TOP II: Patientenrechte in Zeiten der Rationierung

Mittwoch, 20. Mai 2009, Vormittagssitzung

Dr. Pilz, Bayern: Herr Vorsitzender! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte direkt auf die Ministerin Ulla Schmidt antworten. Unmenschlich ist aus meiner Sicht eine Politik, die einen morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich geschaffen hat, der die Kassen dazu verleitet, die deutsche Bevölkerung kranker zu machen, als sie ist, ohne damit Kosten auszulösen. Das ist meines Erachtens wesentlich unmenschlicher.

Ich komme zum Thema zurück. Ich bin überglücklich darüber, dass wir heute über die Themen Rationierung und Priorisierung sprechen, weil dies meiner Meinung nach für 95 Prozent aller Ärzte, ob klinisch oder ambulant tätig, das Kernproblem und der große Frust in der bundesdeutschen Medizinversorgung ist. Ich finde, dass die Diskussion hier wieder üblich deutsch geführt wird: Es wird polemisiert, statt sachlich über dieses Problem zu reden. Ein Meister in diesem Feld ist Herr Professor Dietrich. Der Grundsatz der Priorisierung lautet, dass die Ausgaben, die eine Volkswirtschaft für die Gesundheit zur Verfügung stellen kann, immer begrenzt sein werden. Dem steht gegenüber, dass der Wunsch in Bezug auf medizinische Leistungen theoretisch unbegrenzt ist. Insofern ist die Priorisierung eine absolut notwendige und sicherlich sinnvolle Maßnahme, um zu einer gerechten Verteilung der Leistungen zu kommen.

Ich möchte appellieren, dass wir uns an den skandinavischen Ländern orientieren. Wir sollten uns nicht von der Presse oder von wahlkämpfenden Politikern scheu machen lassen, sondern sollten ganz konsequent diesen Weg weitergehen. In Schweden hat es 15 Jahre gedauert. Man hat lange diskutiert. Dann hat man ein Ergebnis gefunden, das von allen gesellschaftlichen Kreisen akzeptiert wurde.

Dahin müssen auch wir kommen. Wir dürfen uns nicht in irgendeiner Weise in die Ecke drängen lassen oder ängstlich wieder zurückweichen.

Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall)

Vizepräsident Dr. Montgomery: Vielen Dank, Herr Kollege Pilz. – Der nächste Redner ist Herr Dr. Martin Bolay aus Westfalen-Lippe.

© Bundesärztekammer 2009