TOP III: Der Beruf des Arztes – ein freier Beruf heute und in Zukunft

Mittwoch, 20. Mai 2009, Nachmittagssitzung

Prof. Dr. Braun, Berlin: Sehr verehrter Herr Professor Hoppe! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte zu dem Vortrag von Herrn Professor Hommerich zur Freiberuflichkeit sprechen. Er hat bestimmt viele richtige Feststellungen getroffen. Aber zwei Dinge – da geht es mir genauso wie meinem Vorredner – möchte ich so nicht stehen lassen. Auch der Ärztetag sollte diese Botschaft nicht zulassen. Ich meine die Aussage, dass es keine wirklich mündigen Patienten gibt. Mündigkeit bedeutet juristisch die Handlungs- und Geschäftsfähigkeit eines Menschen. Nach Adorno ist derjenige mündig, der für sich gedacht hat. Ich denke, dieses Recht haben unsere Patienten. Das sollten wir auch nicht infrage stellen, sondern vielmehr unterstützen. Anders ist ein partnerschaftliches, vertrauensvolles Arzt-Patient-Verhältnis weder aufzubauen noch zu erhalten. Da spreche ich, liebe Kolleginnen und Kollegen, aus der Erfahrung einer 30-jährigen Tätigkeit als Hausärztin in Berlin.

Ich kann eine zweite Aussage von Herrn Professor Hommerich auch nicht nachvollziehen, nämlich die Behauptung: Wo Wissenschaft endet, fängt Verantwortung an. Es ist gerade eine besondere Verantwortung des freiberuflichen Arztes, neue wissenschaftliche Erkenntnisse angemessen anzuwenden. Ich bin dankbar für Leitlinien und evidence based medicine, die es mir ermöglichen, diagnostische und therapeutische Maßnahmen entsprechend ihrer Wirksamkeit anzuwenden. Beispielsweise kann ich Patienten besser beraten, nachdem wir die Leitlinien „Akuter und chronischer Husten“ im Institut der Charité erarbeitet haben und ich den Patienten auf der Basis einer hohen Evidenz sagen kann, dass es beispielsweise keinen Sinn macht, bestimmte hochbeworbene Sekretolytika selbst zu kaufen.

Also: Auch und gerade als Anhänger des freien Berufs müssen wir Wissenschaft und Verantwortlichkeit miteinander verknüpfen und nicht auseinanderdividieren.

Ich bedanke mich bei Ihnen.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen Dank, Frau Braun. – Als nächster Redner Herr Professor Griebenow aus Köln in Nordrhein.

© Bundesärztekammer 2009