Zimmer,
Nordrhein: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr
Präsident, es schmerzt mich, wenn Sie feststellen mussten, dass behinderte
Kinder nach ihrem 18. Geburtstag in die Wüste geschickt werden. Ich habe in
über 20 Jahren nur einmal erlebt, dass ein solcher junger Mensch unvorbereitet
vom vorbehandelnden Pädiater nach draußen geschickt wurde. In der Regel ist das
Überleitungsmanagement ganz hervorragend, zumindest in meiner Wahrnehmung. 20
Jahre Tätigkeit in Kreisstelle und KV haben dort nicht einen einzigen
Problemfall erkennen lassen.
(Beifall)
Ich bin überrascht, dass ich im
Leitantrag I-01 unter der Überschrift „Prüfsteine für eine neue,
vorausschauende Gesundheitspolitik“ unter Punkt 11 lese, dass die
flächendeckende Sicherstellung der ambulanten Versorgung durch die
Kassenärztlichen Vereinigungen vorausgesetzt wird. In meiner Kreisstelle werden
28 Hausarztsitze als offen ausgewiesen. Im letzten Jahr ist ein Kollege mit
gerade einmal 50 Jahren aus vollem Saft und Kraft verstorben, ein weiterer ist
inzwischen schwerstkrank. Beide haben ihre Praxis nicht verkaufen können. Wir
sind jetzt bei 30 offenen Sitzen. Das zeigt, dass das mit der flächendeckenden
Sicherung so, wie es in dem Papier dargestellt wird, zumindest in meiner
Kreisstelle nicht klappen kann.
(Beifall)
Es ist für mich auch kein
stabiler Kollektivvertrag, wenn in dieser Region Nordrhein 35 Euro im Quartal,
also schlappe 12 Euro pro Monat, für eine hausärztliche Versorgung übrig
bleiben, die alle Kerngeschäfte – Hausbesuche, EKGs, Lungenfunktionsprüfungen
usw. –, das sogenannte Regelleistungsvolumen, umfasst. Das kann nicht dazu
führen, dass sich Kollegen motiviert fühlen, in dieser Region anzutreten. Sie
werden im Rahmen der individuellen Priorisierung andere Gebiete der Republik
aufsuchen, wo sie für dieselbe verantwortungsvolle Tätigkeit ungefähr das
Doppelte an Honorar bekommen.
Ich möchte auf den letzten Satz in
Punkt 11 hinweisen. Dort steht, dass eine Abschottung der hausärztlichen von
der fachärztlichen Versorgung verhindert werden muss. Meine Wahrnehmung ist,
dass im derzeitigen KV-System 50 Prozent der Patientenkontakte ohne diese
Kommunikation stattfinden, bei voller Abschottung zwischen hausärztlicher und
fachärztlicher Versorgung. Das Schreiben der Arztbriefe ist im Facharztlager
bei weit unter 50 Prozent angekommen, sodass derzeit die Abschottung geradezu
manifestiert ist.
Zum Schluss möchte ich das Plenum
bitten: Wenn wir morgen über Priorisierung reden, sollten wir uns, wenn wir
Ressourcen in Form von Weiterbildungskapazitäten und Geld einsetzen, bemühen,
eine stabile, wohnortnahe, demografiegerechte hausärztliche Versorgung als
erste Priorität ärztlichen Weiterbildungshandelns und ärztlicher Tätigkeit zu
favorisieren.
Danke schön.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h.
c. Hoppe: Vielen Dank, Herr Zimmer. – Der nächste Redner ist Herr Kollege Dietsche.
Er kommt aus Baden-Württemberg.
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