TOP II: Patientenrechte in Zeiten der Rationierung

Mittwoch, 20. Mai 2009, Vormittagssitzung

Dr. Clever, Baden-Württemberg: Sehr verehrter Herr amtierender Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Die große Lücke, das Delta zwischen Haftungs- und Sozialrecht ist heute mit der Diskussion über die Rationierung auf die Tagesordnung gekommen. Ich möchte Sie bitten, kurz den Entschließungsantrag II-01 zur Hand zu nehmen. Dort heißt es unter Ziffer IV. Nr. 1:

Das ärztliche Haftungsrecht darf nicht missbraucht werden, um staatlich bedingte Versorgungsdefizite zu kaschieren.

Jetzt kommt der Satz, um den es mir geht:

Führen solche Versorgungsdefizite zu einer Versorgung unter Standard, dann darf der Arzt die Behandlung des Patienten ablehnen.

Nun möchte, wie Sie vielleicht schon gesehen haben, Herr Dr. Klock aus Westfalen-Lippe just diesen zweiten Satz streichen, der für mich erstmalig sichtbar uns Ärzten in einer wichtigen Frage den Rücken stärkt, diese große unüberbrückbare Lücke zwischen Sozial- und Haftungsrecht zu schließen. Wir brauchen dieses Recht, eine Behandlung ablehnen zu können. Wenn wir im GKV-Recht – wirtschaftlich, ausreichend und notwendig – gezwungen werden sollen, etwas defizitär zu behandeln, dann aber bei Einführung eines Patientenrechtsgesetzes noch mehr als heute zivilrechtlich haftbar gemacht werden sollen, dann müssen wir dieses ablehnen können.

Die Begründung von Herrn Kollegen Klock ist natürlich ehrenwert, die Ablehnung einer ärztlichen Behandlung wäre ärztlich ethisch nicht vertretbar. Das ist genau der ethische Nasenring, der hier so oft beschworen wurde. Dieser Satz muss im Entschließungsantrag stehen bleiben. Der Antrag von Herrn Dr. Klock muss leider abgelehnt werden.

Danke schön.

(Vereinzelt Beifall)

Vizepräsident Dr. Montgomery: Vielen Dank, lieber Ulrich Clever. – Als letzte Rednerin auf der Rednerliste hat jetzt die Delegierte Brigitte Mahn von der Ärztekammer Hamburg das Wort.

© Bundesärztekammer 2009