TOP II: Patientenrechte in Zeiten der Rationierung

Mittwoch, 20. Mai 2009, Vormittagssitzung

Dr. Friedländer, Nordrhein: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit sehr viel Aufwand feiert die Bundesrepublik 60 Jahre Grundgesetz. Ich kann nur sagen: Dieses Grundgesetz ist das beste Patientenschutzgesetz, das wir haben. Da brauchen wir keine weiteren Patientenschutzgesetze. Das Grundgesetz garantiert die Würde des Menschen. Das betrifft Patient und Arzt. Es besteht der Anspruch auf körperliche und seelische Unversehrtheit. Auch da ist alles eingeschlossen, was wir als Ärzte im Verhältnis zu den Patienten austarieren müssen.

Ich bin Herrn Professor Hoppe sehr dankbar, dass er diese Priorisierungsdebatte angestoßen hat. Aber wenn ich Sie recht verstehe, soll es eine Debatte sein, nicht eine Entscheidung für eine Priorisierung. Gerade diese wollen wir ja verhindern. Ich möchte ganz klarstellen: Ich möchte keine gesellschaftliche Entscheidung dafür, wie ich im Einzelfall als Arzt und auch als Patient, der ich ja selber auch einmal werden könnte, mich versorgen lassen muss. Das kann keine gesellschaftliche Aufgabe sein, sondern das kann immer nur eine individuelle Aufgabe sein.

Insofern möchte ich nicht, dass ein Gesundheitsrat festlegt – ich weiß ja gar nicht, wer zufälligerweise in diesem Gesundheitsrat sitzt –, wie meine Behandlung voranschreitet.

Im Übrigen sollte man vielleicht einmal darüber nachdenken, ob es nicht woanders eine Priorisierung geben könnte, die sinnvoll wäre, nämlich im politischen Bereich. Wenn ich an die Steuerverschwendung denke, die jedes Jahr nachgewiesen wird, stellt sich die Frage, ob dieses Geld nicht an anderer Stelle besser allokiert ist, sodass gar nicht die Problematik auftritt, dass zu wenig Geld vorhanden ist.

Ich möchte noch Folgendes in den Vordergrund stellen: Das Gesundheitswesen scheint ein Lieblingsthema für die Idee der Vergesellschaftung zu sein. Überall habe ich Freiheiten: Ich habe die Freiheit, in welche Schule ich mein Kind schicke, ich habe die Freiheit, wo ich leben will, ich habe die Freiheit, mit wem und wie ich leben kann. Diese Möglichkeiten habe ich auf allen Gebieten, nur im Gesundheitswesen soll die Gesellschaft darüber bestimmen, wie ich mich zu verhalten habe. Das halte ich für völlig unangemessen. Ich bitte Sie herzlich, diesen gesellschaftspolitischen Bestrebungen energischen Widerstand entgegenzusetzen.

Vielen Dank.

(Beifall)

Vizepräsident Dr. Montgomery: Vielen Dank, Frau Kollegin Friedländer. – Der nächste Redner ist der Kollege Christian Handrock aus Berlin.

© Bundesärztekammer 2009