TOP II: Patientenrechte in Zeiten der Rationierung

Mittwoch, 20. Mai 2009, Vormittagssitzung

Bodendieck, Sachsen: Meine lieben Kolleginnen! Liebe Kollegen! Sehr geehrter Herr Präsident Hoppe! Lieber Herr Montgomery! Die Diskussion über die Patientenrechte ist eine komische Sache, wenn die Ärzte immer darüber reden. Ich will das trotzdem tun. Die Patienten scheinen offensichtlich nicht so richtig in der Lage zu sein, selber darüber zu reden und sich so zu äußern, dass sie in der Lage sind, ihre Rechte, die verbrieft sind, wo es keiner Schutzgesetze oder anderer Dinge bedarf, wahrzunehmen.

Werfen wir einen Blick in die Geschichte. Es beginnt 1784 mit Kant, der schrieb:

Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines eigenen Verstandes ohne Anleitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen …

Ich glaube, wenn wir darüber reden, ist es genau dieses, was wir den Patienten beibringen müssen. Dann können uns die Presse und der Journalismus eigentlich nicht kümmern, wie man mit uns Ärzten und mit den Patienten umgeht.

Bedenken Sie bitte bei allen diesen Diskussionen, dass das Arzt-Patient-Verhältnis oder, andersherum ausgedrückt, die Patient-Arzt-Beziehung immer eine individuelle Beziehung bleibt, die bis zu Entscheidungen geht, die den Tod des Patienten bedeuten können.

Wir haben heute etwas darüber gehört, dass es sicherlich oftmals nicht nötig ist, Patienten am Ende ihres Lebens noch mit fragwürdigen operativen Eingriffen zu belasten. Aber wer entscheidet dies? Sind wir, die Ärzte, diejenigen, die das entscheiden? Ich meine: ja. Wir können es aber nicht allein entscheiden, sondern wir müssen es gemeinsam mit unseren Patienten entscheiden.

Die Patienten müssen aus diesem Grunde informiert sein. Die Patienten müssen in die Lage versetzt sein, mit uns entsprechend ihren Möglichkeiten, entsprechend ihrem Verstand in jedem individuellen Einzelfall aufgeklärt zu werden. Aufklärung heißt nicht, am Ende darüber aufzuklären, dass natürlich die Operation der Appendizitis mit dem Tode enden kann, sondern Aufklärung heißt, den Patienten mitzunehmen und nicht von Compliance zu reden, sondern von Empowerment zu reden. Dieses Empowerment muss in Zukunft weiterhin betrieben werden.

Danke schön.

(Vereinzelt Beifall)

Vizepräsident Dr. Montgomery: Vielen Dank, Herr Kollege Bodendieck. – Der nächste Redner ist Herr Professor Ulrich Schwantes, Delegierter der Landesärztekammer Brandenburg.

© Bundesärztekammer 2009