Dr.
Albring, Niedersachsen: Lieber Herr Hoppe! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Ich habe mich heute Morgen nach Ihrem Referat, Herr Präsident, sehr
gerne erhoben, aber in einem Punkt muss ich Ihnen heftigst widersprechen. Das
betrifft das Schwangerschaftskonfliktgesetz. Wie läuft das denn in der
Realität? Die Patientin kommt zu mir in der 18. oder 20. Woche, ich mache einen
Ultraschall, stelle bei dem Baby ein Problem fest, schicke die Patientin zum Pränatalmediziner.
Es dauert zwei, drei Tage, bis ich dort einen Termin bekomme. Der
Pränatalmediziner wird die Diagnose bestätigen, aber er hat noch immer keine
endgültige Diagnose getroffen. Er macht eine Amniozentese, also eine
Fruchtwasserpunktion, er macht möglicherweise, wenn ein Infekt vorliegt, auch
noch eine Blutanalyse. Das dauert und dauert.
Letztendlich wird die Diagnose
gestellt: Das Baby ist schwerkrank; die Diagnose beispielsweise thanatophorer
Zwergwuchs oder Zystennieren ist nicht mit dem Leben vereinbar.
Was passiert dann? Jetzt muss die
Frau, nachdem diese Diagnose und die Indikation gestellt ist, noch drei Tage
warten. Sie muss sozusagen noch in ihrem eigenen Saft schmoren, um dann endlich
den Schwangerschaftsabbruch zu bekommen.
Nach Ansicht der Frauenärzte, die
damit zu tun haben, der Pränatalmediziner, von „pro familia“ und vielen anderen
Beratungsstellen – außer den kirchlichen Beratungsstellen – ist das
unmenschlich und frauenfeindlich. Deshalb können wir nicht begrüßen, dass das
so gelaufen ist.
Was passiert denn heute?
Eine Frau mit 35 Jahren weiß schon
vom Hörensagen, wenn sie ungewollt schwanger ist: Es könnte möglicherweise ein
Chromosomenproblem vorliegen. Was passiert dann im Gegensatz zu früher? Sie
wird Angst haben, dass sie, wenn sie ein Kind mit einem Fehler hat, den
Schwangerschaftsabbruch nicht mehr vornehmen kann, weil die Gesetze so rigide
geworden sind. Sie wird dann zum Notanker greifen und eventuell die Möglichkeit
des Schwangerschaftsabbruchs bis zur 14. Woche bzw. 12 Wochen post conceptionem
wahrnehmen. Das ist nicht in Ordnung.
Ich habe selbst solche Fälle in der
Praxis, wo die Patienten genau das fürchten und deshalb vorher den Schwangerschaftsabbruch
durchführen lassen. Wir haben also überhaupt keine Möglichkeit mehr, die
Patientin zu überzeugen: Geben Sie dem Kind doch noch eine Chance, es könnte ja
gesund sein. Die Frau wird einfach, weil sie Angst hat, den Abbruch vornehmen
lassen, wenn sie schon vier Kinder hat. Wenn sie 40, 41 Jahre alt ist, ist die
Gefahr ja auch relativ groß.
Der Abbruch wird also vor Ablauf
der Zeit durchgeführt werden. Alle anderen Frauen werden ins Ausland gehen,
weil es hier in Deutschland so schwierig geworden ist. Ich meine, damit hat die
Ärztekammer den Frauen in Deutschland einen Bärendienst erwiesen. Darauf dürfen
wir nicht stolz sein.
Ich danke Ihnen.
(Vereinzelt Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h.
c. Hoppe: Danke schön, Herr Albring. – Jetzt bitte Herr Professor Schwantes
aus Brandenburg.
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