Dr. Crusius,
Vorstand der Bundesärztekammer: Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Ich hoffe, die Akustik ist jetzt etwas besser. Wir verstehen hier
oben in der ersten Reihe nichts. Können Sie mich unten verstehen? – Gut.
Herr Präsident, lieber Jörg,
zunächst ist es mir ein Bedürfnis – ich glaube, ich spreche im Namen vieler –,
dir, lieber Jörg, zu danken. Ich fand es gut, dass du die Priorisierung vor dem
Ärztetag in die Öffentlichkeit geworfen hast. Ich fand es auch gut, dass du dem
Staatssekretär Klaus Theo Schröder entgegnet hast, dass die Rationierung
notwendig ist, dass man das Wort nennen muss und dass man nicht wie Klaus Theo
Schröder oder Herr Beck dieses Wort vermeiden muss, denn wir haben
Rationierung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wenn wir die Rationierung haben, dann müssen wir darüber sprechen und wir
müssen die Bevölkerung aufklären. Gerade in einem Wahljahr ist es in meinen
Augen besonders wichtig, dass wir die Kolleginnen und Kollegen und damit die
Patientinnen und Patienten über dieses Problem aufklären; denn es wird vom
Staat immer vorgegaukelt: Es ist für jeden alles da. Wenn der Patient zur
Krankenkasse geht, wird ihm erzählt: Selbstverständlich werden wir für Sie
diese Leistungen bezahlen.
Aber es wird immer heruntergebrochen
auf das individuelle Arzt-Patient-Verhältnis. Das schadet dem
Arzt-Patient-Verhältnis, denn der Arzt muss dem Patienten sagen: Ich kann das
für Sie leider nicht mehr tun, weil mein Budget erschöpft ist bzw. weil die
Arzneimittel zu teuer sind oder Ähnliches. Auf der gestrigen
Vertreterversammlung der KBV haben wir erneut feststellen können, dass die KVen
unabdingbar sind. Wir brauchen sie, denn die Selektivverträge wie in Bayern und
Baden-Württemberg – ohne dass ich den dortigen Delegierten zu nahe treten will
– folgen dem alten caesarianischen Prinzip, das Ulla Schmidt dann ausnutzt:
divide et impera. Das wollen wir nicht, wir sind eine geschlossene Ärzteschaft.
Wir wollen uns nicht zerteilen lassen durch die Machenschaften von
hausärztlichen Vertragsgemeinschaften!
(Pfiffe – Vereinzelt
Beifall)
Wir können nämlich unsere
ärztlichen Interessen und damit die Patienteninteressen nur vertreten, wenn wir
eine einheitliche starke Ärzteschaft sind.
(Beifall)
Deshalb fand ich es auch gut, dass
unser aller Präsident sich noch einmal für die Kollektivverträge eingesetzt und
sich entsprechend ins Zeug gelegt hat; denn die Selektivverträge schließen
einzelne Gruppen aus. Der Drang zum Geld ist für den einen oder anderen leider
doch ein zu großer Punkt.
Letztendlich geht es uns aber um
die ärztliche Selbstverwaltung, um die Versorgung der Patienten und um die
einheitliche Ärzteschaft in Deutschland.
Meine Damen und Herren, die klaren
Statements unseres Präsidenten am Schluss seiner Rede haben der Politik noch
einmal ins Tagebuch geschrieben, was in den nächsten Wochen vor der Wahl in
allen politischen Parteien jedweder Couleur zu erledigen sein wird. Wir alle
sind Multiplikatoren. Wir sind 400 000 Ärzte in Deutschland, jeder hat
mindestens 20 Patientenkontakte pro Tag; multiplizieren können Sie alleine,
denn Sie waren alle auf Arztschule, wie ich zu sagen pflege.
Das alles sind Wählerstimmen und
Wählerpotenziale. Wir dürfen uns einfach nicht auseinanderdividieren lassen.
Sprechen Sie mit den Patienten, reden Sie mit ihnen über die Notwendigkeiten in
der Gesundheitspolitik, aber auch über eine gewisse Selbstbeteiligung und eine
Selbsterziehung der Patienten, wenn ich es einmal so ausdrücken darf. Nicht
alles wird von oben vorgegeben.
Wir wissen, was es bedeutet, wenn
man staatlich-dirigistisch verwaltet wird. Wir hatten das im Osten 40 Jahre
lang. Wenn das wiederkommen sollte, stellen wir im Osten einen Antrag auf
Ausreise aus der Bundesrepublik.
Vielen Dank.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h.
c. Hoppe: Zum Glück darf man aus der Bundesrepublik auch ohne Antrag
ausreisen.
(Beifall)
Wenn man nicht wiederkommt, wird
man irgendwann gestrichen, wenn es denn jemand merkt.
Vielen Dank.
Ich möchte Herrn Professor Scriba,
den Vorsitzenden unseres Wissenschaftlichen Beirats, bei uns herzlich begrüßen.
Herzlich willkommen, Herr Scriba! Wir freuen uns, dass Sie schon heute anwesend
sind.
(Beifall)
Als nächster Redner bitte Herr
Privatdozent Dr. Benninger aus Baden-Württemberg.
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