Henke, Vorstand der
Bundesärztekammer: Herr Präsident! Liebe Referenten! Verehrte Damen! Meine
Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines der Kommunikationsprobleme, die
wir haben, ist, dass wir natürlich 60, 70 oder 80 Priorisierungsstufen denken
können, wenn wir eine Priorisierung durchführen wollen, in der wir alle
Maßnahmen, die es in der Medizin überhaupt gibt, entsprechend ihrer
Dringlichkeit in eine Reihenfolge bringen möchten. Jedes Fachgebiet wird seine
eigene Reihenfolge haben, jede Versorgungsform wird ihre eigene Reihenfolge
haben, jedes Netzwerk, in dem Kooperation organisiert wird, wird seine eigene
Reihenfolge haben.
Wenn wir die Debatte über Priorisierung
so organisieren, dass wir in eine Diskussion kommen über eine Katalogisierung
von 80, 90 oder 100 Maßnahmen oder der inzwischen 1 200 DRGs oder über die
Einträge in das Register der Krankheiten, dann wird diese Debatte uferlos
werden. Wir werden sie nicht beherrschen, die Politik wird sie nicht
beherrschen, niemand wird sie beherrschen.
Sozialpolitisch gesehen, für die
Gestaltung des Sozialgesetzbuchs, sind nur drei Unterscheidungen wirklich
zentral: Was ist so dringend, so wichtig, so bedeutend, dass es unter allen
Umständen und auf jeden Fall von den Kassen bezahlt werden muss? Was ist
weniger dringend und muss nur dann von den Kassen bezahlt werden, wenn das Geld
dafür reicht? Was ist so sehr nahe am Konsumgut, dass es von den Kassen
überhaupt nicht bezahlt werden muss?
Wenn wir diese Unterscheidungen
treffen, bekommen die Versicherten Sicherheit darüber, worauf sie sich bei den
Krankenkassen verlassen können und wofür sie selber zusätzlich vorsorgen
müssen. Diese Sicherheit für die Versicherten muss von der Art, wie wir die
Diskussion führen, ausgehen, weil die Versicherten durch das, was sie an
Rationierung erleben, das Gefühl haben, einer Beliebigkeit zu begegnen. Diese
Beliebigkeit nimmt ihnen die größte Leistung der Sozialversicherung, nämlich
dass sie einen Anspruch darauf haben, für ihr Geld mit einer kalkulierbaren
Leistung rechnen zu können.
Genau an dieser Stelle können wir
das Bündnis herstellen, weil das nämlich Patienten und Ärzte als Rationierung
empfinden.
Ich bedanke mich.
(Beifall)
Vizepräsident Dr.
Montgomery: Vielen Dank, Rudolf Henke. – Der nächste Redner ist Christoph Emminger.
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