TOP I: Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik

Dienstag, 19. Mai 2009, Nachmittagssitzung

Dr. Fresenius, Bayern: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche zum Antrag I-01, Abs. 15. Ich bin erfreut, dass das Kostenerstattungsprinzip Erwähnung findet, wenn auch sehr diskret. Ich finde es etwas zu diskret. Vorhin hat Herr Wesiack gesagt: Die Richtung stimmt nicht. Wir sollten – das hat sich für Deutschland oft als gut erwiesen – nicht in den Osten blicken, sondern in den Westen. Frankreich ist ein Land, das sowohl hinsichtlich seiner kulturellen als auch hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Situation mit uns durchaus vergleichbar ist. Dort ist es durchaus üblich, dass der Patient nach erbrachter Leistung vom Arzt eine Rechnung bekommt, diese bezahlt und sie anschließend bei der Gemeinde einreicht und dort 80 Prozent des Rechnungsbetrags erstattet bekommt.

Wir brauchen meiner Meinung nach weder § 73 b noch § 73 c, sondern wir brauchen wirkliche Transparenz. Wir brauchen eine direkte Beziehung mit dem Patienten, eine Arzt-Patient-Beziehung. Es gibt das Argument, dass Rechnungen vielleicht nicht beglichen werden. Dieses Schicksal würden wir mit allen anderen freien Berufen und mit anderen Handwerkern teilen. Im Augenblick haben wir eine Gebührenordnung nach Euro und Cent, die sicher knapp oder ungerecht gestaltet ist. Wir fordern lediglich eine Kostenerstattung anhand dieser Gebührenordnung.

Ich weiß, wie träumerisch diese Forderung ist. Ich weiß, dass Politiker sagen: Wir würden es ja gern machen, aber derjenige, der es fordert, ist automatisch der Wahlverlierer. Warum können wir nicht denjenigen Politikern, die dieser Meinung sind, den Rücken stärken und sagen: Wir, die Ärzteschaft, stehen hinter einem solchen Prinzip?

Es geht nicht, wie diskriminierend behauptet wird, um Vorauskasse. Nein, das hat nichts mit Vorauskasse zu tun. Hier geht es um eine Nachkasse, so wie es in jedem Dienstleistungsverhältnis üblich ist: Nach erbrachter Leistung erstatte ich diese.

Auch das Argument, dass der Patient die Rechnung vielleicht nicht verstünde, ist meiner Ansicht nach nicht schlüssig, weil auch ich die Rechnung meines
Elektrizitätswerks und meines Autohändlers nicht verstehe.

Zum Schluss darf ich Herrn Dietrich bitten, uns von der illegalen Situation zu befreien, in der wir uns immer wieder befinden. Wir behandeln nämlich kostenlos. Diese kostenlose Behandlung setzt uns in Widerspruch zu § 12 der Berufsordnung, sodass wir alle straffällig werden.

Vielen Dank.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen Dank. – Der nächste Redner ist Herr Kollege Montgomery, Präsident der Ärztekammer Hamburg und Vizepräsident der Bundesärztekammer.

© Bundesärztekammer 2009