TOP II: Patientenrechte in Zeiten der Rationierung

Mittwoch, 20. Mai 2009, Vormittagssitzung

Dr. Massing, Westfalen-Lippe: Herr amtierender Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Linderung und Minderung der Rationierung muss mehr Geld ins System. Das ist ja unser aller Forderung. Das möchten wir alle. Es wird uns draußen entgegengehalten, es gebe genug Geld. Dann werden Milliardensummen – mit gerolltem „r“ gesprochen – genannt. Ich glaube, es sind 140 Milliarden Euro allein für die GKV. Diese Zahl muss man ins richtige Verhältnis setzen. Ein Volk, das sich 60 Milliarden Euro für den Auslandsurlaub erlaubt, müsste auch Geld für die medizinische Versorgung haben. Ein Volk, das Geld für Bücher von Dieter Bohlen oder Verona Feldbusch hat, müsste auch Geld für die Versorgung haben.

Aber mehr Geld ins System kann auch Gift sein, wenn es in Strukturen hineingerät, die wir im Augenblick haben, in die KV-Strukturen.

(Vereinzelt Beifall)

Ich will es einmal simplifizieren: Bei zusätzlichem Geld in die Struktur, die wir gerade erlebt haben, bedeutet, dass das zusätzliche Geld sofort beim patientenfernsten Arzt ankommt, nämlich dem Laborarzt. Das können wir gar nicht verhindern. So wird „mehr Geld“ im Augenblick wirken.

Schnell noch ein Wort zu den Patientenrechten. Im SGB V stehen Patientenrechte: Der Patient wählt einen Hausarzt. Niemand von der verfassten Ärzteschaft oder von der KV hat sich je darum gekümmert. Auch in § 73 b steht ein Patientenrecht, nämlich dass der Patient einen Hausarztvertrag bekommen kann. Das ist keine Monopolisierung des Hausärzteverbands, sondern ein Patientenrecht.

Es sollte ein Sturm der Entrüstung entstehen, dass sich die Kassen nicht an deutsche Gesetze halten. Sie haben sich seit 16 Jahren nicht an deutsche Gesetze gehalten.

(Beifall)

Stattdessen decken wir die KVen. Die KV Westfalen-Lippe an erster Stelle – unser Präsident ist nicht hier – versucht, mit Tricks und Tipps § 73 b zu umgehen. Dieser erbarmungswürdig hilflose Versuch, Ziffer 11 aus dem Leitantrag herauszustreichen, ist hier ja bereits gescheitert. So etwas Simples und Einfaches wurde den Hausärzten verwehrt. Das ist aber auch Sache der Selbstverwaltung, die wir repräsentieren.

(Beifall)

Vizepräsident Dr. Montgomery: Vielen Dank, lieber Herr Massing. – Meine Damen und Herren, es ist jetzt ziemlich genau 12 Uhr. Wir haben bis zur Mittagspause noch eine halbe Stunde Zeit. Es sind alle uns eingereichten Anträge zu diesem Tagesordnungspunkt jetzt umgedruckt und müssten Ihnen vorliegen. Es sind insgesamt fünf Anträge. Zum Antrag 1 gibt es drei Änderungsanträge.

Wenn sich alle, die jetzt auf der Rednerliste stehen, vielleicht ein bisschen sputen würden, würden wir es schaffen, diese Anträge noch vor der Mittagspause durch Abstimmung zu bescheiden. Dass wir keinen Schluss der Rednerliste kennen, wissen Sie. Aber vielleicht kriegen wir das ja auf die weiche Tour hin, dass wir diesen Tagesordnungspunkt noch vor der Mittagspause beenden können.

Der nächste Redner ist der Kollege Christian Benninger aus Baden-Württemberg.

© Bundesärztekammer 2009