussichtlich noch im Juli zu einer Besprechung dieser Kolleginnen und Kollegen einladen und dann mit den Landesärztekammern zusammen und der Steuerungsgruppe die Evaluation auf den Weg bringen, sodass wir in absehbarer Zeit sinnvolle Ergebnisse von der Befragung der Befugten und der Assistenten erwarten können.

Meine Damen und Herren, zum Schluss möchte ich noch einige allgemeine Bemerkungen aus der Sicht des Vorsitzenden der Weiterbildungsgremien der Bundesärztekammer machen. Ich habe Ihnen vor einem Jahr einen Satz zitiert, den ich offensichtlich nicht richtig interpretiert habe, denn er hatte nicht die Durchsetzungskraft, die ich mir von ihm erwartet habe. Gestatten Sie mir deshalb, dass ich heute etwas deutlicher ausführe, was ich mit dem zitierten Satz meinte.

Viele von Ihnen, meine Damen und Herren, werden sich vielleicht noch daran erinnern, dass ich zur Novellierung der Weiterbildungsordnung in den Jahren 2001, 2002, 2003 und 2004 meine Referate immer mit einem Bild aus fernen Landen begonnen habe. Ich möchte Ihnen auch heute ein solches Bild zeigen. Es ist eine Aufnahme von Machu Picchu, einer alten Stadt der Inkas auf 4 000 Meter Höhe, von der man nur weiß, wann mit ihrem Bau begonnen wurde und dass sie höchstwahrscheinlich von den Inkas gebaut wurde. Sonst weiß man nichts. Man weiß nicht, ob es eine normale Stadt war, ob es eine Befestigung war, ob es irgendetwas Geistliches war. Man weiß nicht, warum sie nicht fertig gebaut wurde, man weiß nicht, warum sie verlassen wurde, man weiß nicht, warum die Spanier sie nicht gefunden haben.

Fast habe ich einen solchen Eindruck auch von vielen Kolleginnen und Kollegen in diesem unserem Lande, dass sie zwar etwas von Weiterbildung wissen, aber nicht mehr so ganz genau, was denn Sinn und Zweck der Weiterbildung ist. Deswegen habe ich in alten Referaten gekramt und gefunden, was ich auf dem 106. Deutschen Ärztetag im Jahre 2003 über Sinn und Zweck der Weiterbildungsordnung gesagt habe und worauf wir uns hier in diesem Hohen Hause bezüglich der Weiterbildungsordnung verständigt haben.

Wir haben damals festgelegt: Es ist eine einheitliche Bildungsordnung. Sie soll eine transparente Struktur haben. Sie soll klar definierte Begriffe haben. Sie dient der Qualitätssicherung in der Weiterbildung. Sie muss sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich und übergreifend flexibel sein.

Was bedeutet das, wenn wir das einmal zusammenfassen, bezüglich der Aufgaben, die eine Weiterbildungsordnung zu erfüllen hat? Das kann man ganz einfach in eine primäre und eine sekundäre Aufgabe unterteilen.

Die primäre Aufgabe der Weiterbildungsordnung ist der Qualifikationserwerb für junge Kolleginnen und Kollegen, damit sie ihre Patientinnen und Patienten optimal versorgen können. Das ist der eigentliche Sinn der Weiterbildungsordnung, also eine Bildungsordnung.

Sekundär gibt es selbstverständlich noch Gründe, die berücksichtigt werden müssen, nämlich Berufsrecht, Sozialrecht usw.

Daraus folgert aber auch, liebe Kolleginnen und Kollegen, was die Weiterbildungsordnung nicht sein kann und nicht sein soll. Keine Aufgabe soll der föderale Wettbewerb sein. Die Weiterbildungsordnung kann nicht dazu dienen, einen Wettbewerb der verschiedenen Kammern untereinander auszulösen. Sie wissen ja: Wir haben gewisse Probleme mit dem Föderalismus in Deutschland, was Gemeinsamkeiten angeht. Die Weiterbildungsordnung kann kein Schauplatz sein, um diesen Wettbewerb durchzuführen.

Die Weiterbildungsordnung kann keine Spielwiese für Einzelinteressen sein.

(Beifall)

Sie muss immer das Ziel im Auge haben, die Qualifikation der jungen Kolleginnen und Kollegen herzustellen, nicht aber Einzelinteressen zu befriedigen.

Sie kann auch nicht die Lösung von Strukturproblemen darstellen, sei es an Universitäten, sei es an großen Krankenhäusern, seien es Strukturprobleme von Gesellschaften oder Verbänden. Hierzu ist die Weiterbildungsordnung nicht geeignet.

Die Weiterbildungsordnung darf auch kein Austragungsort von Machtspielen sein. Es darf nicht die eine Gruppierung etwas durchsetzen wollen, um die andere zu ärgern. Das kann nicht Sinn und Zweck der Diskussion über die Weiterbildungsordnung sein.

Letztendlich ist die Weiterbildungsordnung auch nicht geeignet, um Lebensträume zu erfüllen. Auch mein Lebenstraum, dass Schilddrüsenerkrankungen nur noch von Endokrinologen behandelt werden, wird sich sicher nie erfüllen lassen. Ich werde das deshalb auch nie in die Diskussion einbringen.

Wenn wir in der Zukunft diese Punkte nicht berücksichtigen, werden wir zu einer vermehrten Frustration unserer jungen Kolleginnen und Kollegen kommen,

(Beifall)

die immer weniger die Arbeit am Patienten suchen, sondern alternative Tätigkeitsmöglichkeiten suchen werden oder ins Ausland gehen.

Meine Damen und Herren, ich wünsche mir sehr von Ihnen allen für die Verbesserung der Weiterbildungsordnung in den Jahren 2009 und 2010, dass wir wieder zurückkommen zu einer bundeseinheitlichen Bildungsordnung, die wir im Sinne unserer jungen Kolleginnen und Kollegen entsprechend gestalten können.

Ich darf mich herzlich dafür bedanken, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank, Hellmut Koch, für diese Darstellung der Istsituation und der Aussichten, die wir uns machen sollen. Es liegen zwei Anträge für diesen Tagesordnungspunkt vor, und zwar von Herrn Professor Köhler aus Sachsen und von Herrn Bodendieck, ebenfalls aus Sachsen. Es gibt auch einige Wortmeldungen. Die erste Wortmeldung kommt von Frau Professor Braun aus Berlin.

© Bundesärztekammer 2008