Prof. Dr. Schwantes,
Brandenburg: Herr Professor Hoppe! Herr Dr. Montgomery! Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Am Anfang eine natürlich fiktive Patientengeschichte. Da haben
wir nun von einem Patienten eine Sonografie gemacht, ein MRT gemacht, das Labor
einmal rauf, einmal runter durchgeführt und am Ende haben wir uns auch noch
getraut, eine PET durchzuführen. Wir haben aber nichts Fassbares gefunden. Dann
sind wir zum Äußersten geschritten: Wir haben den Patienten untersucht.
Was will ich damit sagen? Wir
diskutieren die Rationierung auf einem relativ hohen Standard, auf einer
Umkehrung. Mit „hohem Standard“ ist die neueste medizinische Technik gemeint.
Mit dem Begriff „medizinischer Fortschritt“ ist gemeint: aktuellste
wissenschaftliche Ergebnisse.
Herr Professor Katzenmeier hat in
seinen Grafiken deutlich gezeigt: Die Sorgfaltspflicht bedeutet, dass wir genau
diesen Fortschritt anwenden müssen, technisch-wissenschaftliche Methoden.
Oder könnten wir auch anders
vorgehen und könnten sagen: Die Sorgfaltspflicht besteht darin, dass wir eine
sorgfältige Anamnese erheben, dass wir eine sorgfältige körperliche
Untersuchung durchführen, dass wir eine sorgfältige Verlaufsbeobachtung bei dem
Patienten machen und vor allen Dingen – und das von Anfang an – eine tragfähige
Beziehung zum Patienten herstellen und daraus klare diagnostische
Fragestellungen entwickeln und fragen, welche der vielen neuen Methoden eine
adäquate und ausreichende Antwort auf die gestellte Frage ergibt? Oder könnten
wir eine klare therapeutische Zielstellung entwickeln, immer im Hinblick auf
die individuellen Besonderheiten des Patienten?
Wir haben inzwischen die Situation
mit sehr hohen Standards einerseits, wie ich das beschrieben habe, und einem
gravierenden Mangel an basalen praktischen Fertigkeiten andererseits. Dieser
Mangel hat seinen Anfang in der medizinischen Ausbildung, bei der
wissenschaftliches Wissen ganz obenan steht und trotz der neuen
Approbationsordnung die praktischen Fertigkeiten, nämlich patientenbezogene
Fertigkeiten, und die Begegnung mit dem Patienten so gut wie keine Rolle
spielen.
Die patientennahe Ausbildung kann
an den Universitäten nicht mehr stattfinden. Wir haben das vorhin bereits von
Herrn Professor Nix angedeutet gehört. An den Universitäten findet ein hoch spezialisiertes
Vorgehen statt. Es gibt ein knappstes Zeitmanagement und ein hohes Turnover.
Gleichzeitig weigern sich die Universitäten, diese patientennahe Ausbildung
herauszugeben. Ich habe den Antrag gestellt, dass der Deutsche Ärztetag die
Medizinischen Fakultäten auffordert, der patientennahen Ausbildung wieder
ausreichend Raum zu geben und außeruniversitäre Lernorte mit einzubeziehen.
Ganz herzlichen Dank für die
Aufmerksamkeit.
(Beifall)
Vizepräsident Dr.
Montgomery: Vielen Dank, Herr Schwantes. Wenn ich das richtig sehe, haben
Sie diesen Antrag zu einem anderen Tagesordnungspunkt eingereicht, nicht zu
Tagesordnungspunkt II. Der Antrag liegt mir nämlich noch nicht vor. Wenn ich
ihn noch bekomme, können wir ihn bescheiden. – Der Nächste in der Rednerliste
ist Herr Gustav Michaelis aus Thüringen.
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